Frage an Jan-Marco Luczak

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Jan-Marco Luczak
CDU
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Frage von Harald K. •

Frage an Jan-Marco Luczak von Harald K.

Sehr geehrter Herr Dr. Luczak,

mit Erstaunen nehme ich zur Kenntnis, dass ein 3. Hilfspaket für Griechenland in Kürze im Deutschen Bundestag zur Abstimmung stehen wird. Dabei soll es sich um mehr als 50 Mrd. Euro handeln.

Ich schlage vor, hierzu genauso wie in Griechenland, ein Referendum durchzuführen.

Von der Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, wurde immer wieder versprochen, dass es ein 3. Hilfspaket nicht geben wird sowie ein Schuldenschnitt nach den EU-Verträgen nicht möglich ist.

Nach Griechenland sind bisher mehr als 300 Mrd. Hilfsgelder geflossen, die dort zu keiner Verbesserung in diesem Land geführt hat. Dies lag an der unverantwortlichen Politik der verschiedenen dortigen Regierungen. Es ist nicht erkennbar, dass sich diese Politik in Zukunft ändern wird.

Aus meiner Sicht kann die bisherige Griechenlandpolitik nicht so weitergeführt werden, indem nun weitere Steuergelder in größerem Umfang dorthin ausgezahlt werden. Es würde sich wie bisher immer herausstellen, dass versprochene Maßnahmen der griechischen Seite nicht oder nur unzureichend umgesetzt werden. Wie die letzten Wochen deutlich gezeigt haben, ist Vertrauen hier nicht angebracht.

Wie werden Sie sich bei einer zu erwartenen Abstimmung über ein 3. Hilspaket sowie eines Schuldenschnittes verhalten?

Mit freundlichen Grüßen

Harald Kortmann

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kortmann,

vielen Dank für Ihre E-Mail! Der Deutsche Bundestag hat heute mit großer Mehrheit die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland beschlossen. Ich weiß, dass dieses Thema viele Bürger – wie Sie – sehr bewegt und auch auf Unverständnis stößt. Aber auch ich habe heute mit „Ja“ gestimmt. Diese Entscheidung war eine der schwierigsten, die ich bislang als Bundestagsabgeordneter zu treffen hatte.

Schuld an der Krise in Griechenland ist nicht der Euro, nicht Europa und erst recht nicht Deutschland. Schuld sind die politischen Eliten in Griechenland, die die Chancen des Euro für ihr Land nicht genutzt, sondern in verantwortungsloser Weise Klientelpolitik betrieben haben. Zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit, der Zukunft ihres eigenen Landes und ihres Volkes.

Bei der Frage eines dritten Hilfspaktes geht es allerdings nicht um Schuld, sondern um Verantwortung. Und Deutschland hat, davon bin ich fest überzeugt, eine Verantwortung für Europa. Diese Verantwortung schließt Solidarität mit anderen Mitgliedstaaten ein. Meine Solidarität gilt dabei den Menschen in Griechenland, nicht der linksradikalen Regierung unter Führung von Ministerpräsident Tsipras. Deswegen ist Griechenland zurecht in den letzten Jahren ein beispielloses Maß an Solidarität entgegengebracht worden, auch und insbesondere von Deutschland.

Auch wegen dieser von uns bereits geleisteten Hilfe hat mich etwa das Verhalten des zeitweiligen Finanzministers Varoufakis mit seinen Provokationen und Unverschämtheiten in höchstem Maße verärgert. Ihnen wird es nicht anders gegangen sein – ich teile Ihre Emotionen.

Allein, davon kann, davon darf ich mich in meinen politischen Entscheidungen nicht leiten lassen.

Mit meiner Zustimmung will ich vielmehr der Verantwortung Deutschlands für Europa gerecht werden. Ein Blick in den Nahen Osten, auf die Barbarei des islamischen Staates, den Bürgerkrieg in Syrien, die Flüchtlingsströme aus aller Welt und nicht zuletzt auf die Ukraine-Krise verdeutlicht, in welch schwierigen Umfeld sich die Welt bewegt, wie fragil der Frieden leider auch auf unserem Kontinent ist. Die Europäische Union war und ist Garant für das friedliche Zusammenleben der Völker – sie ist Friedens-, Freiheits- und Wertegemeinschaft. Für das gemeinsame Europa ist die CDU stets eingetreten – von Konrad Adenauer über Helmut Kohl bis Angela Merkel. Ein Austritt Griechenlands aus dem Euroraum oder gar der EU wäre insofern ein fatales Signal: Griechenland ist Teil der europäischen Wertegemeinschaft und soll es bleiben.

