Frage an Katrin Göring-Eckardt bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Katrin Göring-Eckardt
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Theo S. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Theo S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Görin-Eckardt,

ihre Partei tritt gerade auch gerade angesichts der jetzigen Diskussion um den Stuttgarter Bahnhof für mehr Volksentscheide ein. Sehen Sie nicht auch die Gefahr, dass in unserem Land Stimmungen erzeugt werden, die zu unguten Entscheidungen führen können? Sollte nach ihrer Meinung auch das Thema Zuwanderung und Integration Gegenstand einer Volksabstimmung werden? Besteht nicht das Risiko, dass hierdurch eine erfolgreiche Integration erschwert oder unmöglich gemacht wird wenn ein rhetorisch gewandter Politiker daraus fremdenfeindliche Stimmung erst richtig fördert?

Nit freundlichem Gruß
Theo Staars

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Staars,

vielen Dank für Ihre Frage. Das parlamentarisch-demokratische Gefüge unserer Demokratie wird durch die Verankerung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid im Grundgesetz nicht in Frage gestellt – ganz im Gegenteil: unsere Demokratie wird zu einer gelebten Demokratie. Wir entwickeln sie dadurch weiter. Ort der politischen Auseinandersetzung bleibt weiterhin das Parlament. Diese Struktur soll auch nicht geändert werden. Durch Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide können Bürgerinnen und Bürger verstärkt das Parlament veranlassen, sich mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen, oder in bestimmten Fällen selbst eine Entscheidung treffen.

Seit 60 Jahren haben wir in Deutschland eine stabile Demokratie. Sorgen hinsichtlich der "demokratischen Reife" der Bürgerinnen und Bürger sind unbegründet. Sicherstellen müssen wir, dass die Menschen, deren Anliegen durch direkte Demokratie mitbestimmt werden, ihre Meinung auch äußern. Das bedeutet, dass wir Politikerinnen und Politiker in möglichst naher Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern stehen müssen. Durch angemessene Quoren für die Einleitung von direkter Demokratie können wir gewährleisten, dass eine breite Mehrheit in der Bevölkerung die Anliegen auch mitträgt.

Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide haben sich auf kommunaler und Landes-Ebene bewährt. Für uns Grüne ist ein zentrales Anliegen, die demokratischen Elemente auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu stärken, von der Kommune bis zu Europa.

Grundsätzlich sollen sich Volksentscheide auf alle Politikbereiche beziehen dürfen. Ausnahmen sind lediglich das Haushaltsgesetz selbst, Abgabengesetze und die Wiedereinführung der Todesstrafe. Finanzwirksame Volksinitiativen sind dagegen ausdrücklich zulässig.

Die neuen Beteiligungsrechte müssen sich ebenso wie parlamentarische Initiativen und Entscheidungen an den Grundrechten, den unveränderlichen Grundentscheidungen der Verfassung sowie den übrigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ausrichten.

Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid sind Instrumente der direkten Beteiligung und der direkten Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger. Bündnis 90/Die Grünen setzt sich schon lange dafür ein. Wir wollen, dass durch die Volksinitiative auch Gesetzesvorschläge von außen das Parlament erreichen, dass sich Bürgerinnen und Bürger direkter in politische Entscheidungen einbezogen sind. Und wir wollen, dass unsere Bevölkerung die Möglichkeit bekommt, wichtige Sachfragen rechtlich bindend selbst zu entscheiden.

Wenn man mehr Volksentscheide will, muss man natürlich auch "ungute Entscheidungen", wie Sie es nennen, akzeptieren. In Hamburg, bei der Abstimmung über die Bildungsreform, haben wir Grüne dies selbstverständlich getan. Ihre Sorgen hinsichtlich fremdenfeindlicher Stimmungsmache sind nicht unbegründet - andererseits würde dies die Politik womöglich dazu veranlassen, noch mehr Aufklärung zu betreiben und die Integrationsangebote zu verbessern.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Katrin Göring-Eckardt

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