Frage an Ingrid Arndt-Brauer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Portrait von Ingrid Arndt-Brauer
Ingrid Arndt-Brauer
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ingrid Arndt-Brauer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sebastian A. •

Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Sebastian A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,

wieso dürfen Politiker Grundgesetze aushöhlen (2 Jahre schon Online-Durchsuchungen durchgeführt) und haben keien Folgen zu befürchten?`

Wieso wird momentan immer wieder versucht das Grundgesetz zu ändern bzw. auszuhebeln um die Bürger auf jede erdenkliche Weise zu bespitzeln?

Wieso werden Demonstranten in Heiligendamm mit Terroristen gleichgesetzt`? Was hat die Bundeswehr dort zu suchen, in einem Artikel des Spiegel heisst, dass Tornadas ebenso gegen Taliban eingestzt werden um die Umgebung zu analysieren etc.

Wieso liegt der Regierung mehr daran, den Bürger zu bespitzeln als Rücksicht auf seine grundlegenden Rechte zu nehmen? Ist es Profit-Gier und einfacher Egoismus?

Niemand ist damit geholfen, wenn alle seine kommunikationsdaten aufgezeichnet werden. Was hier erreicht werden soll ist ein Polizeistaat, ein Staat der die Bürger einschüchtert und keineswegs schützt! Wieso werden Gesetzte in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt, dann aber der Umweg über die EU genommen?

- Online-Durchsuchung
- Geruchsproben!
- Bundeswehreinsätze im Innern
- Totalüberwachung der Kommunikation
- Finabdrücke in einer Datenbank
- Fingerabdrücke von Ausländern in separater Datenbank
- Verbot von "Hackertools"...

Und wer wird zur Rechenschaft gezogen, das Grundgesetz wird mehr und mehr ausgehebelt und wichtige Beschlüsse werden freitag Nacht um 3 Uhr beschlossen. Eine Aufklärung oder Berücksichtigung der Bevölkerung sowie Ratschläge und Bedenken von vielen Datenschützern etc, werden strikt ignoriert. Lernt man nicht aus Fehlern der Vergangenheit? Anscheinend nein, traurig aber wahr.

Danke & Gruß

Portrait von Ingrid Arndt-Brauer
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Altepost,

für Ihre Zuschrift danke ich Ihnen vielmals. Sie sprechen in Ihrem Schreiben mit der Sicherheitspolitik einen sehr sensiblen Bereich an. Nachfolgend werde ich Ihnen meine Position zu den von Ihnen erwähnten strittigen Themen, die allesamt komplexe verfassungsrechtliche Fragestellungen beinhalten, kurz darlegen.

Zum Einsatz der Bundeswehr wurde im Koalitionsvertrag folgendes festgelegt: „Angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus greifen äußere und innere Sicherheit immer stärker ineinander. Gleichwohl gilt die ´grundsätzliche Trennung´ ´zwischen polizeilichen und militärischen Aufgaben´. Wir werden nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz prüfen, ob und inwieweit verfassungsrechtlicher Regelungsbedarf besteht. „Gerade im Hinblick auf asymmetrische Formen der Bedrohung, die insbesondere aus terroristischen Aktivitäten bestehen, ist die äußere von der inneren Sicherheit ´nicht mehr trennscharf´ zu unterscheiden. Soweit für besondere Gefährdungen der Sicherheit unseres Landes ´gesetzlicher oder verfassungsmäßiger Regelungsbedarf´ besteht, wird die Bundesregierung Initiativen vorlegen.“

Diese Auszüge aus dem Koalitionsvertrag werden von den Koalitionsparteien unterschiedlich ausgelegt. BM Schäuble sieht hierin die Möglichkeit Innere und Äußere Sicherheit zu ´verschmelzen´ und der Bundeswehr gezielt Polizeiaufgaben zu übertragen. Dies würde aber bedeuten, die Bundeswehr im Inneren auch für ´polizeiliche Aufgaben mit Waffengebrauch´ heranzuziehen. Die SPD-Fraktion sieht einen möglichen gesetzlichen Klärungsbedarf nur im Bereich der ´Luft-´ und ´Seesicherheit´. Hier hat die Polizei nicht die dafür notwendigen Mittel und Fähigkeiten. Sollte das Luftsicherheitsgesetz vom Bundesverfassungsgericht als nicht verfassungskonform befunden werden, würden wir uns einer ´Klarstellung im Grundgesetz´ nicht verschließen.

Nach Auffassung der Verteidigungspolitiker soll und kann die Bundeswehr ´schon jetzt´ einen Beitrag zur Inneren Sicherheit leisten. Dies hat sie in der Vergangenheit bereits mehrfach getan. Das Grundgesetz erlaubt derartige Unterstützungsleistungen in* schweren Unglücksfällen* und bei ´Naturkatastrophen´. Die Hilfsleistungen die die Bundeswehr bsw. in Bad Reichenhall erbracht hat, waren richtig und wichtig. Sie stehen in vollem Einklang mit unserem Grundgesetz. Gleiches trifft für Suchflüge von ´Tornados´ nach vermissten Personen zu. Auch gegen die Absicherung einer ´Absturzstelle´ bei einem Flugzeugunglück gibt es nichts einzuwenden. Das gleiche gilt für die Bereitstellung von ´Bussen´ für die Polizei. All dies darf die Bundeswehr, hierzu ist keine Änderung des Grundgesetzes notwendig. Nicht hinnehmbar für mich und meine Fraktionskollegen ist die Überwachung von Demonstrationen durch Tornadoflugzeuge, wie angeblich jetzt beim G 8 Gipfel geschehen.

Was die Fingerabdrücke betrifft, hat sich Wolfgang Schäuble im Konflikt über die Speicherung von Fingerabdrücken offenbar dem Druck der SPD gebeugt und erwägt einen Verzicht auf diese Maßnahme. Ich halte nichts davon Fingerabdrücke auf Vorrat zu speichern, weil es nicht verfassungskonform sei. Die im Pass gespeicherten Fingerabdrücke sollten nicht bei Meldeämtern hinterlegt werden. Das wäre eine Vorratsdatenspeicherung bei unbescholtenen Bürgern. Fingerabdrücke sollten lediglich zur Erstellung von biometrischen Pässen verwendet und dann sofort wieder vernichtet werden.

Ebenso wie die Fingerabdrücke lehne ich auch die Speicherung von Geruchsproben ab - einer Methode, der sich im Übrigen die Staatssicherheit der DDR bei Regimegegnern und –kritikern bedient hatte. Skeptisch stehen meine Fraktionskollegen auch weiteren Plänen Schäubles gegenüber, so etwa der Absicht des Innenministers, die Online-Durchsuchung von Computern durch die Sicherheitsbehörden zuzulassen. Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen des Staates halte ich es für einen „Holzweg“ die Bürger zu bespitzeln. Ich werde mich ebenso wie meine Fraktionskollegen daher dafür einsetzen, dass keine Überwachungsarchitektur entsteht. Grundsätzlich geht es um nichts anderes als eine Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit. Diese muss immer wieder neu – technologische und politische Entwicklungen einbeziehend - mit größtmöglicher Sorgfalt durchgeführt werden.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Ingrid Arndt-Brauer