Frage an Gregor Gysi bezüglich Verkehr

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Gregor Gysi
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Frage von Philip M. •

Frage an Gregor Gysi von Philip M. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

noch einmal vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Frage bzgl. der 5% Sperklausel.

Ich hätte nun einige Fragen zur Energiepolitik Ihrer Partei.

Dass Sie die Großverbraucher zur stärkeren Anteilnahme bewegen wollen finde ich durchaus gut. Nur wie sieht es mit der energieintensiven Stahlindustrie aus? Die Zukunft dieser Branche steht auf dem Spiel da sie im harten Konkurrenzkampf zu der Stahlherstellung in den Schwellenländern steht, zugleich aber viele Arbeitsplätze v. a. im Ruhrgebiet sichert. Wenn Sie diese Industrie erhalten wollen könnten Sie diese vielleicht verstärkt zur Kraft-Wärme-Kopplung (vor allem Warmwasser) mit den ansässigen Stadtwerken bewegen.

Dass Sie die Forschung an Kern(spaltungs)anlagen komplett einstellen wollen halte ich für eine gute Idee. Aber warum ausgerechnet die Forschung an der Kernfusion stillegen? Diese gilt in Forscherkreisen ja als Optimum was heute an Energieerzeugung möglich wäre. Zudem sind gravierende Risiken, wie beim Spalten der Kerne, durch den komplexen Aufbau der Fusion nicht bewiesen worden (unkontrolliere Fusion führt zum Abbruch, statt zur Katastrophe).

Wie steht Ihre Partei zur Förderung der Elektromobilität (dies ist leider in Ihrem Programm nicht ersichtlich, da Sie diese auch nicht kategorisch ablehnen und nur von "keiner Problemlösung" reden. Wie Sie wissen ist es aber die beste Alternative zu fossilen Verbrennungsmotoren)?
Halten Sie Subventionen für sinnvoll?
Wollen Sie die Autoindustrie anhand von niedrigeren zugelassenem Emmissionsaustoß zu einem solchen Schritt bewegen?
Wie stellen Sie sich den Ausbau von Elektrotankstellen vor?

Mit freundlichen Grüßen

Philip Mayer

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Sehr geehrter Herr Mayer,

Ihre weitere Nachricht vom 20. Oktober hat mich erreicht. Zunächst will ich Ihnen generell antworten, dass wir die Ausnahmen der Steuerbefreiung der Industrie deutlich reduzieren wollen. Wir wissen aber, dass es Bereiche gibt, wo es solche Ausnahmen geben muss. Das könnte sich auch auf die Stahlindustrie beziehen. Unabhängig davon habe ich Ihr Schreiben an unseren zuständigen Arbeitskreis mit der Bitte weitergeleitet, auch Ihre weiteren Fragen zu beantworten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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Sehr geehrter Herr Mayer,

Gregor Gysi hat mir Ihre Anfrage weitergeleitet, auf die ich gerne antworte. Die Ausführungen von Gregor Gysi zu den Industrie-Privilegien bei EEG-Umlage, Netzentgelten & Co. möchte ich dahingehend ergänzend, dass wir die Ausnahmen bzw. Ermäßigungen für die energieintensive Industrie im Rahmen von umweltpolitischen Regulierungen auf ein angemessenes Niveau reduzieren wollen. Angemessen bedeutet für uns, dass die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen und die Arbeitsplätze selbstverständlich nicht in Frage gestellt werden dürfen. Ermäßigungen sollen weiterhin solche Unternehmen erhalten, die nachweisbar trotz Produktion nach „Stand der Technik“ energieintensiv produzieren und die gleichsam mit einem Hauptteil ihrer Produkte im internationalen Wettbewerb stehen. Auf viele der bislang privilegierten Unternehmen trifft jedoch nur eines dieser beiden Kriterien zu, nicht aber beide gleichzeitig. Kann die Stahlindustrie den Nachweis erbringen, so würde sie auch weiter Ermäßigungen erhalten.

Wir wollen diese Kriterien aber sehr eng fassen. Denn die andere Seite der Medaille ist ja die folgende: Die Kosten der Energiewende werden derzeit einseitig bei privaten Haushalten und kleinen Unternehmen abgeladen. Gegenwärtig müssen viele privilegierte Unternehmen nur einen äußerst reduzierten Satz der EEG-Umlage zahlen, profitieren aber von Preissenkungen an der Strombörse durch die erneuerbaren Energien. In der Summe haben viele der privilegierten Unternehmen also einen geldwerten Vorteil durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Ist das gerecht – wenn Sie als Privatkunde im Gegensatz die ganzen Kosten der Erneuerbaren-Förderung alleine stemmen müssen?

An einer Verlagerung der CO2-Emissionen ins Ausland kann niemanden gelegen sein - ebenso wenig jedoch an der Aussetzung ökologischer Lenkungsinstrumente für ganze Branchen oder gar an der Finanzierung von Extragewinnen für die energieintensive Industrie ausgerechnet über umweltpolitische Instrumente.

Was die Kernfusion angeht, so wird diese uns auch in den nächsten Jahrzehnten nicht als "zukünftige Energiequelle" zur Verfügung stehen. DIE LINKE lehnt eine weitere öffentliche Förderung von Kernfusionsvorhaben deshalb ab. Sie bindet massive Geldmittel, die jetzt für eine Energiewende, basierend auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, benötigt werden. Kernfusion ist nicht geeignet und wird - wenn überhaupt - auch nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen, um die anstehenden Herausforderungen zu lösen. Seit Jahrzehnten heißt es, dass die Kernfusion in einigen Jahrzehnten ausgereift sei. Auf so vage und schon häufig revidierte Versprechungen können wir nicht setzen.

Zur Elektromobilität haben wir eine kritische Position. Für uns bedeutet nachhaltige Mobilität nicht einfach der Ersatz von Verbrennungsmotoren durch Batterien. Dies würde den zukünftig durch erneuerbare Energien aufzubringenden Strombedarf enorm und über das nachhaltige Maß hinaus steigern. Die Debatte zur Biomassenutzung („Tank statt Teller“) oder der Widerstand in vielen Regionen gegen neue Windparks geben ja schon einen Vorgeschmack darauf, dass nachhaltig erzeugter Strom aus erneuerbare Energien nicht unendlich verfügbar ist. Beim gegenwärtigen Strommix mit seinem starken Kohle-Anteil ist Elektromobilität hingegen noch CO2-intensiver als konventionelle Pkw. Wir setzen bei der Verkehrswende u.a. auf einen besseren und bezahlbaren öffentlichen Verkehr, eine andere Stadt- und Regionalplanung sowie geringere Mobilitätszwänge, z.B. durch eine andere Arbeitsmarktpolitik. Im Rahmen dessen werden auch deutlich sparsamere Autos mit konventionellem Antrieb, aber auch Elektroautos eine Rolle spielen. Sie sind aber für uns nicht das zentrale Element einer nachhaltigen Verkehrswende. Weitergehende Informationen können Sie unserem Themenpapier „Elektroauto/Elektromobilität“ entnehmen: http://www.linksfraktion.de/themen/elektroauto-elektromobilitaet/

Mit freundlichen Grüßen

Caren Lay

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