Frage an Gregor Gysi bezüglich Wirtschaft

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Gregor Gysi
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Frage von Thomas K. •

Frage an Gregor Gysi von Thomas K. bezüglich Wirtschaft

durch umfassende Demokratisierung der Wirtschaft soll der wachsende Anspruch von Eigentümern und Aktionären auf leistungslose Einkommen zurückgedrängt werden (WASG, S.5 / PDS, S.10)

Sehr geehrter Herr Gysi,

wie muß man diesen Auszug aus ihrem Wahlprogramm deuten?
Ist eine "umfassende Demokratisierung der Wirtschaft" mit einer Enteignung der Eigentümer und der Schaffung von volkseigenen Betrieben gleichzusetzen?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kammerloher,

vielen Dank für Ihre Frage, sie gibt mir Gelegenheit mit einem anscheinend immer noch verbreiteten Vorurteil aufzuräumen. Die Linke.PDS ist selbstverständlich nicht für die Enteignung ebenso wenig wie für die Schaffung von volkseigenen Betrieben. Was wir mit Demokratisierung der Wirtschaft meinen, ist ein Gegenprogramm zum derzeitigen neoliberalen Kurs anderer Parteien. Danach steht die Kapitallogik an erster Stelle und hinterher schaut man, was für soziale und ökologische Projekte übrig bleibt. Wir sind der Meinung die gesellschaftspolitischen Fragen dürfen nicht der Verwertungslogik untergeordnet werden. Deshalb sprechen wir von Demokratisierung der Wirtschaft, denn die Wirtschaft soll für die Menschen da sein und nicht umgekehrt. Demokratisierung der Wirtschaft heißt, die Frage wie wir wirtschaften wollen als politische gestalterische Aufgabe zu verstehen, die demokratisch diskutiert werden muss.

Eine Ursache für die derzeit schlechte Wirtschaftslage ist, das das gesamte Wirtschaftswachstum der letzten Jahre nicht im gleichen Maße in einen Anstieg der Arbeitnehmereinkommen überführt wurde. Stattdessen stiegen die Zinseinkommen und das Vermögen. Diese werden aber leider nicht in gleicher Weise in Kaufkraft umgesetzt wie das erhöhte Arbeitnehmerentgelte tun würden.

Demokratisierung der Wirtschaft heißt auch dem Markt und individuellen Profitinteressen nicht völlig freien Lauf zu überlassen. Der Profitlogik muss dort Einhalt geboten werden, wo soziale und ökologische Gefahren drohen. Wo und wie das geschehen soll muss selbstverständlich öffentlich diskutiert und demokratisch entschieden werden.
Es gilt zum Beispiel nicht "Arbeit um jeden Preis", denn der Preis, die Aufgabe eines menschenwürdigen Lebens wäre zu hoch. Doch den müssen viele Arbeitslose zahlen, wenn der Niedriglohnsektor unbeschränkt geöffnet wird und durch Entzug der Sozialtransfers Personen zu solchen Arbeiten gezwungen würden. Wir sehen es als eine geslleschaftspoltische Aufgabe an, die Rahmenbedingungen für das individuelle Handeln und wirtschaften so zu gestalten, das die Bürger die Möglichkeit zur selbstbestimmten Lebensführung in Würde haben. Dafür muss auch die Macht von Finanzinvestoren und Großaktionären begrenzt werden, um der Gesellschaft und ihren Bürgern mehr Gestaltungsspielraum zu geben.

Mit freundlichen Grüßen

Gregor Gysi

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