Frage an Ingrid Arndt-Brauer bezüglich Finanzen

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Ingrid Arndt-Brauer
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Frage von Michael v. •

Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Michael v. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,

Griechenland ist ein bodenloses Fass, das trotz Schuldenschnitt noch jahrelang Milliardenhilfen braucht(wie Medien berichten). Nunmehr soll unter der Sicherheitsleistung unserer Goldreserven Griechenland unter die Arme gegriffen werden, wie Bild berichtet. Das und die gesamte Griechenlandrettungsaktion ist in meinen Augen gegenüber dem deutschen Steuerzahler unveranwortlich und eine Veruntreuung des deutschen Kapitals!
Sie befürworten u. a. die Rettung, weil alle Parteien bis auf die Linke das für nötig halten - das ist keine Argumentation. Warum, halten Sie das für nötig? Was passiert im Detail, wenn man Griechenland pleite gehen lässt und welche Auswirkungen hat das für Deutschland? Und wenn Sie dabei auf die Banken zu sprechen kommen, dass diese in Notlagen geraten können, stellt sich gleich die Frage, weshalb Steuerzahler für die Gier der Banken zum zweiten Mal gerade stehen sollen?

Mit freundlichen Grüßen
Michael v. Lüttwitz

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SPD

Sehr geehrter Herr Lüttwitz,

vielen Dank für Ihr Schreiben. Die bisher gewährten bzw. beschlossenen Hilfen für Griechenland habe ich befürwortet. Sie sind nicht nur ökonomisch (Ansteckungsgefahr, Erhalt der Eurozone! - Export Deutsche Wirtschaft) und politisch (EU=über 60 Jahre Frieden und Stabilität) sinnvoll, sondern auch Ausdruck gegenseitiger Solidarität. Eine Solidarität, wie sie übrigens auch Deutschland nach dem verlorenen 2. Weltkrieg seitens der US-Amerikaner zuteil geworden ist. Hinzu kommt, dass mit den Hilfen Auflagen verbunden sind, die der griechischen Bevölkerung viele Opfer abverlangen.

Ob die Griechen nun von dem Hilfsangebot Gebrauch machen wollen, liegt an Ihnen selbst. Ich habe Verständnis dafür, dass Regierungschef Papandreou angesichts der harten Einschnitte für die Bevölkerung seine Politik auf gesicherte und somit tragfähige Mehrheiten stützen will und letztendlich sogar muss. Das gilt sowohl für Regierung/Parlament, als auch in der gesamten Bevölkerung. Klar ist auch, dass die Auszahlung von Hilfen bis zur demokratischen Legitimation des mit den anderen EU-Staaten vereinbarten Regierungskurses (Vertrauensfrage, Referendum) gestoppt wird.

Für den Fall, dass die Griechen mit Nein stimmen werden, wird sich ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone und eine nachfolgende Insolvenz nicht vermeiden lassen. Die Auswirkungen einer Staatsinsolvenz für Griechenland und die anderen EU-Staaten, einschließlich Deutschland und den Euro lassen sich nicht im Detail vorhersagen. Fest steht wohl mit großer Sicherheit, dass zumindest die Griechen eine äußerst schwere Zeit werden durchmachen müssen. Mit einer dann vergleichsweise wertlosen (abgewerteten) Drachme lassen sich die massiven Schulden (in Euro!) nicht mehr zurückzahlen. Negative Auswirkungen auf Gläubiger (z.B. Banken und Versicherungen), die dann die von Ihnen gehaltenen griechischen Anleihen komplett abschreiben müssen, sind sehr wahrscheinlich. Wir können uns sicher alle noch gut an die Folgen der Bankenkrise in Deutschland erinnern, die wir gerade zu überwinden versuchen.

Ich nenne zur Erinnerung nur die Stichworte: Kreditklemme, Investitions-, Produktions-, Auftragsrückgänge in d. Wirtschaft, Rückgang Steuern und Sozialabgaben, Rückgang BIP, Anstieg Lohnersatzleistungen (Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit), neues Bankenrettungspaket, erneuter Anstieg der Verschuldung, Gefahr von Finanzspekulation und Herabstufung der Kreditwürdigkeit, höhere Zinszahlungen, noch höhere Staatsverschuldung etc....

Angesicht dieser Gefahren, halte ich die von den Parlamenten der EU-Staaten beschlossene EFSF-Aufstockung und die geplante Einrichtung eines dauerhaften Stabilitätsmechanimus (ESM) für den besseren Weg, selbst dann, wenn es letztendlich keine Erfolgsgarantie geben kann. Die Bewältigung der wirtschaftlichen und politischen Krise in Europa erfordert darüber hinaus, eine besser koordinierte Wirtschaft- Steuer- und Sozialpolitik in der EU und eine möglichst globale Regulierung von Banken und Finanzmärkten.

Die Begrenzung der ausufernden Verschuldung in den Mitgliedsländern ist dabei unerlässliche Voraussetzung. Als Finanz- und Nachhaltigkeitspolitikerin setze ich mich schon seit langem für einen verantwortungsvolleren Umgang mit Steuergeldern ein. Mit der Schuldenbremse haben wir in Deutschland ein wichtiges Instrument verfassungsrechtlich verankern können, was eine solche Politik in den nächsten Jahren unterstützen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Arndt-Brauer, MdB