Frage an Jessica Tatti bezüglich Umwelt

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Jessica Tatti
BSW
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Frage von Günther R. •

Frage an Jessica Tatti von Günther R. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Tatti,

in den letzten Monaten haben tausende Menschen beim „Aufbruch 2017“ der Bürgerbewegung Campact in Wohnzimmern, Cafés und unter freiem Himmel darüber diskutiert, welche Aufgaben eine neue Bundesregierung angehen muss. Über 75.000 haben über die Ergebnisse dieser Diskussionen abgestimmt, herausgekommen ist ein Kompass mit 10 Forderungen für demokratischen, sozialen und ökologischen Fortschritt.
Auch ich mache beim „Aufbruch 2017“ mit – und lebe in Ihrem Wahlkreis. Bevor ich am 24. September wähle, möchte ich gerne wissen, wie Sie zu den Themen stehen, die mir und so vielen anderen wichtig sind. Ich habe Ihnen deshalb unsere 10 Forderungen als PDF angehängt:
https://blog.campact.de/wp-content/uploads/2017/08/Kompass_Broschuere_kurz.pdf
Bitte erklären Sie mir kurz, wie Sie und Ihre Partei sich im Falle einer Regierungsbeteiligung dazu verhalten würden.
Insbesondere würde mich interessieren, wie Sie zu dem heimlichen Ausstieg aus dem Klimaabkommen stehen, der durch den Weiterbetrieb und die weitere politische und wirtschaftliche Förderung der Kohlekraftwerke, insbesondere der Braunkohle-Kraftwerke stehen. Können Sie ein deutliches Statement abgeben, ob Sie bereit sind, den Ausstieg aus der Kohleenergie politisch voranzutreiben.
Ich freue mich auf Ihre Antwort

Mit freundlichen Grüßen,
G. R.

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BSW

Sehr geehrter Herr Roth,

vielen Dank für Ihre Nachricht, ich werde die Camapact-Forderungen der Reihe nach beantworten.

Mit freundlichen Grüßen,

Jessica Tatti

1. Die Linke setzt sich für eine solidarische Gesundheitsversicherung ein, in die alle Erwerbstätigen (auch Selbstständige, Beamte und Abgeordnete) einzahlen. Sie ist paritätisch von Arbeitgebern und Beschäftigten zu finanzieren und soll für alle eine gleich- und hochwertige medizinische Versorgung sicherstellen, ohne Zuzahlungen wie für Brillen oder Zahnersatz. Die private Vollversicherung wollen wir damit abschaffen und dadurch die Zwei-Klassen-Medizin beenden. Die Linke fordert 100.000 Pflegekräfte mehr, um in der Pflege mindestens den europäischen Durchschnitt des Personalschlüssels zu erreichen, und will mit einer gesetzlichen Personalbemessung endlich festlegen für wieviele Patientinnen und Patienten maximal eine Pflegekraft verantwortlich sein darf.

2. Wir wollen das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Gleichzeitig ist eine soziale Arbeitsmarktpolitik notwendig, die Niedriglöhne und unsichere Beschäftigung wirksam bekämpft, die zu geringen Renten führen. Mit einer einkommens- und vermögensgeprüften Mindestrente, die zu niedrige Renten auf 1050 Euro aufstockt will Die Linke verhindern, dass Menschen im Alter unterhalb der Armutsgrenze leben müssen. Sie soll aus Steuern finanziert werden. Um die Gesetzliche Rentenversicherung zu stärken, wollen wir die staatlichen Zuschüsse und die Beitragsbemessungsgrenze deutlich erhöhen und schrittweise eine Erwerbstätigenversicherung umsetzen, in die alle nach der Höhe ihres Einkommens einzahlen.

3. Die Linke fordert die Millionärssteuer ab der zweiten Million in Höhe von fünf Prozent. Das könnte 80 Milliarden mehr im Jahr bringen für eine gute Daseinsvorsorge für alle: Gute KiTas, Bildung, Barrierefreiheit, bezahlbare Wohnungen und einen attraktiven ÖPNV aus Bus und Bahn. Hier wollen wir ein gut abgestimmtes Netz aus Bus und Bahn sowie Carsharing und Radwegenetz, auch in der Fläche. Der ÖPNV muss so attraktiv werden, dass das Auto stehen bleibt. Die Linke setzt sich perspektivisch für den ticketfreien ÖPNV ein, beginnen wollen wir damit bei Schülerinnen und Schülern und Auszubildenden. Wir wollen ein Sozialticket einführen, um allen Mobilität zu ermöglichen.

