Frage an Heike Scharfenberger bezüglich Bildung und Erziehung

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Heike Scharfenberger
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Frage von Luigi A. •

Frage an Heike Scharfenberger von Luigi A. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Scharfenberger,

zunächst einmal beglückwünsche ich Sie das Sie den Einzug in den Landtag per Direktmandat geschafft haben.

Ich habe mir den Zukunfts-/Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung angeschaut und dabei ein besonderes Augenmerk auf das Thema Bildung gelegt. Für mich nicht ersichtlich sind evtl. beabsichtigte Maßnahmen, um zum Beispiel den Corona bedingten Unterrichtsausfall dahingehend zu kompensieren, das Lehrpläne für das kommende Schuljahr entzerrt werden, damit versäumter Unterrichtsstoff im neuen Schuljahr sich nicht nachteilig für die Kinder hinsichtlich der aufbauenden Wissensvermittlung und der Notenvergabe auswirkt (das es die Sommerschule/Herbstschule geben soll weiß ich. Reicht das aus?) Auch fehlt mir immer noch eine vorausschauende Planung für den Fall, das sich die Corona Infektionen in der kälteren Jahreszeit wieder nach oben entwickeln. Da nach meinem Kenntnisstand geimpfte immer noch Überträger sein können sehe ich persönlich noch keine Entwarnung, auch weil keine Impfungen für Kinder unter 12 Jahren zur Verfügung stehen werden und die Delta-Variante den Experten erhebliche Sorgen bereitet. Setzt unsere Bildungsministerin immer noch auf Fern-/Wechselunterricht? Warum werden nicht schon längst Belüftungssysteme eingesetzt? Möchten Sie sich hinsichtlich dieser Punkte für die Schulen in Ihrem Wahlkreis einsetzen? Wenn ja, wie? Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zu den von mit genannten Punkten Stellung beziehen würden. Bitte nehmen Sie mein Anliegen insofern Ernst, dass Sie nicht gleich Geld als Totschlagargument nehmen. Mir ist durchaus bewusst, dass mein Vorschlag Kostenintensiv ist. Wenn der Wille tatsächlich da ist findet sich auch ein Weg die finanziellen Mittel bereit zu stellen. Auch bin ich an Ihren Ideen interessiert, ob und wie Sie sich einsetzen werden um einen weiteren Pandemiebedingten Unterrichtsuasfall bzw. Schulschließungen zu vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen

Luigi Arcangioli

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SPD

Sehr geehrter Herr Arcangioli,

zunächst vielen Dank für Ihre Glückwünsche zu meinem Wahlerfolg anlässlich der diesjährigen Landtagswahl. Gerne beantworte ich Ihre Fragen vom 22.06.2021.

Die Schulen haben bereits im vergangenen Jahr zu Beginn der Pandemie bewährte Hygienekonzepte erarbeitet, die mittlerweile sehr etabliert sind. Neben dem Tragen von Masken und der Einhaltung des Mindestabstands ist hier auch das Lüften zu nennen. Mit dem konsequenten Umsetzen dieser Maßnahmen konnten sehr niedrige sekundäre Übertragungsraten in Schulen erreicht werden, die auch mit einem zunehmenden Anteil an Virusvarianten nicht anstiegen. Einer Studie des Landesuntersuchungsamtes Rheinland-Pfalz zufolge rief eine Infektion in den Reihen des Lehrpersonals im Schnitt 0,50 Folgefälle hervor, während eine Infektion unter Schülerinnen/Schülern zu nur 0,17 Folgefällen führte.

