Frage an Inge Gräßle bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Dr. Inge Gräßle
Inge Gräßle
CDU
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Frage von Tizian P. •

Frage an Inge Gräßle von Tizian P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wunderschönen Guten Tag,

Ich bin hier, weil ich mich wundere wie Sie und insbesondere die gesamte CDU/CSU sich hinter den aktuellen Entwurf der Urheberrechtsreform stellen können. Ich persönlich halte Urheberrechtsschutz als ein wichtiges Thema und danke Ihnen, dass Sie und ihre Partei sich damit befassen.

Leider halte ich den aktuellen Entwurf aus mehreren Gründen für sehr bedenklich:
1. Die aktuelle Form des Entwurfs steht zum Einen im krassen Kontrast zum Koalitionsvertrag in welchem Uploadfilter noch als "unverhältnismäßig" definiert wurden. Dieser Definition kann ich nur beipflichten.
2. Weiter sind die Einschränkungen, welche angeblich kleiner Plattformen entlasten sollen, völlig unzureichend. Ein Schutz Dieser ist alleine durch die Hürde "jünger als drei Jahre" völlig unzureichend.
3. Zusätzlich sehe ich durch diesen Beschluss vor allem langfristig eine große Gefahr für die Meinungsfreiheit. Die genaue Umsetzung des Beschlusses ist in vielen Punkten erst theoretisch erörtert worden und könnte leider in der Praxis unerwartete und bedenkliche Ausmaße annehmen.

Ich würde gerne wissen, wieso Sie und ihre Partei sich trotz dieser Punkte für die Durchsetzung dieses Entwurfs entschieden haben?!

Beste Grüße

Dr. Inge Gräßle
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Anfrage über abgeordnetenwatch und Ihr Interesse an der geplanten Reform des Urheberrechtes im Binnenmarkt.

Im Internet gibt es die Sorge, dass die geplante Reform des europäischen Urheberrechts zu einem Aus für YouTuber führen würde und das „Ende des freien Internets“ bedeute. Fakt ist aber: YouTuber bzw. Nutzer von Online-Plattformen werden auch in Zukunft weiterhin das tun dürfen, was sie heute tun, nämlich kreative Inhalte hochladen. In der Reform des Urheberrechts geht es darum, die Position derjenigen zu stärken, die die Rechte an ihren kreativen Werken haben und darüber mit großen Online-Plattformen verhandeln müssen. Das neue EU-Gesetz soll ihnen so eine bessere Vergütung für die Nutzung ihrer kreativen Inhalte ermöglichen. Derzeit bleibt die Wertschöpfung weitestgehend bei den Plattformen.

Mit Artikel 13, der für die meiste Kritik sorgt, soll erreicht werden, dass Plattformen, deren Geschäftsmodell auf der Verbreitung urheberrechtlich geschützter Materialien basiert für diese auch bezahlen müssen. Bisher ist die Rechtslage so, dass im Falle eines Uploads von zum Beispiel Musik ohne das Einverständnis des Eigentümers, derjenige haftbar ist, der den Upload vorgenommen hat. Artikel 13 ändert diese Rechtslage. Anstatt jeden einzelnen Nutzer haftbar zu machen, soll nunmehr die Plattform haften. Die Plattform muss dann entweder eine Lizenz erwerben, die die nichtkommerziellen Uploads der Nutzer mit abdeckt (das schützt also den Nutzer) oder aber Sorge dafür tragen, dass niemand Inhalte hoch lädt, die ohne das Einverständnis des Eigentümers (z.B. Sängers) hochgeladen werden. Wenn die Plattform weder eine Lizenz kauft, noch den Upload irgendwie verhindert, kann der Eigentümer die Plattform verklagen, anstatt gegen die Nutzer vorzugehen. Dies schützt also direkt alle privaten Nutzer.

Wie sollen Plattformen Uploads überprüfen? Im Text steht, dass die Plattformen nach industrieüblichen Standards größtmögliche Anstrengungen („best efforts“) machen müssen, um nicht autorisierte Werke ausfindig zu machen. Diese „best efforts“ müssen zudem nur verhältnismäßig zur Plattformgröße, Besucherzahl und Menge der Werke stehen. Eine kleinere Plattform muss daher nicht dieselben Anstrengungen vornehmen, wie eine größere. Eine technologische Überprüfung durch Identifizierungssoftware ist aber auch nicht verboten, um die künstlerischen Werke zu erkennen, die nicht hochgeladen werden dürfen. Diese wird zwar gerne als „Upload-Filter“ bezeichnet, ist aber in der Sache nicht gleichbedeutend, weil diese nur auf die Daten reagiert, die der Rechteinhaber vorher der Plattform zur Verfügung gestellt hat.

Wikipedia, Open-Source-Plattformen, nicht-kommerzielle Plattformen, Dropbox, Ebay oder Datingportale fallen nicht unter den Artikel 13. Auch Plattformen, die wenige Werke veröffentlichen und Kleinst- und kleine Unternehmen, wie Start-Ups, sind von Artikel 13 ausgenommen. Wer bis zu 10 Millionen Euro globalen Jahresumsatz, bis zu 5 Millionen Euro monatliche Onlinebesucher aufweist und als Unternehmen nicht älter als drei Jahre ist, soll deutlich geringere Pflichten erfüllen müssen. Zudem werden Memes und Gifs nicht betroffen sein. Der User kann hier nicht haftbar gemacht werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Inge Gräßle

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