Frage an Kerstin Andreae bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Kerstin Andreae
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Florian W. •

Frage an Kerstin Andreae von Florian W. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Wenn die Europäischen Institutionen, die Finanzminister der Eurogruppe und die zustimmungspflichtigen Parlamente dem neuen Antrag der griechischen Regierung stattgeben und ein weiteres Hilfspaket iHv. Euro 74 Mrd, verabschieden, dann haben wir in Europa mit diesem “Kompromiss” genau diese Signale ausgesendet:

1. Regeln gelten nicht wenn man nur laut genug schreit

2. Die Stimme der Bürger wird ignoriert
(die griechischen Bürger bekommen genau das, was sie per Referendum abgelehnt haben; die Ablehnung zu einem weiteren Hilfspaket eines Großteils der Bürger in Finnland, Holland, den baltischen Staaten und Deutschland wird ignoriert)

3. Alles was vorher als Misslungen erkannt wurde gilt weiter: Noch mehr Schulden, noch härter sparen

Einem weiteres Hilfspaket unter diesen Voraussetzungen realisiert doch genau das, was in den letzten Wochen und Monaten in einer breiten gesellschaftlichen Diskussion als falscher Weg aus der Griechenland-Krise identifiziert wurde. Und es widerspricht allem was Sie und Ihre Partei als “alternativen Weg” aus der Krise und als vertrauensbildende Maßnahme in Europa gefordert haben. Damit erscheinen mir o.g. Signale die denkbar schlechteste Basis für friedliches Miteinander und eine fortschreitende Integration Europas.

Werden Sie für oder gegen ein weiteres Hilfspaket in Griechenland stimmen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wuttke,

ich danke Ihnen für Ihre Frage. Wir Grüne haben die Frage, ob über ein neues ESM-Programm für Griechenland verhandelt werden soll, in der Bundestagsfraktion sehr intensiv diskutiert. Ich habe nach reiflicher Überlegung am letzten Freitag mit Ja gestimmt. Nach einem Prozess der auf allen Seiten von Fehlern, nationaler Engstirnigkeit und Verletzungen geprägt war, haben sich alle Staats- und Regierungschefs der Eurozone auf einen gemeinsamen Weg geeinigt. Ich bin politisch ausdrücklich nicht mit allen einzelnen auf dem Euro-Gipfel am 12. Juli 2015 vereinbarten Inhalten einverstanden. Das neue Programm setzt viele Fehler der bisherigen Vereinbarungen fort, auch wenn es an anderen Stellen wichtigen Forderungen der griechischen Regierung entgegengekommen ist. Ich will trotzdem dieser Einigung, erst recht nach den Schwierigkeiten, überhaupt zu einer Einigung zu finden, die Zustimmung nicht versagen. Nachdem die 19 Staats- und Regierungschefs und u.a. die Parlamente von Frankreich, Finnland, Luxemburg, Österreich und vor allem Griechenland selber diesem Paket zugestimmt haben, wird es realistisch jetzt keine grundsätzlich anders gestaltete Lösung für Griechenland geben. Der Reformprozess und die wirtschaftliche Erholung in Griechenland kann nur dann gelingen, wenn das Land die Sicherheit hat, im Euro zu bleiben und die erforderliche Zeit erhält, um verlässliche Rahmenbedingungen, effektive Strukturreformen und notwendige Investitionen zu tätigen. Das ist aus meiner Sicht die wichtigste Bedingung für eine Chance auf Erfolg des Landes und dabei wollen wir Griechenland unterstützen. Ohne ein neues Kreditpaket sehe ich nicht, dass das Land überhaupt diese Chance hat.

Viele freundliche Grüße
Kerstin Andreae