Sehr geehrte Frau Breuner,

das bedingungslose Grundeinkommen wird in meiner Partei unterschiedlich diskutiert. Die Parteivorsitzende Katja Kipping ist dafür, ich dagegen habe Bedenken. Ein bedingungsloses Grundeinkommen müsste an alle Bürgerinnen und Bürger bezahlt werden, überflüssigerweise auch an die Vorstandsvorsitzenden der großen Konzerne und die Bundestagsabgeordneten. Dazu müsste wahrscheinlich die Mehrwertsteuer auf etwa 50 % erhöht werden, um das Ganze bezahlen zu können. Abgesehen davon müssen sämtliche Sozialleistungen erwirtschaftet werden. Eine Gesellschaft ist auch auf gegenseitige Solidarität angewiesen. Wenn einer nicht die geringste Lust hat, einer Arbeit nachzugehen, muss ein anderer für ihn die Lebensmittel, die Kleidung etc. erwirtschaften. Er kann dafür nicht bezahlt werden, weil es ja einem Dritten zur Verfügung gestellt wird. Dafür muss es doch aber wenigstens eine Bedürftigkeit geben. Sonst erregten sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu Recht, dass sie immer größere Arbeitszeit unentlohnt tätig sein müssen, um so viele Bedürfnisse zu befriedigen, ohne dass Elemente der Solidarität bzw. der Bedürftigkeit vorliegen.

Ich konnte Ihnen meine Bedenken nur kurz darstellen. Und ich hoffe, dass Sie mich verstanden haben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi