Ministerpräsident Wüst fordert Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet und Sanktionen gegenüber Russland. Welche Meinung haben Sie zu der Thematik?

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Frage von Reinhard G. •

Ministerpräsident Wüst fordert Waffenlieferungen ins Kriegsgebiet und Sanktionen gegenüber Russland. Welche Meinung haben Sie zu der Thematik?

Sehr geehrter Herr Decruppe,

rtl.de/cms/nrw-ministerpraesident-wuest-fordert-haertere-sanktionen-gegen-russland-4949246.html

Wird ein Krieg durch Waffenlieferungen nicht immer schlimmer? Sehen Sie die Gefahr eines Atomkrieges?

Sollen Sanktionen, wie Öl-Embargos, Russland langfristig destabilisieren? Können sie unserer Wirtschaft Schaden zufügen und zu Kaufkraftverlusten und dauerhaft hohen Preisen führen?

Würden wir so stärker von einem Land jenseits des Atlantiks abhängig, dass sich, wie beispielsweise der Irak-Krieg zeigte, nicht an geltendes Völkerrecht hält?

Wie denken Sie über eine Verhandlungslösung mit weniger Waffen? Kann die Ukraine nicht auch politisch unabhängig werden und dauerhaft militärisch neutral? Sollten nicht, um den Krieg zu beenden, Russland auch Angebote unterbreitet werden? (Zum Beispiel, Sanktionen und Waffenlieferungen bei einem Waffenstillstand auszusetzen.)

Oder wären Sie dafür, den Krieg bis zur Kapitulation einer der Parteien fortzuführen?

MfG

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr. G.,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich wie folgt beantworte:

Zunächst sollte sich Herr Wüst mehr um landespolitische Themen und darum kümmern, dass die aktuell stark steigenden Preise für Lebensmittel und Energie, aber auch für Mieten gedeckelt und Steuersenkungen und Unterstützungszahlungen gemildert werden, insbesondere für Menschen mit geringen Einkommen oder im Sozialleistungsbezug. Die globale Konfrontation und Sanktionen werden hier die Situation noch drastisch verschärfen.

Ich spreche mich gegen Waffenlieferungen aus und fordere stattdessen viel stärkere diplomatische Bemühungen, den fürchterlichen Krieg in der Ukraine zu stoppen und die Konflikte in der Region friedlich zu regeln, wie es auch das Völkerrecht fordert.

Ich berufe mich auf Artikel 33 der UN-Charta, der bestimmt:

„(1) Die Parteien einer Streitigkeit, deren Fortdauer geeignet ist, die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu gefährden, bemühen sich zunächst um eine Beilegung durch Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung, Vergleich, Schiedsspruch, gerichtliche Entscheidung, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen oder durch andere friedliche Mittel eigener Wahl.

(2) Der Sicherheitsrat fordert die Parteien auf, wenn er dies für notwendig hält, ihre Streitigkeit durch solche Mittel beizulegen.“

Die Lieferung von Waffen ist kein Beitrag im Sinne der UN-Charta; dadurch wird der Konflikt weiter angeheizt. Technische Fehler, politische Fehleinschätzungen und mögliche irrationale Schritte könnten unabsehbare Folgen haben. Deshalb ist Deeskalation und Einstellung der Kämpfe das Gebot der Stunde.

In dem Krieg können nur alle Seiten verlieren; wir bzw. unser Land auch. Kein Problem, das auf dem diesem Planeten besteht, wird gelöst; im Gegenteil: eine in Konfrontation gespaltene Welt wird die drängendsten Probleme wie den Klimawandel und Armut/Hunger nicht überwinden können.

Natürlich muss die Ukraine unabhängig bleiben. Auch hier muss das Völkerrecht greifen. In Art. 2 Ziffer 4 der UN-Charta heißt es:

Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“

Dieses Recht auf territoriale Unversehrtheit hat Russland mit seiner Aggression in krasser Weise verletzt. Es ist ein Rückfall in überwunden geglaubte Politik, unter der Europa ja Jahrhunderte gelitten hat.

Wie eine Friedensordnung nach einem Ende des Ukraine-Krieges aussehen kann, darüber möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht spekulieren. Erst einmal müssen die Waffen dauerhaft schweigen und das Völkerrecht – auch das Völkerstrafrecht - muss zur Anwendung kommen. Dafür trete ich ein.

Hans Decruppe