Frage an Jan Korte bezüglich Recht

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Jan Korte
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Frage von markus f. •

Frage an Jan Korte von markus f. bezüglich Recht

bitte nehmen sie stellung zu dem skandalurteil gegen peter hartz.
ist unsere justiz so korrupt wie die unternehmen?

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Sehr geehrter Herr Fendel,

ich teile Ihre Einschätzung, dass es sich bei dem Urteil gegen den ehemaligen VW-Personalvorstand Peter Hartz um ein Skandalurteil handelt. Durch einen "Handel mit der Gerechtigkeit" lässt sich kein Rechtsfrieden herstellen. Ein solches Verhalten verletzt das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden.

Das vom Gericht verhängte Strafmaß von zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe von 576.000 Euro ist angesichts einer Vielzahl von Fällen der Untreue und der Begünstigung eines Betriebsrats unvertretbar niedrig. Bei Schadenssummen von mehr als 2,5 Millionen Euro, die sich aus Tathandlungen über einen Zeitraum von zehn Jahren ergeben, werden üblicherweise Freiheitsstrafen nicht unter fünf Jahren verhängt. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass Peter Hartz nicht vorbestraft ist. Sein Geständnis kann schon deswegen keine besondere entlastende Wirkung entfalten, weil er nicht einmal die Kraft gefunden hat, es selbst vorzutragen, sondern es nur durch einen Verteidiger verlesen ließ.

Absprachen müssen meiner Meinung nach gesetzlich verboten und nicht – wie es die Bundesjustizministerin will – gesetzlich geregelt werden. Die gesetzliche Regelung von Absprachen stellt eine Kapitulation vor einer Praxis dar, die zu Recht als ungerecht kritisiert wird, da sie auf ein "Zweiklassenstrafrecht" hinausläuft:

Die Reichen und Mächtigen profitieren von der Milde des Gesetzes, indem sie mit Hilfe teuer bezahlter Anwälte Einstellungen gemäß § 153a StPO (Ackermann, Esser, Calmund und andere) oder Bewährungsstrafen (Hartz) erreichen, während für den Rest der Bevölkerung die Härte des Gesetzes bleibt (Geld- und Freiheitsstrafen). Durch ein solches "Zweiklassenstrafrecht" nimmt der Rechtsstaat dauerhaft Schaden, weil dieser insbesondere die Gleichheit vor dem Gesetz fordert.

Der Anwendungsbereich des Paragrafen 153a Strafprozessordnung, der die Einstellung eines Verfahrens gegen Auflagen und Weisungen erlaubt, muss endlich auf sein ursprüngliches Feld, die Bagatellkriminalität, zurückgeführt werden. DIE LINKE. wird im Bundestag entsprechende Initiativen ergreifen, damit sich in der Öffentlichkeit der Eindruck nicht festsetzt, dass die „Justiz so korrupt wie die Unternehmen ist“.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Korte

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