Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Anfrage an mich, die ich gern wie folgt beantworten möchte.

Angesichts einer massiven Einschränkung von Grundrechten, die wir in einer besonderen Situation gerade erleben, gilt es besonders wachsam zu sein und unsere Demokratie zu schützen. Das ist ein ständiger und keineswegs einfacher Prozess. Auch mir als Bundespolitikerin fällt es schwer, stets den Überblick über die Entwicklungen zu behalten und die  Eignung und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen abzuwägen. Generell möchte ich nicht, dass Grundrechte dauerhaft beschnitten werden oder die Situation ausgenutzt wird, um Lobbyinteressen besser durchzusetzen oder Mitsprache-/Beteiligungsrechte auszuhebeln.

Herr Minister Spahn hat in einem ersten Gesetzentwurf „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ einen Immunitätsausweis ins Spiel gebracht. Das war für verschiedene Seiten Anlass, auf einen Impfzwang zu schließen. Dagegen hat sich heftiger Widerstand, insbesondere auch von Patientenschützern geregt. In der Folge kommt der Immunitätsausweis nicht mehr in einem 2. Gesetzentwurf der großen Koalition vor. Es gibt aber eine Prüfung dazu durch den Ethikrat, auf deren Ergebnis ich sehr gespannt bin. Der 2. Gesetzentwurf wurde mehrheitlich im Bundestag angenommen und liegt jetzt zur detaillierten Beratung in den Ausschüssen vor. Hier wird es mit Sicherheit in der Debatte auch um die Frage Impfpflicht bzw. Immunitätsnachweise gehen.

Ich habe dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt. Im Internet finden Sie den Originaltext des Gesetzentwurfes, in dem Sie nichts zu einem Impfzwang oder Immunitätsausweis finden werden.

Ich möchte ferner darauf verweisen, dass es gegenwärtig noch keinen Impfstoff weltweit gibt und wir darauf mit Sicherheit auch noch länger werden warten müssen.

Sollte es einen geben, setze ich als Mitglied der Linksfraktion darauf, dass er allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung steht. Aus meiner Sicht gibt es in Deutschland eine sehr hohe Bereitschaft hinsichtlich freiwilliger Impfungen und dies wird hoffentlich auch so bleiben. Damit können nicht zuletzt die geschützt werden, die für eine Impfung aus medizinischer Sicht nicht in Betracht kommen. Sollte ein Mittel zur Impfung zur Verfügung stehen, fordere ich in erster Linie eine gute Aufklärung, zum Beispiel in Form einer staatlichen Kampagne. Eine Impfpflicht lehne ich persönlich ab.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Kassner