Was bedeutet für Sie der in letzter Zeit von den Regierungsmitgliedern immer wieder verwendete Ausspruch von einer "Reformierung der Schuldenbremse"?

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Katharina Dröge
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Uwe C. •

Was bedeutet für Sie der in letzter Zeit von den Regierungsmitgliedern immer wieder verwendete Ausspruch von einer "Reformierung der Schuldenbremse"?

Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntlich mit seinem Urteil zur Verletzung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse durch die Bundesregierung, deren ganze Finanzplanung für die nächsten Jahre über den Haufen geworfen!

Nun ist bei Interviews und Pressekonferenzen von Regierungsmitgliedern, auch von Ihrem Herrn Habeck, ständig von einer Reform, Umgestaltung usw. der Schuldenbremse die Rede.

Was meinen diese Damen und Herren der Regierungsparteien damit genau?

Sollen jetzt noch mehr Schulden gemacht werden, um ihre Vorstellung umsetzen zu können?

Wenn ja, haben sie dann auch mal an die nachfolgenden Generationen gedacht, die diesen ganzen Schuldenberg, den sie dann angehäuft haben, letztendlich bezahlen müssen?

Auch ein sogenanntes Sondervermögen sind in Wirklichkeit nichts Anderes wie neue Schulden!

Wie lange wollen Sie die Bürger mit diesen Begriffen noch an der Nase herumführen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr C.

vielen Dank für Ihre Frage.

Aus Sicht der Bündnisgrünen Bundestagsfraktion ist die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form handwerklich schlecht gemacht und eine Bremse für dringend nötige Zukunftsinvestitionen.

Es ist wichtig, dass der Staat haushälterisch verantwortungsvoll handelt und keine unnötigen Schulden aufbaut. Gleichzeitig muss er dafür Sorge tragen, dass wichtige Investitionen in die Infrastruktur, die Bildung, eine international wettbewerbsfähige Wirtschaft und den Klimaschutz getätigt werden. Wenn diese Investitionen ausbleiben, verliert der Kapitalstock des Staates immer mehr an Wert. Es werden also auch Schulden aufgebaut, auch wenn diese im Haushalt des Bundes nicht auftauchen.

Die Schuldenbremse unterscheidet in ihrer jetzigen Form nicht zwischen Investitionen und so genannten konsumtiven Ausgaben, wie zum Beispiel Transferleistungen. Das ist ein Problem. Richtig ist, dass konsumtive Ausgaben aus dem laufenden Haushalt bestritten werden sollten. Investitionen jedoch erzeugen Werte in der Zukunft und sollten daher auch schuldenfinanziert möglich sein. Unterbleiben wichtige Investitionen, sind sie in einigen Jahren teilweise nicht mehr oder nur noch zu erheblich höheren Kosten zu leisten. Eine Brücke instand zu halten ist beispielweise günstiger als sie neu bauen zu müssen, weil sie so marode ist. Investitionen zur Einhaltung der Klimaziele müssen heute in erheblichem Umfang getätigt werden, weil es in zehn Jahren zu spät ist. Und wenn die USA gerade hunderte Milliarden in die klimaneutrale Modernisierung der Wirtschaft stecken, muss die EU auch jetzt investieren und nicht erst in ein paar Jahren, um nicht abgehängt zu werden. Aus unserer Sicht sollte die Schuldenbremse so reformiert werden, dass Zukunftsinvestitionen dieser Art ermöglicht werden. Das kann zum Beispiel umgesetzt werden, indem die Schuldenbremse um eine Investitionsregel erweitert wird, die eine Kreditaufnahme für diese Investitionen zulässt. Andere Ausgaben des Staates würden weiterhin unter die Schuldenregel fallen.

Diese Auffassung wird von vielen Expertinnen und Experten geteilt. Kürzlich hat beispielsweise auch der unabhängige Beirat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) festgestellt, dass die Schuldenbremse ökonomisch falsch wirkt und Fehlanreize beinhaltet. Auch der unabhängige Beirat (das Gremium beruft seine Mitglieder selbst) schlägt unter anderem eine Investitionsregel vor.

Auch über Parteigrenzen hinweg findet der Vorschlag einer Reform der Schuldenbremse Zuspruch. So hat sich beispielsweise eine Vielzahl von CDU-Ministerpräsidenten für eine Reform ausgesprochen. Für eine Reform der Schuldenbremse muss das Grundgesetz geändert werden, dafür ist eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. Bislang stellt sich jedoch die Union im Bundestag entgegen der Fachexpertise ihrer eigenen Ministerpräsidenten gegen eine Reform.

Für die Meinung bestimmter Regierungsmitglieder zur Schuldenbremse wenden Sie sich bitte an die jeweilige Person direkt.

Mit freundlichen Grüßen

Team Dröge

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