Frage an Julia Schramm bezüglich Wirtschaft

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Julia Schramm
DIE LINKE
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Frage von Till R. •

Frage an Julia Schramm von Till R. bezüglich Wirtschaft

Hallo Julia,

euer Parteiprogramm sieht sehr vielversprechend aus. Von dem Schulsystem, das ihr vorschlagt, hätte ich sehr gerne profitiert, naja, ist ja noch nicht zu spät, also strengt euch an.;)
Was mich dann noch interessiert;
1.) Hat die Piratenpartei ein eigenes Konzept hinsichtlich der Wirtschaftspolitik oder kann sie sich da vorbehaltslos der Linkspartei anschließen?
2.) Wie könnt ihr es schaffen der Bevölkerung zu zeigen, dass ihr nicht unbedingt eine Partei mit nur einem einzigen Programmpunkt seit?

Manche wissen, obwohl sie politisch interessiert sind, nicht sehr viel von der Piratenpartei, höchstens die "Sache mit den Urheberrechten", was sie dann aber auch nicht wirklich wissen.
Es gibt sicherlich viele, die ihre eigenen Gedanken und Ansichten in der Piratenpartei fänden, wenn sie das Programm besser kennen würden.
Natürlich kann man als kleine Partei die vorhandene Politikverdrossenheit kaum bekämpfen, aber ihr solltet das Thema Bildung als euren wichtigsten Punkt darstellen, da viele sich automatisch gegen eine Aufhebung/Änderung derzeitiger Rechte/Gesetze stellen, die in irgendeiner Hinsicht ihre individuelle Freiheit betreffen könnten.

Ich wünsche euch einen guten Wahlkampf und viel Erfolg;)

Till Renger

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DIE LINKE

Hallo Till,

erstmal Danke für deine Frage und deine Begeisterung für unser Bildungsprogramm. Ich bin ebenfalls sehr angetan von der "fließenden Schullaufbahn" und hoffe, dass diese in den nächsten Jahren noch weitere Anhänger bekommen wird! Mit dem NRW-Wahlprogramm haben wir überdies zeigen können, dass unsere Kernthemen - Bürgerrechte, Datenschutz, Transparenz, Direktdemokratie, freies Wissen, Internetpolitik - auch auf viele andere Bereiche übertragbar sind und weite Teile des Lebens betreffen. Viele derzeit existierende Missstände in der Wirtschaftspolitik sind aus Sicht der Piratenpartei mangelnder Transparenz und der gezielten Einflussnahme einzelner Interessenverbände geschuldet, so dass bereits die Umsetzung unser Kernforderungen auch zu einer weitgehenden Verbesserungen der politischen Prozesse in diesem Bereich führen würden. Bildung ist und bleibt darüber hinaus ein Kernthema der Piratenpartei - freies Wissen für alle, unabhängig vom sozialen Stand, ist unser erklärtes Ziel, da wir Bildung als den Motor eines stabilen Gemeinwesens betrachten. Chancengleichheit ist darüber hinaus ein wesentliches Element einer funktionierenden Wirtschaft und somit Gesellschaft.

Nun zu deinen Fragen:

1. Die Piratenpartei hat eigene wirtschaftspolitische Vorstellungen und setzt auch bereits eigene Akzente. Allerdings hat sie für die NRW- Wahl noch kein vollständiges wirtschaftspolitisches Programm aufgestellt und auf Bundesebene den Punkt Wirtschaftspolitik noch gar nicht im Parteiprogramm. Das liegt zum einen an der Komplexität des Themas, und damit verbunden fehlender Zeit, sowie noch zu erfolgender Konsensfindung. Was bisher schon als Konsens erarbeitet wurde und auch seinen Einfluss auf das NRW-Wahlprogramm gefunden hat, ist das Bekenntnis zur "sozialen Marktwirtschaft", also eine sozialliberale, pluralistische Lösung, was wohl auch schon zeigt, dass ein anderer Schwerpunkt gesetzt wird als bei der Linkspartei.

Konkret bedeutet das, Monopole zu verhindern und so vielen Akteuren wie möglich eine faire Chance auf dem, möglichst freien, Markt zu geben. Daher stehen wir Zwangsvereinigungen, die vor allem im Handwerk einen starken Einfluss auf die Zusammensetzung ihrer Mitglieder und damit die Zulassung zum Markt ausüben, kritisch gegenüber. Als Lösung schlagen wir die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der IHK, in Kammern und Verbänden vor. Ersetzt werden soll dies durch eine freiwillige Beitrittsmöglichkeit. Ein weiterer Ansatz zur Vergrößerung des Wettbewerbs ist die Vereinfachung der Zulassung neuer Mitarbeiter.

Was uns allerdings mit der Linkspartei verbindet, ist die Bereitschaft, Staatsmonopole und im Rahmen unserer grundgesetzlichen Möglichkeiten Verstaatlichung zu überdenken. Dann allerdings nicht ideologisch motiviert, sondern weil Probleme pragmatisch betrachtet und gelöst werden müssen. Bei einigen infrastrukturellen Bereichen z.B. Verkehrswege und Energienetze erscheint es uns von daher notwendig, staatliche Monopole zu erwägen. Zum Einen um eine staatliche Garantie für faire Preise im Rahmen des Verbraucherschutzes und der Transparenz zu gewährleisten, zum Anderen um einen fairen Zugang zum Markt für alle Zwischenanbieter, zum Beispiel im energiepolitischen Bereich, zu garantieren. Da uns diese Überlegungen sehr wichtig sind, haben wir den Punkt Infrastrukturmonopole von Beginn an in unserem Partei-Programm: http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Infrastrukturmonopole

Dass wir staatliche Infrastrukturmonopole nicht dogmatisch ausschließen und in diesen Bereichen Privatisierung skeptisch gegenüber stehen, unterscheidet uns wiederum deutlich von der FDP. Es gibt wohl an der ein oder anderen Stelle Überschneidungen mit den Ideen der Linken, doch ist die Piratenpartei keine Partei des "demokratischen Sozialismus", sondern eine Partei, die sich den Werten ´Freiheit´ und ´Solidarität´ verpflichtet sieht.

2. So wie wir es bereits tun - auf die Straße gehen und mit den Menschen reden! Ich persönlich sehe die Piraten hierbei in einem kontinuierlichen Prozess der Etablierung. Bis uns große Teile der Bevölkerung mit unseren Anliegen kennen und akzeptieren wird es noch etwas dauern - aber "Gut Ding will Weile haben!"

Die Piratenpartei steht aus meiner Sicht für die größtmögliche Entfaltung des Individuums, bei maximaler Chancengleichheit, verbunden mit möglichst direkter Demokratie, in einer freiheitlichen und sozial gerechten Gesellschaftsordnung. Darüber hinaus sind wir aus dem Engagement für die Freiheit des Einzelnen hervorgegangen, so dass ich keine Probleme sehe der Bevölkerung unser Anliegen angemessen zu vermitteln.

Alles Liebe,
Julia Schramm