Frage an Ingrid Nestle bezüglich Menschenrechte

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Ingrid Nestle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manuel S. •

Frage an Ingrid Nestle von Manuel S. bezüglich Menschenrechte

Sehr geehrte Frau Ingrid Nestle,

Mein Anliegen liegt in der Zwangseinweisung in der Psychiatrie. Ich muss erleben, dass Menschen in einer geschlossenen psychiatrisches Krankenhaus untergebracht sind, ohne das das eine Fremdgefährdung vorhanden weder noch eine Eigengefährdung vorhanden ist.

Menschen, die Fremd gefährdet oder eigen gefährdet sind gehören in einer geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus um ihnen Schutz vor sich selbst und anderen zu schützen. Ich würde mir von der Politik wünschen das man auch damit sich auseinandersetzt damit das PsychKG – Gesetze und Verordnungen nicht ausgenutzt wird um einfach Menschen Zwangseinzuweisen.

Frage: Wie kann man Menschen vor dieser Situation schützen, dass sie nicht zu Unrecht in dem psychiatrischen Krankenhaus einweist? Wer kontrolliert die Gerichte und Richter die so ein Beschluss zur Zwangseinweisung ausstellen? Nach meiner Meinung muss einer die Gerichte und Richter kontrollieren damit auch ein Gericht nicht einfach Rechtsbeugung begehen kann oder wie sehen Sie es? Vor allen wie kann man den Menschen wieder entschädigen, der zu Unrecht in einer psychiatrischen Klinik eingewiesen worden ist? Ich würde sagen gar nicht, weil das sehr an die Würde des Menschen geht und auch an die körperliche und psychische Unversehrtheit des Menschen geht. Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

Mit freundlichen Grüßen
M. S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

ich danke Ihnen, dass Sie dieses wichtige Thema ansprechen. Das Selbstbestimmungsrecht aller Menschen zu stärken und Zwangsmaßnahmen zu vermeiden sind für uns in der grünen Bundestagsfraktion schon lange wichtige Themen, für die wir uns stark machen. Ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen einer betreuungsrechtlichen Unterbringung sind schwere Grundrechtseingriffe, sind also immer nur die allerletzte Möglichkeit, wenn keine andere, mildere Maßnahme möglich ist. Es ist enorm wichtig, dass Menschen in psychiatrischen und psychosozialen Krisen in ihrer Autonomie und Selbstbestimmung gefördert werden. Außerdem muss der behandelnde Arzt versuchen, die auf Vertrauen und Einsicht gegründete Zustimmung des Patienten zu erreichen. Meist aufgrund eines Mangels an Zeit, einem Konzept und häufig auch Personal, kommt dieser Schritt im psychiatrischen Alltag zu kurz. Behandlungen gegen deren Willen werden von vielen Patientinnen und Patienten oft als traumatisierend und entwürdigend erlebt. Schwere Eingriffe in die Grundrechte von Menschen, wie Zwangsmaßnahmen, müssen konsequent kontrolliert werden. Wir bringen uns daher seit langer Zeit für ein dauerhaftes Monitoring über Anzahl, Dauer und Durchführung von Zwangsbehandlungen ein, um Missstände in der Praxis und gesetzliche Fehlentwicklungen zu erkennen und zu verändern.
Leider liegt ein Ende des Zwangs in der Psychiatrie noch nicht vor, obwohl es in den psychiatrischen Krankenhäusern ein stärkeres Bewusstsein für den mit der Anwendung von Zwang verbundenen Grundrechtseingriff zu geben scheint. Wir engagieren uns weiterhin, um die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Betroffenen darf man ihre Entscheidung nicht abnehmen, sondern muss sie in der Entscheidungsfindung unterstützen. Maßgeblich ist, die psychiatrische-psychotherapeutische Versorgung so zu organisieren, dass stationäre Aufenthalte und Zwang von vornherein vermieden werden. Deshalb benötigen wir weitgehende Angebote der akuten Krisenhilfe sowie ausreichend psychotherapeutische Therapieplätze und kurze Wartezeiten.

Dies betrifft nicht nur die Behandlungsstruktur niedergelassener Therapeut*innen, sondern auch die Krankenhäuser. Dazu zählen verbindliche Personalstandards, zusätzliche Sitzwachen und Rückzugsräume in einer reizarmen Umgebung. Zudem wollen wir psychiatrische Krankenhäuser verpflichten, Patientinnen und Patienten mit wiederkehrenden Krisen eine Behandlungsvereinbarung anzubieten. Auf diese Weise können Betroffene selbständig und freiwillig in Absprache mit ihren behandelnden Ärztinnen oder Psychotherapeuten entscheiden, wie sie im Zustand der Einwilligungsunfähigkeit behandelt werden möchten. Zudem soll das Fortbildungsangebot im Bereich der Deeskalation für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kliniken erweitert werden. Eine weitere Option ist, dass Besuchskommissionen alle Arten der Unterbringung und der Zwangsbehandlung in Einrichtungen unter Beteiligung von Betroffenen und Angehörigen kontrollieren können.

Mit freundlichem Gruß

Ingrid Nestle

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