Frage an Harald Weinberg bezüglich Soziale Sicherung

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Harald Weinberg
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Frage von Peter M. •

Frage an Harald Weinberg von Peter M. bezüglich Soziale Sicherung

Die Altersteilzeit wird nicht mehr gefördert und das Renteneintrittsalter wird um zwei Jahre (von 65 auf 67 Jahre) erhöht.
Dies bedeutet, dass in Zukunft fünf Jahre länger gearbeitet werden muss.
Wie wäre es denn, die geleisteten Berufsjahre mehr zu berücksichtigen?
Was wird denn unternommen um die ausufernden Beamtenversorgungen in den Griff zu bekommen?
Stimmt es, dass der Durchschnittsrentner ca. 1000,- € erhält und der Durchschnittsbeamte ca. 2400,- €?
Stimmt es, dass die Lebenserwartung (somit die Rentenbezugsdauer) von Rentnern deutlich niedriger ist als die von Beamten?
Wäre es vielleicht sinnvoll an der Beitragsbemessungsgrenze etwas zu ändern?
War die Riesterrente eine sinnvolle Aktion?
Vielleicht wäre es sinnvoll die Wochenarbeitszeit zu senken (Burn out auf der einen Seite und Arbeitslosigkeit auf der anderen Seite).
Was nutzt es wenn bis 67 oder 70 Jahre gearbeitet wird und junge Menschen (hier gibt es schon den Begriff der verlorenen Generation) keine Arbeit bekommen!
Schon jetzt haben viele Beschäftigte (vor allem Schwerbehinderte) Probleme in Rente zu kommen.
Erwerbsminderungsrente kann man zwar beantragen, ist leider nur ganz schwer zu erreichen.
Ist es Ziel, dass junge Menschen nicht in Arbeit kommen und ältere Beschäftigte nicht aus dem Arbeitsleben herauskommen.
Wo sind Ihre Lösungsansätze?

Grüße
Peter Maier

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Maier,

ich danke Ihnen für Ihre Fragen. Ich stimme Ihnen zu: Die Rentenpolitik der Bundesregierungen in den letzten 20 Jahren ist eine einzige Katastrophe. Das gilt für die jetzige Rentnergeneration, aber umso mehr für zukünftige Rentnergenerationen. Denn heutige Rentenkürzungen sind auch noch in Jahrzehnten wirksam.

Die Rente erst mit 67 ist nichts anderes als eine Rentenkürzung. Zusätzlich hat sie noch die negativen Auswirkungen auf junge Menschen, die Sie zutreffend beschreiben.

Erwerbsunfähigkeit sucht man sich nicht aus, sondern sie ist ein (schweres) Schicksal. Deshalb will DIE LINKE den Zugang zu Erwerbsminderungsrenten erleichtern, der in den letzten Jahren immer weiter erschwert wurde. Erwerbsgeminderte dürfen nicht mit Abschlägen bestraft werden. Um den Eintritt von Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit zu verhindern, wollen wir eine Stärkung der Prävention, des Arbeitsschutzes und die Flankierung flexibler Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente z.B. durch die geförderte Altersteilzeit.

DIE LINKE will eine solidarische Erwerbstätigenversicherung. In diese werden alle Berufsgruppen, also abhängig Beschäftigte genauso wie Selbständige, Beamte und Berufspolitiker einbezogen. Durch die Einbeziehung aller Berufsgruppen erhalten zum einen Personen, die bislang nicht oder nicht ausreichend abgesichert waren, eine Alterssicherung. Zum anderen wird die Solidar- und Finanzierungsbasis erweitert. Denn die Beitragsbemessungsgrenze soll schrittweise an- und längerfristig aufgehoben und die damit verbundenen Steigerungen der Rentenansprüche in verfassungskonformer Weise abgeflacht werden. Eine soziale Erwerbstätigenversicherung ist für die Versicherten damit nicht nur sozial gerechter, sondern auch kostengünstiger als das gegenwärtige System.

Eine interessensgeleitete Lüge ist es, auf den demographischen Wandel zu verweisen, um Rentenkürzungen als alternativlos darzustellen. Diese Lüge wurde in den letzten 20 Jahren so oft wiederholt, dass sie mittlerweile von fast allen Menschen geglaubt wird. Ich will erläutern, warum dies eine Lüge ist:

In Zukunft werden mehr ältere auf weniger jüngere Menschen kommen, der so genannte Altersquotient steigt. Aber die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung hängt nicht vom zahlenmäßigen Verhältnis der Jungen zu den Älteren ab, sondern von der Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, von der Produktivität sowie von der Verteilung des erwirtschafteten Wohlstands. Selbst geringe Produktivitätsfortschritte sind bei entsprechender Verteilung geeignet, die Folgen des demografischen Wandel abzufangen. Außerdem lässt sich die Finanzierungsbasis der gesetzlichen durch die Senkung der Arbeitslosigkeit, die Zurückdrängung nicht sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und die Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit verbessern. Im Übrigen sind private Kapital gedeckte Alterssicherungssysteme von der demografischen Entwicklung genauso betroffen wie das auf dem Umlageverfahren basierende gesetzliche Rentensystem. Denn auch hier gilt: Das Alterseinkommen der Rentnerinnen und Rentner muss immer aus dem laufend Erwirtschafteten bezahlt werden. Die Debatte um die "demografische Zeitbombe" ist daher vor allem interessengeleitete Panikmache, die in der Absicht betrieben wird, die Kapitalseite weiter zu entlasten und den Versicherungskonzernen einen neuen Markt zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Harald Weinberg MdB