Frage an Kirsten Lühmann bezüglich Senioren

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Kirsten Lühmann
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Frage an Kirsten Lühmann von Horst S. bezüglich Senioren

Sehr geehrte Frau Lühmann,

in Ihren Antworten zur einer wirkungsgleichen Umsetzung von rentenreduzierenden Maßnahmen auf die bereits üppig versorgten Pensionäre/Beamtenschaft kommt die Wahrheit zu kurz!

Mit der Angleichung an das Rentenrecht ist auch eine Kürzung der Anrechnung von Hochschulausbildungen bei den Pensionären verbunden. In der Gesetzlichen RV wurden die früher anerkannten drei Hochschuljahre eines Akademikers gestrichen.
Bei den Pensionären wurde die Anerkennung der Hochschulausbildung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit lediglich um 8 Monate gekürzt.
Das Verhältnis bei gleicher akademischer Ausbildung ist demnach 36 zu 8, der Faktor 4,5 !

Ihre Ausführungen, dass "Wegen der tatsächlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Unterschiede der Alterssicherungssysteme der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung eine 1:1 Übersetzung nicht geht" ist nicht nachvollziehbar.

Waren es doch die Politiker selbst, die dem Volk eine "wirkungsgleiche" Umsetzung versprochen haben. Folgt man Ihren Erläuterungen war dies offensichtlich eine gezielte Falschinformation, da die 1:1 Umsetzung angeblich nicht möglich ist.

Das Protokoll der Sitzung zum "Dienstrechtneuordnungsgesetz" zeugt, dass diese 1:1 Umsetzung möglich ist, jedoch von einem verblieben Rest von Betroffenen in letzter Sekunde vereitelt werden konnte. Andere Politker hatten sich schon verabschiedet.

Warum stehen Politiker nicht zu Ihrem Wort, versuchen durch Verbalakrobatik die Fakten zu verschleiern und informieren unzutreffend?

Mit freundlichen Grüßen

Horst Schuberth

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SPD

Sehr geehrter Herr Schuberth,

die durch Artikel 33 Abs. 5 GG gewährleistete eigenständige Beamtenversorgung der Beamten ist tatsächlich und rechtlich, nach der Anzahl der gesicherten Personen, dem Bildungsniveau der gesicherten Personen, den Berechnungs- und Finanzierungsgrundlagen, den Besteuerungsgrundlagen, der Absicherung der Risikos Krankheit – um nur einige signifikante Punkte zu nennen – anders ausgestaltet, als die allgemeine Alterssicherung im Pflichtversicherungssystem nach dem SGB.

Gleichwohl hat der Gesetzgeber in den letzten Jahrzehnten immer betont, dass sich das mit Abstand größte eigenständige Alterssicherungssystem, die Rente nach dem SGB, nicht unabhängig von den anderen nationalen Alterssicherungssystemen (sog. kammeralistische Systeme der Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Künstler etc. und die eigenständige Beamtenversorgung) entwickeln und verändern soll. Bei Beachtung der objektiv bestehenden Unterschiede zwischen den Alterssicherungssystemen nach Rechtsgrundlage und gesichertem Personenkreis sowie Berechnungs- und Finanzierungsgrundlagen, sollen nach Ansicht aller Parteien im Bundestag und den jeweiligen Gesetzgebern über die verschiedenen Legislaturperioden hinweg – bei Billigung des Bundesverfassungsgerichts – notwendige und verhältnismäßige Weiterentwicklungen und Veränderungen jeweils gleichmäßig in den jeweiligen Alterssicherungssystemen zur Wirkung gebracht werden. Dabei ist mit der politischen Vorgabe einer „wirkungsgleichen Übertragung“ gewollt, dass die durch den Bundesgesetzgeber im Rahmen der Rentenreformmaßnahmen vorgenommenen Weiterentwicklungen jeweils in die eigenständigen Systeme wirkungsgleich übertragen werden.

Mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber bei der Erreichung des politischen Ziels „Wirkungsgleichheit“ eine Einschätzungsprärogative, welche einen relativ weiten Gestaltungsspielraum beinhaltet. Gleichzeitig dürfen die eigenständigen, rechtlich garantierten (im Bereich der Beamtenversorgung verfassungsrechtlich garantierten) wesensbegründenden Strukturmerkmale und Berechnungsgrundlagen nicht verändert werden. Bei Berücksichtigung des Gestaltungsspielraums müssen die grundlegenden systematischen Unterschiede, insbesondere der Charakter der Beamtenversorgung als Vollversorgung, Berücksichtigung finden. Insofern wurde durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die bereits in Kraft gesetzten Sparmaßnahmen im Bereich der eigenständigen Beamtenversorgung über die in der gesetzlichen Rentenversicherung hinausgegangen waren und dieser Umstand bei den weiteren Reformmaßnahmen Beachtung finden musste (vgl. BVerfGE vom 27.09.2005 – 2 BvR 1387/02).

Aus dem Urteil des BVerfG zum Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 27.09.2005:

„Die Änderung in der gesetzlichen Rentenversicherung und die diesen zugrunde liegenden Entwicklungen können Anlass bieten, sie in der Beamtenversorgung systemkonform nachzuführen.“

„Die Reform der Beamtenversorgung (gemeint waren die der Versorgungsänderungsgesetzgebung 2001) gehen über die Änderungen der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Rentenreform 2001 hinaus. Sie hält sich aber noch in den Grenzen des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraumes.“

Deshalb ist mit Wirkungsgleichheit nicht gemeint die Gleichmachung und Gleichsetzung bei wesentlich verschiedenem; vielmehr ist gemeint, dass wesentlich Gleiches unter Berücksichtigung der Wesensunterschiede (Zielrichtung) gleichbehandelt werden darf.

Richtig ist deshalb auch die von Ihnen festgestellte ungleiche Berücksichtigung der Hochschulausbildungszeiten. Sie haben erkannt, dass im Bereich des Bundes zukünftig nach dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz noch 855 Tage berücksichtigungsfähig sein können, während im Rentenrecht Hochschulzeiten nicht mehr rentensteigernd wirken. Gesetzestechnisch wurde mit der Berücksichtigung in Höhe von 855 Tagen im BeamtVG exakt der Betrag eingespart, der im Rahmen der Nichtberücksichtigung des Sozialgesetzbuches maximal anfallen kann. Damit ist unter Berücksichtigung der Wesensunterschiede eine Wirkungsgleichheit (Be-Wirkungsgleichheit in Höhe der maximalen Ersparnis) erreicht.

Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten und unter Außerachtlassung der Eigenständigkeiten verstehe ich den von Ihnen angesprochenen Aspekt. „Das Protokoll“ auf das Sie Bezug nehmen, kann ich nicht nachvollziehen. Richtig ist, dass im Rahmen des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes sehr kontrovers diskutiert wurde, ob und in welchem Umfang bei den sog. externen Zeiten eine Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeiten stattfinden soll.

Mit freundlichen Grüßen
Kirsten Lühmann