Frage an Hubertus Heil bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Hubertus Heil
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Frage von Liza S. •

Frage an Hubertus Heil von Liza S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Heil,

Da viele Menschen durch die Corona-Verordnungen, im Homeoffice arbeiten müssen und ebenso viele ohne Arbeit sind, wachsen die Konflikte und die Gesundheitsbelastung durch Lautstärke in den Wohnungen. Insbesondere in Ballungsräumen mit Mehrparteien-Wohnungen.

In der jetzigen Situation können sich die Menschen nicht ausweichen, sondern sind der häuslichen Situation komplett ausgeliefert. Dabei geht es vor allem um „Freizeitgeräusche“, wie z.B. Lärmbelastung durch Musikbeschallung.

Laut Arbeitsschutzrecht wurden Konzentrationsstörungen, im Bereich um die 40db nachgewiesen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen erlauben - rein theoretisch - eine Beschallung am Tage (06:00 - 22:00) über die 40db hinaus. Das wird zunehmend als Berechtigung zur Dauerbeschallung verstanden. Die Leistungsfähigkeit wird durch dauerhafte Beschallung und/oder stark Lautstärke deutlich eingeschränkt und zusätzlich entsteht eine ernsthafte Gesundheitsbelastung.

Arbeit kann man nicht ruhen lassen kann, Freizeitaktivitäten kann man flexibel anpassen. Beim Musikhören, sind z.B. Alternativen, wie Kopfhörer möglich oder eine Reduktion der Lautstärke, sodass sie in der Nachbarwohnung kaum wahrnehmbar ist.

Bei allem Verständnis für die Personen, die quasi im Zwangsurlaub sind und nun ihre Freizeit genießen möchten, wäre es angemessen, das Arbeitnehmer, die zu Hause arbeiten müssen, einen besonderen Schutz genießen.

Der jetzige gesetzliche Rahmen reicht leider nicht aus. Daher möchte ich Sie Fragen: Nehmen Sie sich dem Schutz der Arbeitnehmer im Home-Office bereits an? Geben Sie den Behörden, wie dem Ordnungsamt und auch der Polizei, mehr Klarheit und Mittel an die Hand, die die jetzige Situation angemessen berücksichtigen?

Für eine kurze aussagekräftige Antwort, wäre ich Ihnen sehr verbunden.

Bleiben Sie gesund.

Mit freundlichen Grüßen,
Sander

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Sehr geehrte Frau Sander,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Arbeitsschutzrecht im Homeoffice. Entschuldigen Sie bitte meine verspätete Antwort, in den letzten Monaten haben mich sehr viele Zuschriften erreicht.

Meiner Antwort vorausschicken möchte ich zunächst, dass ich keine verbindlichen Rechtsauskünfte im Einzelfall erteilen kann. Die Überwachung und Beratung der Betriebe und deren Beschäftigten werden auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 ArbSchG von den für den Arbeitsschutz zuständigen Landesbehörden und auf der Grundlage von § 17 SGB VII Abs. 1 durch die Unfallversicherungsträger vollzogen. Die Auslegung des Arbeitsschutzgesetztes und Ihrer konkretisierenden Verordnungen sowie des Technischen Regelwerks fallen damit in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer bzw. der Gerichte.

Eine Beurteilung der von Ihnen beschriebenen Gegebenheiten in Ihrer Wohnung ist von hier aus im Übrigen nicht möglich.

Geräusche, die durch Tätigkeiten von Privatpersonen in der Nachbarschaft hervorgerufen werden und störend oder belästigend wirken, sind Nachbarschaftslärm. Regelungen zum verhaltensbezogenen Nachbarschaftslärm sind in den Immissionsschutzgesetzen der Bundesländer enthalten. Nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 24 des Grundgesetzes haben die Länder im Bereich des Schutzes vor verhaltensbezogenem Lärm die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz. Das Ordnungs- und Polizeirecht bei Störungen durch Nachbarn ist weiterhin Aufgabe der Länder und Gemeinden.

Die auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassene TA Lärm legt zum Schutz der Menschen, die in der Nähe von geräuschemittierenden Anlagen wohnen, für die Anlagengeräusche Immissionsrichtwerte fest, die an der angrenzenden Wohnbebauung eingehalten werden müssen. Zu den Anlagen zählen insbesondere Industrie- und Gewerbebetriebe, aber auch sonstige technische Einrichtungen, soweit nach Intensität und Dauer der Nutzung vom Betreiben einer Anlage gesprochen werden kann. Für den Vollzug der immissionsschutzrechtlichen Regelungen sind Behörden der Länder und Gemeinden zuständig; der Bund kann in den einzelfallbezogenen Vollzug nicht eingreifen. Zudem legt das Bundes-Immissionsschutzgesetz Anforderungen an den Lärmschutz beim Neu- und Ausbau von Straßen und Schienenwegen fest; federführend ist für diesen Bereich das Bundesverkehrsministerium.

Das Arbeitsschutzrecht hat den Arbeitgeber als Rechtsunterworfenen im Fokus. Der Arbeitgeber hat nur bedingte Zugriffsmöglichkeiten auf Nachbarschaftslärm, insoweit, als dass es Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz sein kann, dass der Arbeitsort (z.B. die private Wohnung) nur eingeschränkt geeignet bzw. ungeeignet für die Tätigkeitsverrichtung aufgrund regelmäßiger Ruhestörungen durch Nachbarschaftslärm ist.

Bitte adressieren Sie Ihr Anliegen bei den zuständigen Ordnungs- und Polizeibehörden Ihrer Gemeinde.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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