4. Zur Demokratie gehört eine unabhängige Politik, die für mich im Dienste der Menschen und nicht der Banken und Konzerne stehen muss. Meine Partei fordert daher ein Lobbyregister, das verbindlich, transparent und maschinenlesbar ist. Außerdem wollen wir untersagen, dass Lobbyisten bei Bundesministerien oder Bundestagsabgeordnete bei Unternehmen oder Lobbyorganisationen beschäftigt sind. Die Linke nimmt, leider als einzige Partei im Bundestag, keine Unternehmensspenden an. Wir wollen diese ganz verbieten und gleichzeitig die Spenden von Privatpersonen auf 25.000 Euro jährlich begrenzen, um die unanständige Beeinflussung der Politik einzudämmen.

5. Die Linke lehnt die Freihandelsabkommen aus demokratischen Gründen ab - gemeinsam mit Hunderttausenden, die dagegen auf die Straße gegangen sind. Das gleiche gilt für die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) mit den AKP-Staaten (Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten) und andere unfaire Handelsabkommen der EU mit den Ländern des globalen Südens. Diese Abkommen sollen Märkte öffnen und Privatisierungen zementieren, sie zerstören häufig aufkeimende Wirtschaftsstrukturen der Entwicklungsstaaten, weil diese im Preiswettbewerb der Produkte nicht mithalten können. Wir brauchen einen gerechten Welthandel mit hohen ökologischen und sozialen Standards, die streng kontrolliert werden und nicht durch Freihandel massiv gefährdet werden.

6. Die Linke will den Steuervollzug personell bedarfsgerecht ausstatten und eine Bundesfinanzpolizei aufbauen, um Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen und Steueroasen auszutrocknen. Gleichzeitig wollen wir europaweite Mindestsätze für Unternehmenssteuern gegen Steuerdumping durchsetzen.

7. Wir wollen eine schnellstmögliche Energiewende hin zu 100 Prozent erneuerbaren Energien. Dazu müssen die Weichen heute gestellt werden. Der Umbau der Stromnetze muss konsequent vom Endpunkt einer erneuerbaren Vollversorgung her gedacht werden. Er muss zukünftige Strom- und Wärmespeicher berücksichtigen, deren Entwicklung in den kommenden Jahren massiv zu fördern ist. Damit kann Deutschland schon lange vor dem Jahr 2050 zu hundert Prozent klimaschonend aus erneuerbaren Energien versorgt werden. Die Energieversorgung muss aber nicht nur auf eine erneuerbare Basis umgestellt, sondern auch demokratisiert werden. Dies bedeutet unter anderem die Überführung der Strom- und Wärmenetze in die öffentliche Hand, die Entmachtung der Energiekonzerne und die Rekommunalisierung der Energieversorgung.

8. DIE LINKE und ich fordern den zügigen Ausstieg aus der Kohleverstromung als klimaschädlichste Form der Stromgewinnung. Wir brauchen ein Kohleausstiegsgesetz, das feste Restlaufzeiten für die bestehenden Kohlekraftwerke regelt und den Bau neuer verbietet. Das letzte Kohlekraftwerk soll in Deutschland spätestens im Jahr 2040 vom Netz gehen. Ein gesetzlich fixierter Ausstieg aus der Kohle- und Atomkraftnutzung gibt Planungssicherheit für eine soziale Gestaltung des Strukturwandels in den Braunkohlerevieren und an den Kraftwerksstandorten.

