Frage an Klaus Ernst bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Klaus Ernst
BSW
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Frage von Alice U. •

Frage an Klaus Ernst von Alice U. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Ernst,

um Entlassungen zu vermeiden wird durch das Konjunkturpaket 2 den Arbeitgebern bei Kurzarbeit inzwischen die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge durch den Steuerzahler erstattet. Selbstverständlich finde ich, daß KU Entlassungen vorzuziehen ist.
Es gibt aber Unternehmen (Verleihbranche), die nun ihr unternehmerisches Risiko (einsatzlose Zeiten der Mitarbeiter) auf die Steuerzahler und ihre Mitarbeiter abwälzen. Die Beschäftigten werden zu 100% in KU geschickt und dort "geparkt". Die Unternehmen kassieren Steuergelder, während die betroffenen "arbeitslosen Arbeitnehmer" Zuhause in Wartestellung sind und auf ALG1-Niveau nur 60% bzw. 67% ihres Nettoentgelts erhalten. Eine Aufstockung durch den Arbeitgeber erfolgt oftmals nicht.
Vielen Bürgern und Politikern ist nicht bewußt, daß Kurzarbeit im schlimmsten Fall "NULL ARBEIT" und ALG1-Niveau bedeutet!
Ich denke, hier wird ein großer Fehler, der zum Nachteil der Arbeitnehmer ist, begangen, der von Ihnen und den Linken sicherlich nicht so gewollt ist.
Sollten die Arbeitgeber, im Falle von "Kurzarbeit Null" (oder mind. 70% KU), nicht dazu verpflichtet werden, das Kurzarbeitergeld aufzustocken, bzw. sollte die Kurzarbeitszeit nicht auf max. 50% der Arbeitszeit beschränkt werden (= entspricht einem maximalen Nettoverlust v. ca. 20% für den Arbeitnehmer)?!
Wie stehen Sie dazu?

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BSW

Sehr geehrte Frau Unser,

vielen Dank für Ihre Frage. Das Problem ist mir durchaus bewußt - der Großteil der Beschäftigten in Kurzarbeit sind das jedoch nicht zu 100 Prozent. Obwohl Kurzarbeit ein gutes Instrument ist, um Entlassungen zu verhindern, finde ich es absolut skandalös, dass einige Unternehmen noch nicht einmal das tun wollen. Wer jetzt entlässt, anstatt Kurzarbeit anzubieten und Überstunden abzubauen, verhält sich als Unternehmen zutiefst unsozial. Gewinne, die die Beschäftigten jahrelang erarbeitet haben, haben die Unternehmen gerne eingestrichen - jetzt ist es Zeit, um die Gewinne zu schmählern, damit Beschäftigung gesichert werden kann. Die Kämpfe der Beschäftigten dafür müssen auch möglichst breit und von möglichst vielen unterstützt werden.

Die Aufstockung der Kurzarbeit kann nur durch Tarifverträge vereinbart werden - entsprechende Vereinbarungen gibt es zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie. Für viele Beschäftigte in der Leiharbeitsbranche wäre es aber schonmal ein Gewinn, wenn sie das gleiche Geld verdienen würden, wie die Stammbelegschaften. Deswegen fordert DIE LINKE, die Durchsetzung des Prinzips "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" und die Begrenzung der Überlassungsdauer auf sechs Monate. Eine prinzipielle Lohnsteigerung, insbesondere für Leiharbeiter/innen ist viel wichtiger als die Begrenzung der Kurzarbeit, die ja nur eine Überbrückung in Ausnahmefällen sein soll. Um entsprechende Tarifverträge zur Aufstockung und zu anderen Fragen in der Leiharbeitsbranche durchzusetzen brauchen jedoch die Gewerkchaften auch dort mehr Mitglieder - entsprechende Kampagnen zum Beispiel der IG Metall ( http://www.gleichearbeit-gleichesgeld.de ) unterstütze ich deshalb auch so gut ich kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Klaus Ernst

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