Halten Sie die Verwendung von rund 6000 Soldaten in der Wehrverwaltung des Bundes für verfassungskonform (siehe Art. 87a und 87b des Grundgesetzes)?

Portrait von Katja Kipping
Katja Kipping
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Katja Kipping zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Bernd H. •

Halten Sie die Verwendung von rund 6000 Soldaten in der Wehrverwaltung des Bundes für verfassungskonform (siehe Art. 87a und 87b des Grundgesetzes)?

Die Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes von Soldaten in der zivilen Wehrverwaltung ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage! Bei der Aufstellung der Bundeswehr 1955 wollte der Verfassungsgeber Fehlentwicklungen in der Wehrmacht des Dritten Reiches nicht wiederholen. Neben dem Art. 87 a GG für militärische Streitkräfte (zuständig für die Verteidigung) wurde deshalb ein eigener Art. 87 b GG für eine zivile Wehrverwaltung (sie dient den Aufgaben des Personalwesens und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte) in das Grundgesetz eingefügt. Diese „Gewaltenteilung“ stellt sicher, dass die Wehrverwaltung nach Recht und Gesetz entscheidet und nicht mehr der militärischen Befehlsgewalt untersteht. Trotzdem sind inzwischen über 6.000 Soldaten in der Wehrverwaltung eingesetzt. Dieser permanente Verfassungsbruch muss beendet werden. „Wehret den Anfängen!“: Das hört man, sobald Strömungen aus vergangenen politischen Zeiten aufkommen. Was werden Sie als MdB unternehmen?

Portrait von Katja Kipping
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter B. H.,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Bundeswehr-Reform des damaligen Verteidigungsministers De Maiziere 2011/12 verfolgte in der Personalpolitik u.a. das Ziel, Personal-Überhänge an Berufssoldaten bzw.-offizieren abzubauen, und intensivierte dafür die Praxis, Soldatinnen und Soldaten vermehrt auf zivilen Dienstposten der Bundeswehrverwaltung einzusetzen. Diese Praxis ist seitdem weiter fortgesetzt worden.

Die Sicherheitspolitiker und Sicherheitspolitikerinnen der LINKEN haben sich damals in der Beratung des Bundeswehr-Reformbegleitgesetzes (2012) und auch bei der Beratung weiterer späterer Regelungen in dem Bereich unter den nachfolgenden Verteidigungsministerinnen immer wieder dafür eingesetzt, dass der in den Artikeln 87 a und b des Grundgesetzes niedergelegte Grundsatz der Trennung zwischen Streitkräften und ziviler Bundeswehrverwaltung beibehalten wird. Ihre Forderung wurde ignoriert.

Wir sind uns sehr bewusst, dass die Vorgabe des Grundgesetzes in Bezug auf die strikte Trennung von Wehrverwaltung und Streitkräften ein kleiner, aber sehr wichtiger Baustein ist, der mit dazu beitragen soll, die Kontrolle der Streitkräfte zu gewährleisten, und mit dafür zu sorgen, dass eine Verselbstständigung des deutschen Militärs niemals in unserer Geschichte wieder stattfinden kann.

Wir LINKEN werden uns auch weiterhin dafür einsetzen, diese Trennung aufrecht zu erhalten, denn Soldaten sind letztendlich Befehl und Gehorsam unterworfen, Beamte oder Angestellte aber den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der zivilen Verwaltung. Unsere Forderung auch bei der jetzigen flexibleren Handhabung der Personalobergrenzen (und der Dienstpostenschaffung) im Rahmen der aktuellen ‚Agenda Personal‘ ist und bleibt, dass Dienstposten in der Bundeswehrverwaltung (egal ob alte oder neu geschaffene) nicht dauerhaft mit Soldaten besetzt werden dürfen, und die Soldaten, die jetzt dort eingesetzt sind, bei ihrem Ausscheiden wieder durch zivile Beschäftigte ersetzt werden.

Im Kampf gegen die rechten Tendenzen, die seit Jahren in einigen Teilen der Bundeswehr sichtbar werden, kann dies aber nur ein Baustein der Rückversicherung sein. Innerhalb der Streitkräfte selbst muss die von der Ministerin angekündigte Null-Toleranz-Politik gegenüber Rechtsradikalen endlich wirksam praktiziert werden: Rechtsradikale müssen entschlossen und umgehend aus der Bundeswehr entfernt werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Überlegungen weiterhelfen.

Freundliche Grüße

Katja Kipping