Frage an Katrin Göring-Eckardt bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)

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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Thomas K. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Thomas K. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)

Wieso gibt es nach 31 Jahren Wiedervereinigung keine 100 Prozentige Lohn-und -Rentenangleichung an den Westen ? Geld ist ja genug da.
Wir sind von Rostock nach gezogen, Meine Ehefrau 41 Arbeitsjahre als staatlcih anerkannte Erzieherin 2021 rund 1350 € Netto in Rostock bei rund 700 € Warmmiete. Jetzt in MAinz aber 2540 € Netto und 870 € Warmmiete Stadtmitte Neubau 2021.
Gruß aus MAinz Familie Kißahuer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kißhauer,

vielen Dank für Ihre Frage an Frau Göring-Eckardt. Sie hat uns gebeten, Ihnen zu antworten.

Sie haben natürlich völlig recht: Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es absolut nicht nachvollziehbar, warum die Menschen im Osten weiterhin weniger verdienen, als im Westen. Und die Unterschiede sind erheblich. Über alle Berufsgruppen, bei gleichem Alter, gleicher Erfahrung, beträgt der Unterschied etwa 17%. Bei höherer Qualifikation ist er etwas geringer, bei den Ausbildungsberufen etwas höher. Auch zwischen den Bundesländern im Osten gibt es erhebliche Unterschiede: In Brandenburg ist der Abstand deutlich geringer als in Sachsen.

Die Ursachen dafür sind vielschichtig und leider nicht alle unmittelbar durch politisches Handeln zu beseitigen. Denn zunächst gilt natürlich die Tarifautonomie, also das Recht der Sozialpartner, ohne staatliche Einmischung Arbeitsbedingungen zu verhandeln und zu regeln.
Hauptgrund für die Unterschiede ist die deutlich geringere Bindung an Tariflöhne im Osten. Dort, wo Arbeitgeber an Tariflöhne gebunden sind, den öffn. Dienst eingeschlossen, haben Gewerkschaften eine weitgehende Annährung des Ostens an den Westen durchsetzen können.

Ungleiche Löhne sind ein Problem nicht nur für die Betroffenen im Osten, sondern für die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt, denn sie führen zu Wettbewerbsverzerrungen. Politik kann also nicht gleiche Löhne diktieren, muss aber Instrumente umsetzen, die mittelfristig die Tarifbindung und -angleichung verbessern.

Die Lohnungleichheit zwischen Ost und West muss vollständig beseitigt werden. Dafür sind gerade im Osten flächendeckende Tarifverträge notwendig. Gleichzeitig muss auch die Mitbestimmung in Ostdeutschland besonders gestärkt werden, damit die Beschäftigten im Osten nicht immer alleine für gute Arbeitsbedingungen kämpfen müssen. Deshalb muss die nächste Bundesregierung endlich ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringen, mit dem die Tarifbindung und die Mitbestimmung gestärkt werden. Wir wollen, dass Tarifverträge und starke betriebliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer für mehr Beschäftigte gelten. Wir wollen den Mindestlohn erhöhen und mit einem Tariftreuegesetz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dafür sorgen, dass Unternehmen zum Zug kommen, die tarifgebunden sind oder mindestens Tariflöhne zahlen. Wir wollen es leichter machen, Tarifverträge allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie für alle Betriebe in einer Branche gelten. Die Hürden für die paritätische Mitbestimmung wollen wir senken und die Mitbestimmungsrechte ausbauen.

Mit freundlichen Grüßen
Büro Göring-Eckardt

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