Können Sie sich vorstellen, die Warn-App NINA des BBK für alle verpflichtend zu machen, um im Sinne des Zivil- und Katastrophenschutzes unabhängiger von sozialen Medien zu werden?

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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Kevin K. •

Können Sie sich vorstellen, die Warn-App NINA des BBK für alle verpflichtend zu machen, um im Sinne des Zivil- und Katastrophenschutzes unabhängiger von sozialen Medien zu werden?

Sehr geehrter Herr von Notz,

die Übernahme von Twitter durch Elon Musk und die Ereignisse danach haben deutlich vor Augen geführt, wie mächtig soziale Netzwerke sein können und wie abhängig Polizei, Feuerwehr etc. im Fall der Krisenkommunikation von ihnen sind. Eine der Fragen, die ich mir zunehmend stelle, ist, warum sich Bund, Länder und Kommunen nicht aus dieser Abhängigkeit lösen und eigene Möglichkeiten besser nutzen. Das beste Beispiel ist die Warn-App NINA des BBK, mit der man ohne Umwege und Reichweitenbegrenzungen direkt in Kontakt mit dem Bürger treten kann.

Können Sie sich vorstellen, dass NINA für alle Smartphones (und Tablets) in Deutschland mit iOS und Android verpflichtend wird, indem man sie als System-App integriert, die nicht deinstalliert werden kann? Sollte das auch mit anderen Apps wie z.B. das aktuell nicht verfügbare nora ausgebaut werden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.

vielen Dank für Ihre Frage und ihr Interesse an meiner politischen Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.

In den letzten Jahrzehnten wurde das Thema "Warnung der Bevölkerung im Katastrophenfall" leider sträflich vernachlässigt. Eine frühzeitige Warnung ist grundlegender Bestandteil des Bevölkerungsschutzes und trägt wesentlich zur gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei. Nur wenn frühzeitig Informationen zur jeweiligen Gefahrenlage vorliegen, können effektive Abwehrmaßnahmen eingeleitet und Menschen geschützt werden bzw. sich selbst in Sicherheit bringen. Die Warnung der Bevölkerung, insbesondere die Warnung durch Sirenen, wurde bisher zu wenig im Gesamtkontext des Bevölkerungsschutzes betrachtet, etwa mit Blick auf die Barrierefreiheit der Warnungen. Auf große Defizite, die auch bei entsprechenden Übungen immer wieder offen ans Tageslicht traten, haben wir Grüne immer wieder hingewiesen - und wiederholt selbst Vorschläge zur Verbesserung des Status Quo unterbreitet. 

Für uns Grüne ist klar: Wir möchten, dass künftig die gesamte Bevölkerung verlässlich, verständlich und rechtzeitig gewarnt und gleichzeitig mit konkreten Anweisungen handlungsfähig gemacht wird. Nur wer rechtzeitig gewarnt wird und die notwendigen Informationen zum korrekten Verhalten in der konkreten Situation erlangt, kann sich und andere rechtzeitig in Sicherheit bringen. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, müssen verschiedene Wege genutzt werden. Ein guter Mix aus Warnmitteln ermöglicht es den warnenden Stellen, mehr Menschen zu erreichen als nur mit einem einzigen Warnmittel.

Apps wie die vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) zur Verfügung gestellte NINA Warn-App leisten insbesondere wegen des hohen Informationsgehalts von Meldungen einen wichtigen Beitrag. Die hohen Downloadzahlen der App belegen zudem das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger nach vertrauenswürdigen Informationen in Krisensituationen. Mit der Einführung von Cell Broadcast, für die wir uns Grüne sehr stark gemacht haben, als reguläres Warnmittel im Februar 2023 wurde nicht nur ein bedeutsames Vorhaben des Koalitionsvertrages umgesetzt, sondern der Warnmix um eine wichtige digitale Komponente erweitert. Neben der Warnung über Sirenen, Apps, Radio und Fernsehen erreicht Cell Broadcast die Menschen direkt, eben ohne dass sie zuvor eine App installieren oder Radio und Fernsehen bedienen müssen.

Die Warninfrastruktur fortwährend daraufhin in den Blick zu nehmen, wo konkreter Nachbesserungsbedarf besteht, ist ein sehr wichtiges Anliegen. So zeigt etwa die die Auswertungen des Warntages 2022, dass Sirenen aufgerüstet werden müssen. Denn wenn Cellbroadcast oder andere digitale Warnmittel versagen, stellen Sirenen eine verlässliche Rückfallebene dar. Nach derzeitigem Erkenntnisstand besteht neben der digitalen Warnmöglichkeit durch Cell Broadcast kein durchgreifendes Bedürfnis für eine verpflichtende Nutzung der NINA Warn-App. Ein Eingriff in die Wahlfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer darüber, welche Software sie auf ihren Geräten installieren wollen, ist auch deshalb nicht erforderlich, da die App auch ohne rechtliche Pflicht in nicht unerheblichem Umfang von Menschen in Deutschland genutzt wird und ein hohes Vertrauen genießt.

Für Ihre Anregung aber herzlichen Dank!

Beste Grüße nach Handewitt!
Konstantin v. Notz

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