Frage an Johannes Fechner bezüglich Recht

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Johannes Fechner
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Johannes Fechner von Gerhard R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Fechner,

Coronavirus und Grundgesetz

Infektionsfall bei Flug der deutschen Wirtschaft nach China bestätigt - https://www.rnd.de/wirtschaft/infektionsfall-bei-flug-der-deutschen-wirtschaft-nach-china-bestatigt-ZQQLLBOBPLUP5SWNOLMLVBKVLU.html - Auszug

Obwohl alle Passagiere vor dem Abflug in Frankfurt auf das Virus Sars-CoV-2 getestet worden waren, zeigte ein zweiter Test nach der Ankunft bei dem 34-Jährigen einen positiven Befund, der sich bei der dritten Untersuchung bestätigte. Der Mann zeigt nach Angaben der Gesundheitskommission keine Symptome und ist in Tianjin in einer Quarantäneeinrichtung zur medizinischen Beobachtung untergebracht. Alle Mitreisenden mussten sich ohnehin erst in Quarantäne in einem Hotel der Stadt begeben.

https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/corona-fliegen-101.html
Auszug:
FFP2-Masken oder freier Mittelsitz
Auch Infektionsepidemiologe Ulrichs kritisiert, dass die EU-Kommission OP-Masken oder selbstgenähte Masken als Ersatz für den physischen Abstand erlaube: "Wenn ein kranker Passagier gegen die Maske hustet, dann kann es sehr gut sein, dass dann durch den Druck nach außen, hinten und seitlich dann die Tröpfchen weiterverbreitet werden. Gerade zu den Sitznachbarn." Auch er fordert, dass die Airlines FFP2-Masken an ihre Passagiere ausgeben sollten oder alternativ den Mittelsitz freilassen müssten.
Der Flugzeugforscher Scholz erhebt schwere Vorwürfe gegen die Fluglinien.
Ein freier Mittelsitz könne das Risiko einer Infektion um den Faktor 10 reduzieren, so die Berechnung des Flugzeugforschers Dieter Scholz der Hamburg University of Applied Sciences. Auch er hält das Konzept der EU und der Airlines zum Infektionsschutz für völlig unzureichend: "So kann man Infektionen im Flugzeug auf keinen Fall verhindern. Wir werden belogen, ohne dass die Airlines dabei rot werden."
Fragen zu

Artikel 2 Grundgesetz: Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit: Muss die Bundesregierung darauf bestehen, dass dieser Inhalt immer Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen hat?
Artikel 3 Grundgesetz: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.: Gastwirte haben durch den Sicherheitsabstand Einnahmeverluste. Fluggesellschaften können dies beim freien Mittelsitz ablehnen.
Wird hier der Rechtsstaat beschädigt?

MfG G. R.

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Sehr geehrter Herr R.,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich mit der Bitte um Entschuldigung für die verspätete Beantwortung eingehen möchte wie folgt:

Der von Ihnen beschriebene Fall zeigt einmal mehr, wie tückisch das Covid-19-Virus ist. Nicht bei jedem Test kann einhundertprozentig festgestellt werden, ob eine Infektion vorliegt oder nicht. Gerade deswegen ist es so wichtig, gerade innerhalb von Räumen bei der Zusammenkunft mit Menschen Masken zu tragen und den 1,5 Meter Abstand einzuhalten. Mein Eindruck ist, dass die Fluggesellschaften erheblich dazugelernt haben. Die Passagiere müssen etwa beim Aussteigen noch sitzen bleiben und dürfen nicht alle gleichzeitig aufstehen, um den ansonsten bekannten Stau Schulter an Schulter im Mittelgang zu vermeiden. Insofern ist mein Eindruck, dass insbesondere die Lufthansa die Hygieneschutzmaßnahmen deutlich verbessert hat.

Soweit Sie fragen, ob der Rechtsstaat beschädigt wird, muss bei allen Maßnahmen immer abgewogen werden zwischen dem Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger und den Auswirkungen, d.h. der Intensität der Zumutung für den Einzelnen. Ich finde, in Deutschland haben wir einen guten Weg zwischen diesen Aspekten gefunden. Jeder hat selbstverständlich das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und natürlich muss dies Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen haben. Deshalb haben wir ja vielen Betrieben, etwa der Gastronomie oder Hotels den Betrieb untersagt mit den dramatischen wirtschaftlichen Folgen für die Betriebe. Hier wurde also eindeutig zu Lasten der Unternehmen entschieden zum Gesundheitsschutz. Nun muss es darum gehen, den Unternehmen, die unverschuldet so in finanzielle Schieflagen geraten sind, umfangreich zu helfen, was wir mit unserem über 200 Mrd. Euro schweren Konjunkturprogramm auch tun.

Recht gebe ich Ihnen, dass nicht jede Maßnahme der Länder nachvollziehbar war, insbesondere vor dem Gleichheitsgrundsatz. Ich konnte nicht verstehen, dass Kirchen geschlossen wurden, Baumärkte aber offen hatten. Gastwirte durften jetzt wieder öffnen und haben sicherlich wegen des Sicherheitsabstandes weniger Einnahmemöglichkeiten. Dies gilt auch für Fluggesellschaften, bei denen jedenfalls bei den Flügen, bei denen ich mitgeflogen bin, auf den freien Mittelsitz geachtet wurde.

Letztlich wird der Rechtsstaat auch deshalb nicht beschädigt, weil ja jeder Bürger Verletzungen von Grundrechten vor Gerichten rügen kann. Viele Maßnahmen, etwa die 800-Quadratmeter-Regelung für Verkaufsflächen wurden ja auch konsequenterweise von Gerichten gekippt.

Abschließend halte ich deshalb den Rechtsstaat nicht für beschädigt, gleichwohl manche Corona-Maßnahme von Bundesländern rechtswidrig war und deshalb von Gerichten aufgehoben wurde.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Johannes Fechner

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