Frage an Jürgen Trittin bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Jürgen Trittin
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Frage von Matthias K. •

Frage an Jürgen Trittin von Matthias K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Trittin,

vor dem Hintergrund der Enthüllungen zu PRISM und TEMPORA möchte ich auf diesem Wege anfragen, welche konkreten Maßnahmen Sie treffen oder unterstützen werden, damit die Rechte und Werte der Bundesbürger in Zukunft geschützt werden und Deutschland nicht weiterhin ein Spielball amerikanischer Interessen bleibt?

PRISM und TEMPORA sind nur zwei Beispiele in einer Reihe von Vorfällen der letzten Jahrzehnte, die eine Sache deutlich machen: die USA sind nicht unsere Freunde, sondern stets nur sich selbst der Nächste.

Es ist Ihre Aufgabe, uns Bürger vor derartigen „Freunden“ nachhaltig zu schützen. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die USA und Großbritannien keine personenbezogenen Daten von Bundesbürgern gespeichert haben, ist der Vertrauensbruch eklatant und nicht durch gute Worte und leere Zusicherungen zu kitten.

Es ist für uns Bürger nicht im Ansatz verständlich, warum die Bundesregierungen der Vergangenheit und Gegenwart derartige Übergriffe immer und immer wieder zulassen und die Freiheitsrechte ihrer Wähler immer und immer wieder den „guten Beziehungen zu den USA“ opfern. Es ist an der Zeit, dass die „guten Beziehungen“ ob solch fortgesetzter Übergriffe nachhaltig leiden und dass Sie konsequent unsere Rechte und Werte schützen.

Es ist an der Zeit, dass die deutsche Politik im Sinne der deutschen Bürger handelt und den USA das entgegen bringen, was sie sich in den letzten Jahrzehnten verdient haben: tiefes Misstrauen.

Wie stehen Sie hierzu und was werden Sie zum Schutz Ihrer Wähler konkret unternehmen?

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Klein

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Klein,

vielen Dank für Ihre Email. Auch wir halten die Affäre um Prism, Tempora und Co für einen riesigen Skandal. Der Umfang der Überwachung ist atemberaubend. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird offenbar täglich millionenfach verletzt. Anstatt die Grundrechte der Bürger und die Betriebsgeheimnisse unserer Unternehmen zu verteidigen, hat sich benimmt sich Merkels Koalition das alte buddhistische Gleichnis der drei Affen zum Vorbild genommen, die nichts Böses sehen, nichts Böses hören und schon gar nichts sagen wollen.

Wir fordern, das Datenschutzrecht zu modernisieren und den Artikel 10 Grundgesetz -- das Postgeheimnis -- auszubauen zu einem Kommunikations- und Mediennutzungsgeheimnis auch für die digitale Welt. Dieser Überzeugung waren wir übrigens auch schon vor Prism. Die Forderung steht schon in unserem Wahlprogramm, das verabschiedet wurde, bevor der Skandal aufkam.

Einen Gastbeitrag von Jürgen Trittin und Katrin Göring-Eckardt zum Thema können Sie hier lesen:

http://www.fr-online.de/meinung/gastbeitrag-goering-eckardt-und-trittin-was-tun-gegen-die-totalueberwachung-,1472602,23776856.html

Viele Grüße,

Team Trittin

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Klein,

inzwischen fordern wir seit Monaten die Bundesregierung auf, ihrer Schutzpflicht gerecht zu werden und alle gangbaren Schritte zu tun, um die Menschen in Deutschland vor Ausspähungen zu schützen. Geschehen ist nichts. Um endlich Licht ins Dunkle zu bringen, haben wir eine kleine Anfrage mit über 100 detaillierten Fragen an die Bundesregierung gestellt, auf deren Beantwortung wir nun warten. Die Fragen finden Sie hier: http://www.gruene-bundestag.de/parlament/initiativen/2013/august/kleine-anfrage-ueberwachung-der-internet-und-telekommunikation-durch-geheimdienste-der-usa_ID_4389770.html
In der vergangenen Woche wollten wir im Bundestag über die Spähaffäre und die Schutzpflicht der Bundesregierung diskutieren. Dazu hatten wir folgenden Antrag vorbereitet: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/146/1714676.pdf
Dies wurde von der schwarz-gelben Koalition abgelehnt – das Thema somit nicht im Deutschen Bundestag behandelt.
Wir fordern die Bundesregierung auf, konkrete Maßnahmen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu ergreifen. Dazu zählen:
• ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien anzustrengen. Falls die EU-Kommission nicht bereit ist, ein solches einzuleiten, kann auch die Bundesregierung den Einsatz dieses auch ihr zur Verfügung stehenden Mittels erwägen,
• im EU-Ministerrat darauf hinwirken, dass die Europäische Union die laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP-Abkommen) bis zur weiteren Klärung der Vorwürfe aussetzt,
• im EU-Ministerrat ebenso darauf hinwirken, dass die Europäische Union das Safe-Harbor-Abkommen mit den USA aussetzt und im Einklang mit dem EU-Datenschutzrecht umgehend neu verhandelt, weil aufgrund der bekannt gewordenen geheimdienstlichen Zugriffe auf die Datenbestände privater Unternehmen kein vergleichbares Datenschutzniveau in den USA mehr zugrundegelegt werden kann,
• ein Verfahren vor dem UN-Menschenrechtsausschuss nach Art. 41 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19.Dezember 1966 gegen die USA einleiten.
Weiterhin fordern wir von der Bundesregierung, Edward Snowden aus humanitären Gründen und zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland bei uns aufzunehmen. Denn auch zur weiteren Aufklärung ist Deutschland darauf angewiesen, Edward Snowden zu befragen.
Der Whistleblower Edward Snowden hat haarsträubende und offenbar rechtswidrige Praktiken offengelegt. Snowden hat sich um den Schutz unserer Grundrechte verdient gemacht. Solche Transparenz ist lebensnotwendig für die Demokratie. Es ist beschämend, dass er bei einem autoritären Regime Zuflucht suchen muss.

Viele Grüße,
Team Trittin