Frage an Jürgen Trittin bezüglich Umwelt

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Jürgen Trittin
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Frage an Jürgen Trittin von Peter S. bezüglich Umwelt

sehr geehrter Herr Trittin;

Der derzeitige Agrospritboom führt weltweit zu katastrophalen irreversiblen ökologischen und sozialen Folgen.

Gegenwärtig importiert Deutschland die Hälfte des verbrauchten Agrarsprits mit steigender Tendenz. Die lokal produzierte Menge kann aufgrund der Flächenbegrenzung nicht mehr wesentlich gesteigert werden. Es wird erzwungen gewaltige Mengen an Agrartreibstoff zu importieren.

In den Exportländern werden daher für Palmölplantagen die letzten tropischen Regenwaldfragmente mit gewaltiger Geschwindigkeit gerodet. Unbezahlbare Biodiversität geht hier deswegen unwiederbringlich verloren. Ackerland wird zu gigantischen Monokulturen umgewandelt und Millionen von Kleinbauern und Nomaden werden von dem Land das sie ernärte in die Armmut vertrieben.

Die durch Subventionen, Steuererleichterungen und Beimischquotenuoten mit Öffentlichen Geldern forcierte Naturzerstörung kommt nur wenigen Großkonzernen zugute, der größte Teil der Landbevölkerung verliert seine Existenzgrundlage.

Kosmetische Korrekturen wie Zertifizierungsversuche werden diesem Mechanismus nicht schnell genug Einhalt gebieten könnten. Die Möglichkeiten zur Umgehung durch Landnutzungsrochaden, Rodung und spätere Landnutzungssukzession, Zertifikationsschwindel, Bestechung etc. sind bei diesen Anreizen nicht in den Griff zu kriegen.

Die Böden dieser Welt sind begrenzt, Agrartreibstoffe werden daher immer in Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau und zur Erhaltung von Naturräumen stehen.

Hier von Biosprit zu sprechen ist zynisch. Findet der Anbau auch noch auf Torfböden statt, wo durch Austrocknung des Bodens ein vielfaches des rechnerisch eingesparten CO2s emittiert wird, wird das Wort Nachhaltigkeit komplett ad Absurdum geführt. Indonesien emittiert nur aufgrund von Rodungen mehr CO2 als Deutschland insgesamt.

Sicher kennen Sie die meisten der Argumente. Können Sie es verantworten an einer Agrarspritquote festzuhalten?

MfG Peter Stilz

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Her Stilz,

der Raubbau an den Regenwäldern ist ein großes Problem. Dies ist aber keinesfalls auf die Produktion von Agrarsprit zurückzuführen. Ein Großteil der Palmölproduktion geht in die Kosmetik und Lebensmittelindustrie. Die energetische Nutzung ist bisher noch sehr gering.
Darüber hinaus wird der Regenwald nicht abgeholzt um, Palmölplantagen anzubauen, sondern die Regenwaldrodung erfolgt für die Holznutzung (z.B. Papierherstellung) und auf diesen Flächen werden dann Palmölplantagen errichtet.

Wir fordern einen nachhaltigen Anbau von Pflanzen für die energetische Nutzung. Insbesondere die Treibstoffproduktion muss strenge Kriterien erfüllen. Daher unterstützen wir die EU-Kommission mit ihrer Nachhaltigkeitsverordnung, die vorsieht, dass unter nachhaltigem Anbau ein Anbau verstanden wird, bei dem 30% weniger CO2 entsteht, als dies beider Nutzung von Benzin/Diesel entstehen würde. Darüber hinaus ist die Rodung von Regenwald und Primärwäldern, der Abbau von Mooren oder der
Anbau in Feuchtgebieten bzw. anderen sensiblen Gebieten ausgeschlossen. Dazu ist ein ambitioniertes Zertifizierungssystem notwendig, dass sich zur Zeit im Aufbau befindet.

Nur ein Abbau von Energiepflanzen in tropischen Regionen wird es ermöglichen, die Rohstoffe zur Verfügung zu stellen, um Öl und Gas zu ersetzen. Dies macht aber nur Sinn, wenn der Anbau der Energiepflanzen nachhaltig erfolgt. Dass dies möglich ist, wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, ohne Raubbau an der Natur, dem Regenwald oder den Kleinbauern.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Trittin