Frage an Hubertus Zdebel bezüglich Innere Angelegenheiten

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Hubertus Zdebel
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Frage an Hubertus Zdebel von Frank H. bezüglich Innere Angelegenheiten

Warum gibt es keine Einigung darüber das Parlament zu verkleinern?

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Sehr geehrter Herr Hermanns,

es gibt aktuell noch keine Einigung darüber, das Parlament zu verkleinern, da die Große Koalition im Juli 2020 mit ihrer Stimmenmehrheit einen gemeinsamen und ausgewogenen Gesetzentwurf von Grünen, FDP und LINKEN zur Reform des Wahlrechts abgelehnt hat. Dieser Entwurf sieht vor, die Anzahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 250 zu reduzieren und die Sollgröße des Parlaments von derzeit 598 Sitzen moderat auf 630 zu erhöhen. Bliebe das Wahlrecht unverändert, ist aufgrund der Ausgleichs- und Überhangmandate nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr mit eventuell über 800 Sitzen zu rechnen. In der aktuellen Legislaturperiode gibt es 709 Abgeordnetenmandate, also bereits deutlich mehr als die Sollgröße.

Die schrittweise Reduzierung der in den letzten Jahren immer weiter angewachsenen Parlamentssitze darf aus unserer Sicht nicht zu Lasten der kleineren Oppositionsparteien gehen. Der Ende August von der Großen Koalition vorgestellte Vorschlag geht jedoch in genau eine solche Richtung, weil er eine Verkleinerung anvisiert, indem Überhangmandate – die bekanntermaßen häufig von CDU- und CSU-Abgeordneten geholt werden – nicht mehr vollständig ausgeglichen werden sollen. Eine Reduzierung der Wahlkreise bleibt aus Sicht der LINKEN der gerechtere Weg, bei dem alle Parteien Einbußen hinnehmen müssten. Insbesondere bemängeln wir die mangelnde Kooperationsbereitschaft von CDU/CSU und SPD. Eine Wahlrechtsreform sollte konsensual mit der Opposition erfolgen, um nicht den Eindruck parteitaktischer Kalküle zu erwecken.

Angesichts der gängigen Kritik an einer zu hohen Abgeordnetenzahl möchte ich allerdings auch darauf hinweisen, dass die Bundesrepublik international gesehen sogar ein vergleichsweise kleines Parlament besitzt. Hierzulande kommt auf 120 000 EinwohnerInnen ein Abgeordnetenmandat, in Großbritannien oder Italien werden zum Vergleich 100 000 EinwohnerInnen von einer/einem Abgeordneten vertreten. In der Schweiz mit ihren 200 Parlamentssitzen vertritt eine Abgeordnete bzw. ein Abgeordneter etwa 40 000 Bürgerinnen und Bürger. Der Aspekt um mehr Bürgernähe gerät mir in der Debatte um das angeblich zu teure deutsche Parlament manchmal zu sehr in den Hintergrund. Damit werden populistische Reflexe gegenüber dem ‚Selbstbedienungsladen‘ der PolitikerInnen bedient, ohne zu bedenken, dass eine hohe Anzahl an Abgeordneten auch Vorteile hinsichtlich der demokratischen Vertretung von Bürgerinnen und Bürgern bedeuten kann.

Den gemeinsamen Gesetzentwurf von Grünen, FDP und LINKEN finden Sie hier:

https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/146/1914672.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Hubertus Zdebel