Zur aktuellen Campact E-Mail „Die Linke will uns verkohlen“ folgende Pressemitteilung:

DIE LINKE bleibt dabei: Deutschland braucht einen zügigen, sozialverträglichen und planbaren Ausstieg aus der Braunkohleverstromung

24. August 2017 Kipping, Riexinger, Görke

Zur aktuellen Debatte um den Klimaschutz stellen die Vorsitzenden der LINKEN im Bund und in Brandenburg, Katja Kipping, Bernd Riexinger und Christian Görke klar:

Die LINKE engagiert sich seit Jahren für eine Energiepolitik, die Klima- und Verbraucherschutz beinhaltet. Mit der LINKEN gibt es kein Zurück beim Klimaschutz. Die im Brandenburger Koalitionsvertrag vereinbarten Zielstellungen bestimmen unser Handeln. Gleichzeitig betonen wir noch einmal: weder Landesvorstand noch Landtagsfraktion haben davon abweichende Beschlüsse gefasst. Die Diskussion, wie die vereinbarten Ziele erreicht werden können, ist notwendig und sinnvoll und dafür werden wir uns die Zeit nehmen, die notwendig ist. Sie werden unter Einbeziehung aller Akteurinnen und Akteure geführt.

Ausgangspunkt und Grundlage für die Diskussion ist unsere Überzeugung, dass Deutschland einen zügigen, sozialverträglichen und planbaren Ausstieg aus der Braunkohleverstromung braucht, um seine Klimaschutzziele  zu erreichen und damit auch Vorbild bei den weltweiten Klimaverhandlungen sein zu können. Das heißt, dass Deutschland bei der Neufestlegung der EU-Klimaschutz- und -Energieziele für 2030 nur dann im Interesse des Klimaschutzes wirksam werden kann, wenn es selbst eine Minderung der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 1990 um 60 Prozent erreicht, wie wir es in unserem Wahlprogramm fordern. Leider wird die Bundesregierung - anders als Brandenburg, das zusätzlich führend im Bereich der erneuerbaren Energien ist - schon die diesbezügliche Zielsetzung für 2020 verfehlen und es ist nicht absehbar, dass sich dies bei einer Fortsetzung der Kanzlerschaft Angela Merkels, gleich in welcher Konstellation, ändern wird.

9. DIE LINKE setzt sich für eine tiergerechte und ethisch vertretbare Tierhaltung ein. Die tierhaltenden Betriebe werden immer größer und die Tierhaltung industrieller. Permanente Stallhaltung in Großanlagen setzt sich für viele Bereiche in der Tierhaltung weiter durch. Dabei ist die industrielle Massentierhaltung weder tiergerecht noch ethisch vertretbar. Sie geht in der Regel mit Umweltbelastung (z.B. Gülle, Transporte, etc.) und Arbeitsplatzvernichtung auf kleineren, zumeist bäuerlichen Betrieben einher. Alte landwirtschaftliche Nutztierrassen sterben aus. Ständige Effizienzsteigerungen zur Kostenminimierung gefährden eine tiergerechte Mindestversorgung und Betreuung. Auch Tiertransporte werden immer noch zu wenig kontrolliert und dauern zu lange. DIE LINKE fordert daher unter anderem:

eine bodengebundene und tiergerechte Nutztierhaltung;

quälerische Praktiken in der Tierhaltung zu unterbinden und Transporte lebender Tiere auf maximal vier Stunden zu begrenzen;

die deutliche Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika;

eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung der Behörden zur Durchsetzung des Tierschutzrechtes;

die Einführung neuer hoher Standards für die Tierhaltung: Vor allem ist ein Verbot der Qualzucht und ein Verbot von Amputationen (Schnäbel, Hörner, Schwänze…) erforderlich.

Haltungssysteme müssen an die Tiere angepasst werden, nicht die Tiere an eine möglichst ökonomisch effiziente aber nicht tiergerechte Haltungsform.

Verpflichtende Tierschutzsiegel auf Lebensmitteln

10. Für DIE LINKE ist die Vermeidung von Plastikmüll ein wesentliches Element einer nachhaltigen Rohstoffpolitik. Die Produktion von Kunststoffverpackungen ist mit einem hohen Einsatz fossiler Ressourcen und Energie verbunden. Plastikmüll gefährdet die Ökosysteme und gelangt als Mikroplastik in die Nahrungskette, weil es nicht abbaubar ist. Eine Hersteller- und Händler bezogene Abgabe ist dabei sinnvoll. Gleichzeitig müssen Hersteller und Handel zur Einführung nachhaltiger Transport- und Verpackungssysteme verpflichtet werden. Hierbei gehen für uns Vermeiden und Wiederverwenden vor Recycling und Entsorgung.

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