Frage an Katja Kipping bezüglich Wirtschaft

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Frage von Hans-Ulrich H. •

Frage an Katja Kipping von Hans-Ulrich H. bezüglich Wirtschaft

Wie stehen Sie zum geplanten Verkauf der WOBA durch die Stadt Dresden?

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DIE LINKE

Einen schönen guten Tag,
nach Abwägung aller Argumente habe ich mich entschieden, den Verkauf der abzulehnen.

Anbei finden Sie meine Rede auf der Gesamtmitgliederversammlung der Linkspartei.PDS Dresden, in der ich noch einmal die enthsciedenden Argumente anführe. Diese GMV hat sich übrigens mit großer Mehrheit deutlich gegen den verkauf der WOBA ausgesprochen.

Mit besten Grüßen

Katja Kipping

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Rede GMV Woba-Verkauf

Ich bin froh, dass wir uns als Stadtverband der Linkspartei.PDS Dresden heute über eine inhaltliche Positionierung zum Woba Verkauf verständigen.

Das erscheint mir auch deswegen als wichtig, weil es doch in der Öffentlichkeit schon starke Irritationen gibt. Und das zieht Kreise weit über die Stadt Dresden hinaus, bis zum ersten Sozialforum in Deutschland, wo ich als Vertreterin der Linkspartei mit Aussagen von PDS-Stadträten in Dresden konfrontiert wurde.

Um erst gar keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich finde, es ist zu verkraften, dass es auch in Fragen der Privatisierung in unserer Partei unterschiedliche Positionen gibt und darüber auch öffentlich wahrnehmbar gestritten wird.
Am Ende eines solches Streites muss aber eine Mehrheitsentscheidung der Partei gefällt werden. Damit die Schwerpunktsetzung unserer Partei erkennbar ist.

Und ich werbe dabei für ein klares JA dieser Versammlung zu der Erklärung die sich gegen den 100-prozentigen Verkauf der Wohnungsbaugesellschaft Woba Dresden GmbH ausspricht

Ich werbe jedoch auch dafür, dass wir uns heute nicht vorrangig damit beschäftigen, einzelne Stadträte zu missbilligen, denn erstens sollte die Freiheit der eigenen Gewissenentscheidung für jeden gelten, und liebe Genossen und Genossinnen Hand aufs Herz, wer kann schon von sich sagen, immer auf Parteilinie gewesen zu sein. Und wäre das wirklich wünschenswert.

Und zweitens ist für unsere potentieller Wähler und Wählerinnen wichtiger, welche Positionen wir beziehen, als welche Rügen wir intern verteilen.

Genauso wenig kann es aber angehen, dass die Stadträten, die die Privatisierung befürworten, nun alle Gegner des hundertprozentigen Ausverkaufs als inkompetente Deppen abgestempelt werden, die nichts von Kommunalpolitik verstehen

Für mich sind folgende drei Gründe ausschlaggebend, den hundertprozentigen Ausverkauf der Woba abzulehnen.

1. Beraubt sich die Stadt somit entscheidender sozial-gestaltender Instrumente. Zwar weißt Christine Ostrowski zu recht darauf hin, dass bereits heute 83% aller Haushalte nicht bei der Woba wohnen, ohne dass es dort zu explodierenden Mieten gekommen wäre. Wenn die Stadt zukünftig günstigen Wohnraum für besonders einkommensschwache Haushalte schaffen möchte, muss sie sich nun mit einer global agierenden Fondsgesellschaft verhandeln. Und wenn die sozialen Netwicklungen in diesem Landes so weiter gehen, wird die Zahl derjenigen, die besonders günstigen Wohnraum brauchen leider eher zunehmen.

2. Bisher war die Woba in Fragen der Stadtentwicklung, z.B. beim Kongresszentrum, war die Woba als Sanierungsträger ein guter Partner für die Stadt mit dem man an einem Strang ziehen konnte. Dies hat sich zwar nicht immer sofort in bares Geld für die Stadtkasse verwandelt, aber schon so manchen Vorteil gebracht, den man als geldwerten Vorteil betrachten könnte.

3. Drittens gab es bei der Woba eine Selbstverpflichtung, regionale Unternehmen bei der Vergabe von Aufträgen im Bau- und Dienstleistungsbereich zu bevorzugen. Dies stellte auch eine Form der Wirtschaftsförderung dar. Es ist mehr als fraglich, ob es gelingen wird, den neuen Inhaber ebenso zu dieser Form der Wirtschaftsförderung zu gewinnen. Wird da nicht eher die Förderung der eigenen Rendite im Vordergrund stehen?

Der entscheidende Einwand der Privatisierungsbefürworter lautet, nur so könne man finanzielle Unterstützung für Kultureinrichtungen, Jugendclubs und soziale Einrichtungen gewährleisten.

Aus meiner Zeit im Stadtrat weiß ich noch, wie hart wir um diese Unterstützung immer gestritten haben. Insofern ist das ein Argument, welches man nicht einfach vom Tisch wischen kann sondern ernsthaft prüfen muss.

Allerdings verwundert mich eins, die Sicherheit der Privatisierungsbefürworter, dass die neuen finanziellen Spielräume tatsächlich Jugendtreffs und Kultureinrichtungen zu gute kommen werden.

Woher kommt die Gewissheit, dass es in den nächsten Jahren bei künftigen Haushaltsentwürfen im Stadtrat die politischen Mehrheiten für mehr Geld in Kultur, Jugend und Soziales stehen? Glaubt Ihr wirklich dass wir uns da auf die CDU verlassen können? Dann muss sich die CDU aber sehrt gewandelt haben. Ich habe diesbezüglich andere Erfahrungen mit ihr im Stadtrat gemacht.

Wird das Geld, was durch den Verkauf über Schuldentilgung am Ende freigesetzt wird nicht eher in Prestigeprojekte fließen? Oder werden die Gelder nicht eher für die Deckung der Folgekosten des Verkaufs, wie die Anmietung von Wohnraum für einkommensschwache Haushalte verwendet werden müssen?

Kaum jemand von uns ist heute in der Lage eine genaue Vorhersage über die Auswirkung des Woba-Verkaufs auf die nächsten 10 Jahre zu treffen.

Ich bin in meiner Abwägung zu dem Ergebnis gekommen, dass eher unwahrscheinliche finanzielle Vorteile auf der einen Seite sehr wahrscheinlichen bis offensichtlichen Nachteilen gegenüber stehen und meine deswegen.

Wir als Linkspartei.PDS Dresden sollten deutlich machen, wir stehen nicht hinter dem Stadtratsbeschluss, die Wohnungsbaugesellschaft 100prozentig zu verkaufen.