Auch im neuen Schuljahr werden daher die erforderlichen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen in enger Abstimmung mit den medizinischen Experten der Universitätsmedizin Mainz in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen, ggf. auf lokaler/regionaler Ebene, kontinuierlich angepasst. Ziel ist und bleibt die Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts! Da bis zum Unterrichtsbeginn im Schuljahr 2021/22 die meisten Eltern, vulnerable Schülerinnen und Schüler bzw. Geschwisterkinder und weitere Angehörige sowie auf jeden Fall auch die Lehrkräfte über einen vollständigen Impfschutz verfügen, ist die Ausgangssituation deutlich günstiger im aktuellen Schuljahr. Auch wenn die Impfung keine sterile Immunität hervorruft und Infektionen möglicherweise trotzdem weitergegeben werden können, sind doch diejenigen Personen mit einem hohen Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf wirksam geschützt.

Dennoch ist es verständlich, dass Eltern in Sorge um eine mögliche Ansteckungsgefahr ihrer Kinder insbesondere im Hinblick auf die Delta-Variante des Coronavirus sind und sich neben einer möglichst schnellen Impfung für ihre Kinder eine sichere und pandemiefeste Schulumgebung wünschen. Derzeit ist der Einsatz des mRNA-Impfstoffs Comirnaty bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren ohne Vorerkrankungen zwar von der Ständigen Impfkommission (STIKO) nicht allgemein empfohlen, ist aber nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz möglich. Für jüngere Kinder gilt dies momentan noch nicht.

Auch deshalb werden derzeit verstärkt technische Systeme zur Reduzierung der Virenlast in der Raumluft gefordert. Grundsätzlich kann die Reduzierung einer etwaigen Virenlast in der Raumluft durch einen Luftaustausch erreicht werden. Die vorhandene Raumluft wird dabei so weit wie möglich durch unbelastete Frischluft ersetzt. Dies geschieht in erster Linie durch die Fensterlüftung (Stoß- und/oder Querlüftung), denn völlig unabhängig von der aktuellen Pandemie benötigen Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrkräfte in Klassenzimmern eine ausreichende Frischluftzufuhr, die die verbrauchte Luft ersetzt.

Die für die baulichen Maßnahmen zuständigen Schulträger haben bereits im vergangenen Jahr auf unsere Bitte hin die Fenster überprüft und vor Ort erforderlichenfalls Veränderungen vorgenommen, damit ausreichend gelüftet werden kann. Darüber hinaus haben die Schulträger ihre Anstrengungen intensiviert und vor Ort vielfältige Lösungen gefunden, um bei Bedarf das Lüften in Schulräumen zu verbessern. Dabei kommen ggf. sogenannte „Raumlufttechnische Anlagen“ zum Einsatz, die verbrauchte Luft abtransportieren und gleichzeitig Frischluft zuführen. Allerdings erfordert der Einbau von RLT-Anlagen zum Teil sehr umfangreiche Baumaßnahmen. Ein nachträglicher, vor allem kurzfristiger Einbau in Schulgebäuden zur Aufbereitung der Luft und dem Lüftungskanal-System für die angeschlossenen Räume ist daher nicht ohne weitere detaillierte Planungen seitens des Schulträgers realisierbar.

Mobile Luftreinigungsgeräte sind je nach technischer Ausstattung und Qualität nach Herstellerangaben in der Lage, die vorhandene Raumluft in unterschiedlicher Güte zu filtern und eine etwaige Virusbelastung zu reduzieren. Da aber kein Luftaustausch stattfindet, kann die CO2-Konzentration in der Raumluft mit Hilfe eines mobilen Luftreinigungsgerätes nicht reduziert werden. Es muss also zusätzlich weiterhin gelüftet werden. Dazu kommt, dass die direkte Infektionsgefahr mit solchen Geräten nicht reduziert wird und ggf. weiter Maske getragen werden muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es bisher über den Einsatz von Luftreinigungsgeräten in Klassenräumen keine anerkannten standardisierten Prüfverfahren gibt. Daher müssen die Schulträger im Einzelfall sorgfältig prüfen, ob der Einsatz solcher Geräte in ihren Räumen erforderlich und möglich ist.

