Frage an Kathrin Vogler bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Kathrin Vogler
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Frage von Klara W. •

Frage an Kathrin Vogler von Klara W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Vogler,

im Jahresbericht Organspende/Transplantation 2017 der DSO https://www.dso.de/uploads/tx_dsodl/JB_2017_web_01.pdf steht auf Seite 54, dass von 863 Zustimmungen nur 170 oder 19,7 Prozent nachweisbare Zustimmungen der Explantierten waren.
693 bzw. 81,3 Prozent oder 4 von 5 Zustimmungen zur Organ- und Körperspende erfolgten ohne die Einwilligung der Sterbenden, einzig durch den "Kunstbegriff" Angehörige.

In den letzten Jahren ist mit Tausenden Sterbenden ohne ihre Zustimmung so verfahren worden, das ist unfassbar und den meisten Bürgern sicher völlig unbekannt.

Angehörige müssen gemäß § 4 TPG nicht einmal Verwandte sein, es kann irgendwer sein, der dem "Organ- oder Gewebespender..in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahegestanden hat..", der Mitbewohner, der Friseur, die Putzfrau, jedermann.
Angehörige müssen in den letzten zwei Jahren vor der Freigabe persönlichen Kontakt gehabt haben (wie oft?), dabei ist nicht einmal generell davon auszugehen, dass sie dem Sterbenden etwas gutes tun wollen; oftmals gibt es große Spannungen in Familien aus unterschiedlichsten Gründen und Rachegelüste.

Die bekannte positive Einstellung zur Organspende (der Empfang von Organen und/oder die Entnahme bei sich?), eine Sinngebung des plötzlichen Todes für die Angehörigen (der Tod soll einen Nutzen haben!), altruistische Motive (Mitgefühl) sowie sonstige Gründe (Welche?) veranlassten die Angehörigen zur Zustimmung zur Organspende (Seite 57).
Keiner dieser angeführten Gründe hat das Allergeringste mit einer mutmaßlichen Zustimmung des Sterbenden zu tun oder lässt Rückschlüsse darauf zu.

Es ist unglaublich, dass in den allerwenigsten Fällen der Organ- und Gewebeentnahme selbst zugestimmt werden muss, sondern aussenstehende Dritte diese Zustimmung, gesetzeskonform, erteilen.

Werden Sie größte Sorge dafür tragen, dass einzig der Betroffene ausdrücklich und nachweisbar Ja gesagt haben muss und dieses Gesetz schnellstens zu Fall kommt?

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Sehr geehrte Frau Waldmann,

die Zahlen der DSO sind eine der Grundlagen, auf denen wir zu dem Thema Organspende arbeiten und es ist uns bewusst, dass den Entnahmekrankenhäusern nur in ca. 20% ein schriftlich dokumentierter Wille ("Erklärung") der späteren Organspender*innen vorliegt, z.B. in Form des Spendeausweises oder einer Patient*innenverfügung. In 80% wird die Einstellung des Verstorbenen über die Angehörigen erfragt.

Um die Dokumentation des Willens der späteren Spender*innen zu verbessern, schlagen wir einen niedrigschwelligen Zugang zur Abgabe dieser stets freiwillig erfolgenden Willenserklärung vor und wollen dazu ein Online-Register einführen.

Ausdrücklich stehen wir nicht für den Gesetzesvorstoß von Jens Spahn und Karl Lauterbach, sondern haben einen eigenen Entwurf zur Stärkung der Spendebereitschaft vorgelegt. Diesen finden Sie einschließlich einer umfänglichen Begründung unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/O/Organspende/Gesetzentwurf_zur_Sta__rkung_der_Entscheidungsbereitschaft_bei_der_Organspende.pdf

Ferner zu Ihrem Schreiben: In § 4, (1) Satz 1 des derzeit gültigen Transplantationsgesetzes sind die Fälle geregelt, wenn keine Erklärung vorliegt. Dann werden die "nächsten Angehörigen" nach dem Willen des/der Verstorbenen befragt. Ihrer Auffassung darüber, welche Personen damit alles gemeint sein könnten, schließe ich mich ausdrücklich nicht an und verweise in diesem Zusammenhang auf die einschlägige Gesetzgebung, Rechtsprechung und den Umgang mit dem Terminus "nächste Angehörige" in den Entnahmekliniken hin.

Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Vogler MdB

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