Frage an Jan Korte bezüglich Recht

Portrait von Jan Korte
Jan Korte
DIE LINKE
97 %
31 / 32 Fragen beantwortet
Frage von Hartmut Frank M. •

Frage an Jan Korte von Hartmut Frank M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Korte!

Gestern passierte in Winnenden in der Nähe von Stuttgart ein großes Unglück. Ein 17 jähriger lief Amok und erschoß viele Opfer und sich selbst.

Ich stelle mir die Frage, was die Schein-Debatten der Politiker bewirken sollen? Man könnte m.E. einen ganz einafchen Schnitt machen, nämlich alle registrierten Waffen in Privathand einziehen und keine weiteren Waffenscheine mehr für Privatpersonen ausstellen.
Auch finde ich es bedenklich, dass viele Unions-und SPD-Politiker, die offensichtlich schärfere Waffengesetze ablehnen, uns ständig ihren Gott aufdrängen. Ich denke, statt beten sollten sie handeln.
Wie schätzen Sie den Druck der Waffenlobby ein? Gibt es aufgrund dieser Lobby keine schärferen Gesetze?

Wie ist die Position Ihrer Partei hierzu? Sind Sie für ein Waffenverbot in den Händen von Privatleuten?

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Frank Mueller

Portrait von Jan Korte
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mueller,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund einer Erkrankung leider erst jetzt beantworten kann.

Nach den dramatischen Ereignissen in Winnenden hat sich die Bundestagsfraktion DIE LINKE entschieden, eine Neuausrichtung des Waffenrechts anzustreben. Wir haben uns dazu entschlossen, Waffen aus Privathaushalten zu verbannen und ihre zentrale Registrierung zu ermöglichen. Damit ist weder die Illusion verbunden, für alle Zukunft Ereignisse wie in Winnenden garantiert verhindern zu können, noch verstehen wir das als Diskreditierung und Diffamierung von Sportlerinnen und Sportlern, Sammlern oder anderen Waffennutzern.

1. Alle bisherigen Überlegungen zielten auf eine Verschärfung der
Bestimmungen des Waffenrechts im Sinne einer besseren Sicherung
der Waffen, getrennter Aufbewahrung von Munition und Waffen,
Eignungsprüfungen des Käufers/Antragsstellers auf eine Waffe,
Verpflichtung zu sicherer und sorgfältiger Registrierung u.v.a.m.

Es ist uns wohl bewusst, dass alle diese Maßnahmen für viele Waffenliebhaber, Sportlerinnen und Sportler und für die, die berufsmäßig Waffen benutzen, wie eine nicht gerechtfertigte Zumutung gewirkt haben. Viele Briefe und Stellungnahmen, die wir erhalten, drücken das oft auch sehr drastisch aus.

Wir stimmen all denjenigen zu, die sagen, dass Tragödien, wie die in Winnenden, Erfurt, Emsdetten und anderswo mit hundertprozentiger Sicherheit nie zu verhindern sein werden. Und wir sind auch der Überzeugung, dass das Waffenrecht eher der kleinere Teil des Problems ist. (Verbesserung der Situation in den Schulen, Computerspiele, Gewaltverherrlichung u.a.).

Doch auch hier muss selbstverständlich über Verbesserungen und Änderungen nachgedacht werden. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass weitere Vorschriften zur Sicherung von Waffen in Privathaushalten oder gar intensive, unangemeldete Kontrollen keine Verbesserung darstellen, bzw. unrealistisch sind.

2. Es gibt keinen vernünftigen Grund, Waffenbesitz und
Waffen-Aufbewahrung in Privathaushalten gleich zu setzen. Nicht
Waffen sollen verboten sein, sondern Privatwaffen sollen – wie
viele andere Sportgeräte auch – in bestimmten Räumen außerhalb der
privaten untergebracht und gesichert werden.

Es geht nicht – wie oft in Briefen beschwörend geschrieben wird – um ein Waffenverbot. All die Argumente, die gegen Verbote (Prohibition in den USA, Drogen) wegen ihrer faktischen Unwirksamkeit vorgebracht werden, gehen deshalb am Problem vorbei.

Unser Ziel ist es, den spontanen Griff zu einer achtlos liegen gelassenen Waffe so gut es geht unmöglich zu machen.

3. Die von uns vorgeschlagene Regelung bedeutet geringere Eingriffe
in individuelle Rechte als beispielsweise unangemeldete
Kontrollbesuche mit Wohnungszutrittsrechten, biometrische
Sicherungen oder gar Datenverbünde von Schulen, Waffenbesitzern,
Jugend- und Ordnungsämtern.

4. Alle die, die uns schreiben, in Sport- und Schützenvereinen
wollten sie Kinder und Jugendliche zum Respekt und zum
vorsichtigen Umgang mit Waffen erziehen, sollten diese Regelungen
mittragen können. Zum sorgfältigen Umgang gehört es auch, dass
konsequent unterschieden wird zwischen Waffenfetischismus und
Sport, zwischen Verherrlichung und Liebhaberei. Und in diesem
Sinne hoffen wir auf Unterstützung einer Wende im Waffenrecht auch
aus Ihren Reihen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jan Korte

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Jan Korte
Jan Korte
DIE LINKE