Frage an Ilse Aigner bezüglich Verbraucherschutz

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Ilse Aigner
CSU
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Frage von André M. •

Frage an Ilse Aigner von André M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Aigner,

meine Fragen an Sie möchte ich auf eine Aussage auf der Webseite von www.foodwatch.de stützen. Dort wird geschrieben:

<< Doppelspiel von Bundesverbraucherministerin Aigner

Die deutsche Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner lehnt es ab, sich gegen das in Brüssel geplante Ampel-Verbot stark zu machen. Anstelle sich in Europa für die Ampel einsetzen, wie es sich die Mehrheit der Bürger wünscht, spielt sie ein Doppelspiel: Während sie hierzulande neuerdings Offenheit für die Ampel vorgaukelt, glänzt sie im EU-Ministerrat weiterhin durch vorsätzliches Nichtstun. Wir fordern Frau Aigner dazu auf, im EU-Ministerrat endlich klar Nein zum Ampel-Verbot zu sagen. >> ((Link: https://foodwatch.de/kampagnen__themen/ampelkennzeichnung/index_ger.html ) Abruf am 10.03.2010)

Aus diesen Formulierungen ergeben sich mir folgende Fragen:

Wie lautet Ihre Position zu der nährwertbezogenen Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln?

Was unternehmen Sie als Ministerin im EU-Ministerat, wie förderlich wirken Sie auf den Entscheidungsprozess zur nährwertbezogenen Ampelkennzeichnung ein?

Fühlen Sie sich sehr in Ihrem objektiven Urteilsvermögen behindert, wenn Lobbyisten der Lebensmittelindustrie auf Sie einzuwirken versuchen?

Vielen Dank für Ihre Zeit, die oben stehenden Fragen zu beantworten.

Mit den besten Grüßen aus Stuttgart,

André Möller

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Möller,

vielen Dank für Ihre Frage.

Als Verbraucherschutzministerin ist es mir ein besonderes Anliegen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf verständliche und klare Weise über die Nährwerte von Lebensmitteln durch entsprechende Angaben auf Lebensmittelverpackungen und -etiketten informiert werden, damit ihnen die Lebensmittelauswahl im Sinne einer gesunden und ausgewogenen Ernährung erleichtert wird. Nach geltendem EU-Recht ist eine Nährwertkennzeichnung von verpackten Lebensmitteln derzeit jedoch grundsätzlich freiwillig und nur in bestimmten Fällen verpflichtend vorzunehmen. Im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wurde daher in Ergänzung zu den bereits in der Europäischen Union bestehenden rechtlichen Anforderungen hinsichtlich der Nährwertkennzeichnung das „1 plus 4“-Modell zur Angabe freiwilliger erweiterter Nährwertinformationen auf verpackten Lebensmitteln entwickelt.

Die Elemente des „1 plus 4“-Modells sind der Energiegehalt (Brennwert) sowie die Gehalte an Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Salz. Diese Angaben sollen in der Regel bezogen auf eine Portion in einheitlichen und wieder erkennbaren Symbolen auf Lebensmittelverpackungen bzw. -etiketten erfolgen. Dabei soll mindestens der Brennwert auf der Schauseite des Etiketts angebracht werden. Zusätzlich zu den Mengenangaben sollen auch die Prozentanteile in Bezug auf den jeweiligen Richtwert für die Tageszufuhr angegeben werden. Da alle Angaben auf eine Portion bezogen angegeben werden, wird es leicht ersichtlich, welcher Anteil des Richtwertes jeweils mit dem Verzehr einer Portion des Lebensmittels abgedeckt wird. Weitere Informationen dazu finden Sie auf www.bmelv.de.

Es ist erfreulich, dass das „1 plus 4“-Modell bereits in großem Umfang anwendet wird und immer mehr verpackte Lebensmittel mit den Angaben nach diesem Modell versehen werden. Ich hoffe zudem, dass Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Informationsangebot auch nutzen. Das „1 plus 4“-Modell wird jedenfalls durch Verbraucherinnen und Verbraucher positiv beurteilt. Dies ergab eine im März 2008 im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durchgeführte repräsentative Meinungsumfrage. Über 80 Prozent der Befragten beurteilten die Darstellung nach diesem Modell als informativ, verständlich und übersichtlich.

Bei der Erarbeitung des „1 plus 4“-Modells haben wir uns auch intensiv mit der Ampelkennzeichnung nach britischem Vorbild mit den Farben grün, gelb und rot, die für einen niedrigen, mittleren und hohen Gehalt eines Nährstoffs stehen, beschäftigt. In diesen Diskussionsprozess wurde auch die Wissenschaft einbezogen. Von verschiedenen Wissenschaftlern wurden dabei Bedenken gegen ein solches Darstellungsmodell geäußert und auf die fehlende wissenschaftliche Grundlage verwiesen (z. B. Pressemeldung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung vom 25. September 2009 „Wissenschaftliche Basis für Ampelkennzeichnung einzelner Lebensmittel fehlt“ abrufbar unter http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=961). Meine Zweifel, ob eine solche vereinfachte Klassifizierung von Lebensmitteln tatsächlich Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher bringt, wurden damit bestätigt. Dennoch steht es Unternehmen frei, ein solches Darstellungssystem zu verwenden, wenn dieses im Einklang mit den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften ist.

In letzter Zeit werden in der Presse Meldungen verbreitet, dass die Europäische Union ein „Ampel-Verbot“ plane. Dies ist unzutreffend. Es ist keineswegs vorgesehen, die Ampelkennzeichnung auf EU-Ebene zu verbieten. Nach dem derzeit in den Gremien des Rates und des Europäischen Parlaments beratenen Vorschlag für eine Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel besteht auch weiterhin die Möglichkeit, ergänzend zu den verpflichtend vorgeschriebenen Angaben freiwillige Darstellungsformen der Nährwertdeklaration zur verwenden. Eine solche zusätzliche Form der Nährwertdeklaration wäre beispielsweise eine Ampelkennzeichnung.

Betonen möchte ich, dass der Verordnungsvorschlag gegenüber dem bestehenden Gemeinschaftsrecht über die Nährwertkennzeichnung aus meiner Sicht eine deutliche Verbesserung der Verbraucherinformation bedeutet. So ist z. B. vorgesehen, eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung (Angabe des Energiegehalts und der Gehalte an Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker und Salz bezogen auf 100 g bzw. 100 ml des Lebensmittels) auf der Verpackung oder dem Etikett grundsätzlich bei allen Lebensmitteln einzuführen. Nähere Informationen zu dem o. g. Verordnungsvorschlag finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission unter
http://ec.europa.eu/food/food/labellingnutrition/foodlabelling/proposed_legislation_en.htm

Falls Sie weitere Fragen zum Thema haben, dann können Sie zusätzliche Informationen im Internet unter www.bmelv.de abrufen oder wenden Sie sich damit bitte an mein Ministerium. Auf der Plattform "Abgeordnetenwatch" können interessierte Bürgerinnen und Bürger Fragen stellen, die mein Abgeordnetenmandat betreffen. Ich bitte Sie, zukünftig darauf Rücksicht zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Ilse Aigner MdB

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