Frage an Helmut Scholz bezüglich Recht

Helmut Scholz
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DIE LINKE
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Frage von Helmut W. •

Frage an Helmut Scholz von Helmut W. bezüglich Recht

Eine Frage, die ich an alle alle Parteien stelle betrifft Flüchtlingspolitik:

Im Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen in Libyen und den Flüchtlingsströmen bin ich auf FRONTEX gestoßen. Diese Agentur scheint ein rechtsfreier Raum zu sein, der sich nicht vom EU-Parlament kontrollieren lässt, siehe z.B.
http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=5304004/in8nri/index.html
http://www.focus.de/politik/ausland/eu-halbe-million-illegale-einwanderer-in-europa_aid_369046.html
http://www.unitedagainstracism.org/pdfs/listofdeaths.pdf

Meine Fragen dazu:

Welche Schritte hat das EU-Parlament unternommen, um diese Vorwürfe aufzuklären?

Was wurde oder wird unternommen, um die abseitige Rechtsauffassung zu korrigieren, ein Ausschluss von Asylverfahren (d.h. zwang zur Umkehr ohne Einzelfallprüfung) in internationalen Gewässern sei zulässig?

Wie schätzen sie die derzeitige Lage ein, was das (un)rechtsstaatliche Verhalten an den Außengrenzen der Festung Europas betrifft?

MFG
Helmut Weidner-Kim

Helmut Scholz
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Weidner-Krim,

vielen Dank für ihre Frage und ihr Interesse an meiner Position bezüglich Frontex.

Frontex ist eine Agentur die letztlich darauf zielt Flüchtlinge an den Außengrenzen der EU abzufangen und ihnen den Weg versperrt. Flüchtlinge suchen Schutz oder ein besseres Leben in Europa und wandern gegen ein Reichtumsgefälle, das ganz wesentlich in den neokolonialen Dominanzverhältnissen zwischen Europa und Afrika begründet liegt. Der universelle Anspruch auf Freiheit und Demokratie in Europa muss am Umgang mit denjenigen gemessen werden, die auf dem Weg der Migration eben diese Rechte einfordern. Frontex steht für ein tödliches Grenzregime, das in einer freien Welt keinen Platz haben darf. Frontex als Symbol von einer "Festung Europa" gehört deshalb abgeschafft.

Ich vertrete die Auffassung, dass Flüchtlingen der Weg in die EU umfassend gewährt werden muss. Dies betrifft auch Lybische Flüchtlinge. Meine Fraktion im Europaparlament, die GUE/NGL, war die einzige, die sich konsequent gegen das Frontex-Mandat ausgesprochen hat. Letztlich ist Frontex ein Symbol für die Abschottungspolitik der EU gegenüber Menschen die sich in Not befinden. Deshalb habe ich in der Legislatur des Europaparlaments von 2009-2014 auch gegen die Reform zum Frontex-Mandat gestimmt. Meine Fraktion hat sich als einzige gegen das erweiterte Mandat von Frontex ausgesprochen. 

Viele Flüchtlinge kommen aus Gründen von Hunger, Klimakatastrophen oder wie im Fall Libyens aufgrund von Kriegen. Dies trifft auch auf Flüchtlinge aus Syrien zu. Das Ziel einer fairen Einzelfallprüfung ist das Bleiberecht. Kriege und Bürgerkriege werden jedoch nicht als Asylgrund anerkannt, da angeblich keine "individuelle Verfolgung" besteht. Frontex zwingt jedoch die überfüllten Boote auf hoher See zur Umkehr ohne die einzelnen Fälle zu prüfen. Stattdessen werden Abschiebelager in Drittländern finanziert in denen es oft zu Misshandlung und Folter kommt.

Es gibt zwar einen Verhaltenskodex für Frontex, einen grundsätzlichen Verzicht auf Anwendung von Gewalt gibt es nicht. Wer die Angemessenheit von Gewalt kontrollieren soll ist nicht klar. Das Europaparlament hat keinerlei Einfluss auf den Verwaltungsrat oder den Exekutivdirektor von Frontex. Europa braucht statt Frontex eine Humanisierung der Flüchtlingssituation und eine solidarische Flüchtlingspoltik. 

Mit freundlichen Grüßen

Helmut Scholz

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