Ihre Analyse zum EU-Wahlergebnis?

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Janine Wissler
DIE LINKE
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Frage von Pascal K. •

Ihre Analyse zum EU-Wahlergebnis?

Sehr geehrte Frau Wissler,

als Parteimitglied beunruhigen mich die 2,7% bei der Europawahl. Es gab mal Zeiten, da war Die Linke (bzw. PDS) stärker als die Grünen, zeitweise sogar drittstärkste Kraft im Bundestag hinter Union und SPD. Mehrheiten für R2G waren gegeben.

2021 dagegen schickten die Grünen Baerbock ins Kanzler-Triell, während die Linke dann bei der Wahl weniger als 5% erreichte. Die Wahlwanderung zeigte, dass man über eine Million Wähler hauptsächlich an Grüne und SPD verloren hat.

Der Rechtsruck ist eine Sache. Der Abwärtstrend der Linken zeigt sich jedoch auch unabhängig davon. Wie erklären Sie sich, dass Die Linke ihre Vorherrschaft als linke, progressive Stimme an die Grünen verloren hat? SPD und Grüne kommen zusammen auf 30% in Umfragen, wir haben 3%. Wie ordnen Sie das EU-Wahlergebnis ein, welche Schlüsse ziehen Sie als Parteiführung daraus und warum? Die Zeit wird knapp. Welche Reformen plant Die Linke jetzt, um 2025 nicht an der Sperrklausel zu scheitern?

LG

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Pascal K.,

vielen Dank für Ihre Frage zur Europawahl 2024.

Wir bedauern, dass wir das selbst gesteckte Ziel, die Stimme der Linken zu stärken, nicht erreicht haben. Die Partei hat schwierige Zeiten durchlebt, und dieses Ergebnis unterstreicht die Notwendigkeit unserer weiteren Arbeit, um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zurückzugewinnen.

Bereits vor der Europawahl haben wir mit einem Aufarbeitungsprozess begonnen. Wir diskutieren intensiv, wie wir dieses Ergebnis bewerten und unsere Neuaufstellung weiter vorantreiben können. Dies geschieht in einem gemeinsamen, solidarischen und selbstkritischen Prozess, während wir sowohl auf die Bundestagswahl 2025 als auch auf die kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Hamburg blicken.

Unsere unermüdliche Arbeit konzentriert sich auf zentrale Themen unserer Zeit: soziale Gerechtigkeit, die Sicherung der Daseinsvorsorge, Frieden, Flucht und Migration sowie einen sozial gerechten Klimaschutz. Wir setzen uns dafür ein, diese Anliegen entschlossener nach außen zu kommunizieren.

Europa erlebt derzeit einen historischen Rechtsruck. Parteien wie AfD, FPÖ, Le Pen und Meloni haben an Einfluss gewonnen, und diese Entwicklung war nicht nur im aktuellen Wahlkampf, sondern auch in den Jahren zuvor zu beobachten. Es ist wichtig, nicht nur über die extremen Rechten zu sprechen, sondern auch über jene, die dieses Klima ermöglicht haben.

Es ist offensichtlich, dass die Übernahme und Umsetzung rechter Forderungen durch etablierte Parteien die Rechten nicht schwächt. Ebenso wenig werden Rechte durch Ausgrenzung und Abschottung bestimmter Menschengruppen geschwächt. Im Gegenteil haben solche Maßnahmen und das gezielte Ausspielen von Schwächeren und diskriminierten Gruppen als Sündenböcke für politische Versäumnisse die extremen Rechten gestärkt und ihren Einflussbereich erweitert.

In dieser Hinsicht bleiben wir klar und beharren darauf, unsere Positionen nicht in Richtung dieser Politik zu verschieben. Wir stehen fest gegen Rechts und treten für eine gerechte und solidarische Gesellschaft ein.

Mit freundlichen Grüßen,

Janine Wissler, MdB

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