Hierbei werden die Schulträger bei erforderlichen Maßnahmen durch verschiedene Förderprogramme unterstützt. Der Einbau von stationären RLT-Anlagen ist mit einer Förderung von bis zu 80 Prozent durch den Bund möglich. Das Bundeskabinett hat am 2.6.2021 hierzu die Richtlinie „Bundesförderung coronagerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“ erweitert. Für alle Maßnahmen stehen bundesweit knapp 500 Mio. Euro bis Ende 2021 zur Verfügung. Die kommunale Familie ist hierüber unterrichtet.

Über die Finanzhilfen des Bundes aus dem Investitionsprogramm zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder kann der Einbau von Raumlufttechnik mit bis zu 70 Prozent förderfähig sein. Gefördert werden investive Maßnahmen, die dem qualitativen Ausbau der Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter dienen. Das Land hat die pandemiebedingten Hygieneanforderungen in der Richtlinie zur Förderung von Investitionen zum beschleunigten Infrastrukturausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder vom 4. Januar 2021 berücksichtigt und ausdrücklich Maßnahmen aufgenommen, die eine Verbesserung der Hygienebedingungen ermöglichen. Insgesamt stehen aus den sog. Beschleunigungsmitteln zunächst bis Ende 2021 knapp 36 Mio. Euro für Rheinland-Pfalz bereit.

Auf das schulische Lernen bezogen, haben wir in Rheinland-Pfalz bereits im vergangenen Jahr mit Maßnahmen auf die Auswirkungen der Pandemie reagiert. Die Notbetreuung an den Schulen, um betreutes Lernen auch während der Schulschließung zu gewährleisten, ebenso die Ausleihe von mobilen Endgeräten und die Förderung von studentischen Initiativen wie Lern-Fair (ehemals Corona School e.V.) oder Haydee! werden fortgesetzt. Auch die im vergangenen Jahr bereits erfolgreichen und gut angenommenen Angebote der Sommer- und Herbstschule sowie die Feriensprachkurse sind feste Bausteine im Landeskonzept zur Förderung von Schülerinnen und Schülern, die im Laufe der Pandemie nicht die ihnen sonst möglichen und erwarteten Lernerfolge erzielen konnten. Der Bund stellt über das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt rund 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Neben Angeboten im Bereich der frühkindlichen Bildung sind diese auch für Sport- und Freizeitaktivitäten sowie zur Unterstützung für Kinder und Jugendliche im Alltag vorgesehen; auf schulische Fördermaßnahmen entfällt hierbei die Hälfte der Summe.

Rheinland-Pfalz stehen hierdurch zusätzlich rund 63 Millionen Euro zur Verfügung, die auf die folgenden drei Säulen verteilen werden:

• Abbau von Lernrückständen,

• Unterstützung an Schulen durch zusätzliche Freiwilligendienstleistende und Schulsozialarbeit,

• außerschulische Angebote der Kinder- und Jugendhilfe.

Mit diesem umfangreichen Maßnahmenpaket sollen insbesondere diejenigen, die vor Schullaufbahnentscheidungen stehen, und diejenigen, die im familiären Bereich nur begrenzte Unterstützungsressourcen haben, umfassend gefördert und nicht allein gelassen werden.

Sehr geehrter Herr Arcangioli, ich hoffe, dass ich Ihre Mail umfassend beantworten konnte. Für mich gilt, was ich vor der Wahl gesagt habe, hat auch Gültigkeit nach der Wahl: Und zwar, eine bestmögliche Bildung und Förderung für Kinder und Jugendliche, unabhängig von der Finanzkraft der Eltern. Eine umfassende Bildung von Beginn an, sind nach wie vor die Grundlagen für Aufstiegsperspektiven und Teilhabemöglichkeiten, aber auch für die Verwirklichung individueller Chancen im späteren Leben. Denn eine zukunftsorientierte Bildung und Ausbildung der Kinder und Jugendliche und damit der zukünftig arbeitenden Generationen, sind für unser Land ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Dafür werde ich mich auch weiterhin einsetzen.

Freundliche Grüße

Heike Scharfenberger, MdL