Dennoch war für mich persönlich immer klar: Es gibt keine Griechenland-Rettung um jeden Preis! Hilfe und Solidarität kann es nur gegen substanzielle Reformen geben. Dieses Prinzip hat auch die Verhandlungen in den letzten Tagen und Wochen bestimmt – die Eigenverantwortung Griechenlands muss im Mittelpunkt stehen.

Deswegen haben Angela Merkel und Wolfgang Schäuble bei den Verhandlungen am vergangenen Wochenende harte Reformauflagen durchgesetzt. Wer sich die Vereinbarungen ansieht, wird erkennen, dass sich Griechenland zukünftig in einem sehr engen Rahmen bewegt und alle eigenen Initiativen engmaschig von EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds kontrolliert werden.

Das ist hart. Das ist aber auch notwendig! Denn Solidarität hat ihre Grenzen dort, wo sich ein Partner nicht an gemeinsame Regeln und Absprachen hält. Hier ist Vertrauen in den vergangenen Wochen von der griechischen Regierung zerstört worden. Deswegen ist es richtig, dass weitere Hilfen nur gewährt werden, wenn Vorbedingungen erfüllt und Zusagen tatsächlich eingelöst worden sind. Auf Absichtserklärungen und unverbindliche Beschlüsse können wir nicht mehr vertrauen. In dieser Woche hat das griechische Parlament tatsächlich erste wesentliche Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht hat. Dazu zählen eine Reform des Rentensystems und der Mehrwertsteuer sowie die Absicherung der Unabhängigkeit des griechischen Statistikamtes. Das war für uns Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt der Aufnahme von Verhandlungen zustimmen. Es ist ein positives Zeichen, dass erstmals auch die Opposition diese Reformpakete breit mitgetragen hat und Verantwortung übernimmt.

Klar ist für mich: Die Entscheidung vom heutigen Tage bedeutet nur, dass wir Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket führen. Ob diese Verhandlungen erfolgreich sein werden und tatsächlich zu einem Hilfspaket führen, ist damit nicht vorweggenommen. Es liegt allein an Griechenland, ob es dazu kommt. Aber das griechische Volk, das unter dem Versagen seiner Eliten leidet, hat diese Chance verdient. Eine Auszahlung von Geldern darf aber erst erfolgen, wenn tatsächlich Reformen umgesetzt wurden. Ich werde diesen Prozess sehr kritisch begleiten und sage deutlich: Die Option eines vorübergehenden Grexits bleibt auf dem Tisch!

Oft sagt man Bundeskanzlerin Angela Merkel nach, sie führe nicht, warte ab, in welche Richtung eine Diskussion geht. Hier hat die Bundeskanzlerin geführt – sie hat klar für die Zustimmung für die Verhandlungsaufnahme geworben. Wenn ich auch der griechischen Regierung nicht vertraue, ich vertraue Angela Merkel als unserer Bundeskanzlerin. Und ich vertraue Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der in harten Verhandlungen dieses Ergebnis erreicht hat. Für mich ist mein heutiges „Ja“ auch ein Vertrauensbeweis an diese beiden. In der Sache ist es vor allem eine Entscheidung für Europa. Und damit letztlich auch eine Entscheidung für unser Land, das im Herzen unseres Kontinentes liegt und von der europäischen Einigung wie kein zweites profitiert.

Ich hoffe, ich konnte bei Ihnen ein wenig Verständnis für meine Position wecken. Ein „Nein“ wäre in vielerlei Hinsicht die leichtere Entscheidung gewesen. Aber, davon bin ich überzeugt, nicht die verantwortungsvollere.

Mit herzlichen Grüßen
Jan-Marco Luczak

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