Frage an Kerstin Griese bezüglich Familie

Kerstin Griese MdB
Kerstin Griese
SPD
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Frage von Jessica S. •

Frage an Kerstin Griese von Jessica S. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
erlauben Sie mir bitte eine kurze Anregung zum Kindergeld und den
derzeitigen Diskussionen:

Das Erziehungsgeld wurde seinerzeit für Arbeitslose, Hartz IV und
Sozialhilfebezieher gekürzt (von 2 auf 1 Jahr) und lediglich reichere
Mitbürger wurden finanziell bedacht. Dabei erhält der reichere jeweils
höhere Leistungen und der arme Bürger entsprechend weniger.

Das Kindergeld wird zu 100 % bei Hartz IV Leistungen, ja sogar bei der
Grundsicherung für Rentner (SGB II / SGB XII) angerechnet. Ergibt die
Anrechnung einen Überschuss zu Gunsten des Kindergeldes, wird dieser bei
dem Regelsatz der Eltern in Abzug gebracht.

Wenn nun Kindergeld erhöht werden sollte, dann wiederum nur zu Gunsten der
höheren Einkommen. Das Geld kommt also nie bei den Bedürftigen an.

Daher erlaube ich mir folgende Frage?

Warum wird die Anrechnung von Kindergeld bei Beziehern von
Sozialleistungen nicht schrittweise zurückgeführt?

Warum wird das Kindergeld in der Höhe nicht (großzügig) stufenweise und
einkommensabhängig geregelt, verbunden mit einer entsprechenden Erhöhung,
die sogar kostenneutral erfolgen könnte?

Für eine Antwort bedanke ich mich.

Mit freundlichen Grüßen

Jessica Splitthoff

Kerstin Griese MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Splitthoff,

das Kindergeld für die Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II (Sozialgeld) beträgt zurzeit 208 Euro monatlich, das für Jugendliche 278 Euro monatlich. Wir alle wissen, dass diese Kinder und Jugendliche nicht nur materiellen Armutsrisiken ausgesetzt sind, sondern oftmals auch unter fehlenden Sprachkenntnissen, Bildungsarmut, schlechter Gesundheit, Fehlernährung und Bewegungsmangel leiden. Deswegen bin ich für deutlich mehr staatliche Leistungen, die gezielt bei den Kindern ankommen. 150-Euro-Gutscheine für Schulstarterpakete, Lernmittelfreiheit, kostenfreie Frühstücksangebote und gesunde Mittagessen in Kitas und Schulen gehören zu einem dringend notwendigen Maßnahmenbündel, das für mich Priorität hat – auch gegenüber Ihrem Vorschlag, das Sozialgeld für Kinder schrittweise um 154 Euro zu erhöhen.

154 Euro beträgt zurzeit das Kindergeld für Familien, die nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind (179 ab dem vierten Kind). Spitzenverdiener, zu denen gut zehn Prozent der Kindergeldempfänger zählen, erhalten statt des Kindergeldes einen Steuerfreibetrag, der mehr als 154 Euro beträgt. Diese mir ungerecht erscheinende Regelung hat das Bundesverfassungsgericht der Politik vorgeschrieben. Dazu gehört, dass die Sätze dieser Steuerfreistellung regelmäßig überprüft werden. Dies wird noch in diesem Jahr geschehen und die SPD wird sich dafür einsetzen, daraus ein sozial gerechtes Lösungspaket zu entwickeln. „Wir werden die Kinderfreibeträge auf das verfassungsrechtlich erforderliche Maß anheben und öffentliche Mittel zur Unterstützung von Familien so gestalten, dass geringe Einkommensgruppen stärker profitieren“, heißt es in dem auf dem SPD-Zukunfskonvent vorgelegten Strategiepapier „Aufstieg und Gerechtigkeit“.

Noch ein paar Bemerkungen zum Erziehungsgeld, das 1986 eingeführt wurde und jetzt ausläuft: Seit 1986 ist das Armutsrisiko für Kinder deutlich angestiegen. Die 24 Monate Erziehungsgeld für Geringverdiener waren eine Falle, aus der viele junge Frauen nicht mehr herauskamen und keinen beruflichen Anschluss mehr fanden. Damit wurden gerade die bildungsfernen Familien vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Mit dem Elterngeld haben wir die Bezugsdauer auf 12 bis 14 Monate begrenzt und bauen gleichzeitig die Zahl der Krippenplätze für ein- und zweijährige Kinder massiv aus. Der Bund beteiligt sich daran mit einem Finanzpaket in Höhe von vier Milliarden Euro. Damit schaffen wir mehr und gleich gute Bildungschancen für alle Kinder und ermöglichen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Denn wenn man Kinderarmut an ihrer Wurzel bekämpfen will, gibt es nur zwei Lösungen: Erstens Erwerbsarbeit für die Eltern und zweitens bessere Bildung beziehungsweise mehr Infrastruktur für die Kinder.

Im Übrigen haben wir das Elterngeld in besonderem Maße sozial ausgestaltet. Geringverdiener mit weniger als 1000 Euro Monatseinkommen erhalten durch das Elterngeld stufenweise eine bis zu 100-prozentige Lohnersatzleistung. Normalverdiener müssen hingegen auf 33 Prozent ihre Monatsnettos verzichten, Spitzenverdiener durch eine Deckelung sogar auf noch mehr. Ein beträchtlicher Teil des Elterngeldes wird zudem nicht als Lohnersatzleistung ausgezahlt, sondern als Sozialleistung in Höhe von 300 Euro zusätzlich zum Familieneinkommen.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Griese

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