Frage an Katarina Barley bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katarina Barley
SPD
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Frage von Johanna S. •

Frage an Katarina Barley von Johanna S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Barley,
ich befasse mich schon länger mit dem Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution. Was kann man dagegen tun? Ich mache mich für ein Sexkaufverbot und die Einführung des nordischen Modells ein. Dadurch ist in Schweden schon ein größeres Bewusstsein für dieses Thema entstanden und die Zahl der Vergewaltigungen und der Prostitution zurückgegangen. Warum gibt es das hier in Deutschland noch nicht?
Mit freundlichen Grüßen, Johanna

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SPD

Sehr geehrte Frau S.,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution.

Mit der Unterzeichnung der Istanbul-Konvention, die auch auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion seit dem 1. Februar 2018 in Kraft ist, verpflichtete sich die Bundesregierung zu einem umfassenden Schutz von Frauen vor Gewalt. Alle Formen von Gewalt sind zu verfolgen und zu beseitigen unabhängig davon, ob es sich um psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt handelt.

Als SPD-Bundestagsfraktion wollen wir einen individuellen Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe für die Opfer von sexueller (aber auch häuslicher) Gewalt und für deren Kinder. Das gilt auch für geflüchtete Frauen und Mädchen – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus. In diesem Rahmen ist zu überprüfen, inwiefern aufenthalts- und asylrechtliche Vorschriften gegebenenfalls angepasst werden müssen, wenn Gewalt vorliegt. Dazu gehört auch ein enger politischer Austausch mit den Herkunfts- und Zielstaaten, Präventionsmaßnahmen im Herkunftsland und die Kontrolle von Transitwegen und schließlich aufenthaltsrechtliche Bestimmungen, die der Lage der einzelnen Opfer angemessen sind, ihre grundlegenden Rechte berücksichtigen und sie vor (sexualisierter) Gewalt schützen.

Das Prostituiertenschutzgesetz, das 2017 in Kraft trat, wird nach wie vor in Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert. Für eine vernünftige Anwendung in der Praxis sind die Umsetzungsverordnungen der Länder wichtig, die jetzt nach und nach greifen und deren Auswirkungen zu beobachten sind. Die Gründe für Menschen sich zu prostituieren sind sehr unterschiedlich. Wir brauchen insgesamt eine gesellschaftliche Haltung zum Thema Prostitution, ebenso wie die Gesellschaft eine Haltung zu Diebstahl oder Mord hat. Prostitution und sexuelle Ausbeutung betreffen insbesondere Frauen und Mädchen, weshalb jegliche Überlegungen zu diesem Thema auch immer eine Frage der Gleichstellung der Geschlechter ist.

Dazu hat das EU-Parlament am 26. Februar 2014 den sogenannten „Honeyball-Bericht“ über sexuelle Ausbeutung und Prostitution und deren Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter verabschiedet. Diese Resolution besagt, dass Prostitution und sexuelle Ausbeutung Verstöße gegen die Menschenwürde sowie einen Widerspruch gegen die Menschenrechtsprinzipien darstellen und deshalb mit der EU-Grundrechte-Charta unvereinbar sind.

Das EU-Parlament fordert damit die EU-Mitgliedsstaaten auf, die Nachfrage nach Prostitution einzudämmen, indem sie die Freier bestrafen und nicht die Prostituierten, d.h. dem nordischen Modell zu folgen. Ich persönlich unterstütze diese Resolution und möchte mich zukünftig auf europäischer Ebene weiter für deren Umsetzung einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Katarina Barley

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