Frage an Gustav Herzog bezüglich Staat und Verwaltung

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Gustav Herzog
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Frage von Michael Wantoch von R. •

Frage an Gustav Herzog von Michael Wantoch von R. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Herzog,

Ich bin ausdrücklich gegen den föderalistischen Staat, so wie er existiert.

Meiner Meinung nach dient diese ganze Kleinstaaterei nur den pöstchensichernden Politikern und dem Bürokratismus.
Mit den EU - Behörden institutioniert sich mittlerweile ein vierstufiger, lähmender Staatsaufbau.

- die Polizei- und Schulpolitik gehört in die Bundespolitik. Grundsätzlich gibt es in der Landespolitik meist nur zweit- oder drittklassige Politiker, die es nicht auf die bundespolitische Bühne gebracht haben. Solch wichtige Aufgaben wie der Polizei- oder Schulaufbau gehören in die Hände des Bundes, in die Hände unserer (mehr oder weniger) besten Politiker.

- gewaltige Einsparungen durch den Wegfall der Landeinstitutionen und deren ganzen Posten mit Gehältern und Pensionsansprüchen

- viele Bundesländer versuchen sich in Fragen, die eigentlich dem Gemeinwohl unseres Staates dienen, elegant und schmerzfrei aus der Affäre zu ziehen. Siehe den Ankauf einer Steuer - CD durch die baden-würtembergische Landesregierung. Sie ist nicht der Meinung diese CD kaufen zu dürfen. Bayern und Nordrhein - Westfalen lehnen den Kauf mit der Begründung ab schon genug für den gesamtdeutschen Staatssäckel getan zu haben.

- Hessen lehnt die Einstellung von weiteren, dringend benötigten Steuerfahndern ab, da deren Erfolge nur zu einem geringen Teil dem hessischen Landeshaushalt zufließen. Es ist ein Problem dass jedes Land eine Finanzverwaltung hat, die zum größten Teil Bundesmittel verwaltet.

- Durch die Wahl in NRW werden wichtige bundespolitische Entscheidungen aufgeschoben. Es herrscht Dauerwahlkampf.

Mich interessiert Ihre Meinung und (falls nicht deckungslgleich) die der SPD.
Ich lasse mich auch gerne eines Besseren belehren.

Mit freundlichem Gruß
Michael Wantoch von Rekowski

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Sehr geehrter Herr Wantoch von Rekowski,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Föderalismus. Sie sprechen in der Mail eine ganz Reihe von Themen an, die nicht alle originär etwas mit Föderalismus zu tun haben. Bevor ich auf die Sachfragen eingehe, will ich klar stellen, dass ich Ihre beleidigenden Äußerungen gegen Kolleginnen und Kollegen in den Landtagen und Abgeordnetenhäusern auf das Schärfste zurück weise! Meine Kolleginnen und Kollegen im Landtag sind hoch qualifizierte Mitstreiter.

Ihre Kritik an der Dreigliedrigkeit des Aufbaus der Bundesrepublik teile ich nicht. Sie hat sich über die Jahrzehnte bewährt und für mich persönlich sind Bund, Länder und Gemeinden keine hierarchischen Stufen, sondern Säulen, auf die sich der Staat und seine Organisation als Gesamtheit stützt.

Ebenso ist der erweiterte Einfluss der EU auf nationale Vorschriften und Gesetze sinnvoll. Der Staat ist ja trotzdem absolut handlungsfähig. EU-intern und in von der Globalisierung geprägten Wirtschafts- und Gesellschaftsräumen habe wir es mit hoch differenzierten Herausforderungen und einem absolut komplizierten Wirtschaftsgefüge zu tun. Dies lässt sich weder zentralistisch, noch mit einem simplen Oben und Unten organisieren. Ein Blick in andere vergleichbare Länder bestätigt die funktionierende Organisation und gute Arbeit in Deutschland.

Zu einigen konkreten Punkten: Polizei in Länderhand- das ist gut so! Ich brauche Ihnen nicht zu erläutern, was sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes gedacht haben, als sie die Strukturen so festlegten. Was die Veränderung unserer Gesellschaft angeht und damit die gewachsenen Herausforderungen (internationaler Terrorismus) auch an die Strafverfolgungsbehörden, so muss man positiv herausstreichen, dass es gerade in den letzten Jahren mehr Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und auch mehr Kompetenzen für den Bund gegeben hat.

Zur Schulpolitik: die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen ist wichtiger als eine einheitliche Schullandschaft. Eine zugespitzte und sehr persönliche Bemerkung in dem Kontext: Stellen Sie sich die deutsche Schullandschaft vor, wenn sie nur von Adenauer und der Bayerischen Staatskanzlei organisiert wäre: keine Integration, keine Ganztagsbetreuung, keine Gesamtschulen, Aussieben an Stelle von Förderung eines jeden Talentes!

Zur Steuerverwaltung: Die SPD (insbesondere Peer Steinbrück) hat immer wieder vergebliche Vorstöße für eine Bundessteuerverwaltung unternommen. Hier bleibt also in der Tat noch Arbeit!

Beim Ankauf der Steuer-CD und der Einstellung (zusätzlicher) Steuerfahnder sehe ich vor allem ein politisches Problem- nämlich dass Union und FDP die Steuerverbrecher nicht ernsthaft verfolgen wollen. Aber das ist kein föderales Thema, sondern ein parteipolitisches. Rheinland-Pfalz würde die Daten kaufen.

Mit freundlichen Grüßen
Gustav Herzog