Frage an Ingrid Arndt-Brauer bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Ingrid Arndt-Brauer
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Frage von Peter Dr. S. •

Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Peter Dr. S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,

ich habe als Waehler Ihre bisherigen Antworten gelesen, bin jedoch entsetzt Ihnen meine Stimme bei der letzten Bundestagswahl gegeben zu haben. Die Gruende: Ihre Begruendung fuer die Diaetenerhoehung ist nur juristisch formal, ich denke dies reicht nicht aus. Mein Grossvater hat mir in meiner Jugend erklaert, wenn man etwas leistet bekommt man mehr Geld. Nur was hat Ihre Fraktion bis jetzt, gemessen an den Wahlversprechen, geleistet? Ich sehe nichts, ausser dass Kapitaleigner jetzt weniger Steuer zahlen muessen, aber dies ist ja wohl nur eine Minderheit der Bevoelkerung.
Gleichzeitig verschweigen Sie geflissentlich, dass Sie neben den Diaeten noch weitere (steuerfreie) Bezuege und andere Leistungen (z.B. Bahnticket im Wert von mindestens 3000 € im Jahr) bekommen, die nach meinem Wissen letztes Jahr auch erheblich erhoeht worden. Desweiteren nutzen Politiker, und auch Sie die Moeglichkeit, neben Ihrem Bundestagsmandat noch weitere Taetigkeiten zu versehen, dafuer haben die Menschen Sie nicht gewaehlt, auch wenn es nur eine ´Aufwandsentschaedigung´ (die ja erheblich sein kann) dafuer gibt..
Wenn ich das Argument hoere, Politiker arbeiten 60 h die Woche, so stellt sich die Frage was man als Arbeit definiert (Essen, Trinken, sich in Unternehmen bewirten lassen, Treffen mit Lobbyisten etc., )?.

Und letztlich, warum haben Sie und Ihre Fraktion nicht dem Mindestlohngesetzesantrag der Linken zugestimmt, der ja aus der SPD Feder stammt. Nein, jetzt wird erstmal eine Volksbefragung in Hessen gemacht, wollen Sie die Waehler fuer bloed verkaufen und geht es nur um Macht und nie um pragmatische Loesungen?

Mit besten Gruessen

Peter Stauvermann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Stauvermann,

der in Ihrem Schreiben geäußerte Vorwurf verkennt, dass sich Wahlversprechen nur einlösen lassen, wenn man die Macht, sprich Mehrheiten, dazu hat. In einem föderalen Staat wie Deutschland bedarf es dazu, sowohl auf der Ebene des Bundes, als auch in der Länderkammer entsprechender Mehrheiten, die wir als SPD-Fraktion aber nicht haben. Mit unserem Koalitionspartner haben wir das was wir - ungeachtet gegensätzlicher Positionen in vielen Politikfeldern - gemeinsam umsetzen können festgehalten. Bei zwei annähernd gleich starken Partnern läuft das darauf hinaus, dass sich mal der eine oder andere durchsetzen kann, bzw. Kompromisslösungen erzielt wurden. Das ist oft nicht befriedigend und kostet viel Arbeitszeit und Mühen - ist aber leider unumgänglich. Das Wählervotum hat uns und auch der CDU/CSU 2005 keine anderen Möglichkeiten zur Regierungsbildung gelassen. Der Koalitionsvertrag ist der Leitfaden, den wir nun Stück für Stück abarbeiten. Bei vielen Themen, nur um einige zu nennen wie z.B. Erhalt des Kündigungsschutzes, Atomausstieg, Arbeitslosengeld, Lohn- oder Energie- Klimapolitik, ist eindeutig eine sozialdemokratische Handschrift erkennbar - auch in der Großen Koalition.

Ich widerspreche Ihrer diffamierenden und pauschalen Darstellung ausdrücklich, dass PolitikerInnen nichts leisten und Ihr Geld beim Essen und Trinken verdienen. Ebenso hätten Sie sich den Vorwurf ersparen können, dass ich neben meinem Mandat weitere sog. Nebentätigkeiten ausübe. Ein Blick in die öffentlich zugänglichen Angaben hätte genügt um zu wissen, dass ich keinerlei Nebeneinkünfte beziehe. Es ist richtig, dass Abgeordnete eine steuerfreie Aufwandsentschädigung erhalten. Von dieser müssen alle Kosten bestritten werden, die im Zusammenhang mit meinem Mandat entstehen (z.B. Bürokosten im Wahlkreis (Miete, Sachkosten, Benzin, PKW-Anschaffung und Unterhalt etc.)). Steuerlich geltend machen kann ich keine dieser Kosten. Als Abgeordnete eines ländlichen Wahlkreises bin ich trotz einer Netz-Bahncard auf einen zusätzlichen PKW angewiesen, da ich häufig am Wochenende oder in den Abendstunden Termine wahrnehmen muss, zu denen keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr fahren, da kein flächendeckender ÖPNV existiert.

Mein Bahnticket halte ich grundsätzlich für gerechtfertigt. Als Abgeordnete habe ich im Grunde genommen mindestens zwei feste Arbeitsplätze - einen in Berlin und einen im Wahlkreis, darüber hinaus nehme ich auch Termine außerhalb dieser Orte im (gesamten) Bundesgebiet wahr. Ich kenne keinen Mitarbeiter in einem Betrieb mit mehreren Zweigstellen, der seine Dienstreisen - und um solche handelt es sich, wenn ich regelmäßig nach Berlin fahre - aus eigener Tasche finanzieren muss.

Was den Mindestlohnantrag betrifft: Hierbei handelte es sich um einen durchsichtigen und populistischen Versuch der LINKEN die SPD vorzuführen. Selbstverständlich war den Initiatoren der Aktion bekannt, dass wir gegen unsere eigene Überzeugung/Antrag stimmen mussten. Andernfalls wäre ein Scheitern der Großen Koalition wohl kaum zu vermeiden gewesen. Ich bin aber der Meinung, dass wir den Wählerwillen von 2005, der mit großer Mehrheit eine große Koalition unterstützte bis zum regulären Ende der Legislaturperiode umsetzen sollten, auch wenn das unbequem ist.

Mit freundlichen Grüßen

Ingrid Arndt-Brauer