Frage an Lars Klingbeil bezüglich Wirtschaft

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Lars Klingbeil
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Frage von Willi R. •

Frage an Lars Klingbeil von Willi R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Klingbeil,

Wie erklären Sie sich den Unterschied/das auseinander laufen zwischen dem Verhältnis der Geldmenge einerseits - 1948 zu heute - und andererseits, im Verhältnis dazu, die Entwicklung des Bruttolohns aller Arbeiter von 1948 bis heute?

Bei analoger Entwicklung, Geldmenge und Bruttolohn, müsste doch (eigentlich) ein Arbeiterstundenlohn von 1948 in Höhe von 1,00 DM, heute etwa bei € 120,00 liegen. Bekanntlich sieht die Realität völlig anders aus. Warum ist das so?

Das sagte Ludwig Erhard: Wohlstand für alle, 1957, S. 7

..So wollte ich jeden Zweifel beseitigt wissen, dass ich die Verwirklichung einer Wirtschaftsverfassung anstrebe, die immer weitere und breitere Schichten unseres Volkes zu Wohlstand zu führen vermag. Am Ausgangspunkt stand da der Wunsch, über eine breit geschichtete Massenkaufkraft die alte konservative soziale Struktur endgültig zu überwinden.....

Stehen wird heute nicht vor dem gleichen Problem - wie einst Ludwig Erhard? Wie steht es denn heute um die Massenkaufkraft?

Vergleichsweise:
Das Wirtschaftswunder der 1960er Jahre funktionierte mit einer Geldmenge, die viel kleiner war als die Vermögen der 100 reichsten Deutschen!

Was würde, Ihrer Meinung nach, eine gesetzliche Begrenzung von inländischem Gewinn bringendem Vermögen bei natürlichen Personen auslösen?

Das Grundgesetz selbst weist uns den richtigen Weg: Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz lautet: “Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.” Das Grundgesetz selbst sieht also die Möglichkeit der Beschränkung durch einfaches Gesetz vor.
Zum Thema Wettbewerb: Sind Sie der Meinung, dass Wettbewerb das einzige Mittel zur Erreichung und Sicherung des Wohlstands ist?

Für Ihr Bemühen, meine Fragen einer Beantwortung zuzuführen, Danke ich Ihnen bereits an dieser Stelle.

Mit freundlichen Grüßen
Willi Riebesehl

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Sehr geehrter Herr Riebesehl,

vielen Dank für die Fragen die Sie mir per E-Mail und via abgeordnetenwatch.de zugesandt haben.

Ihre beiden ersten Fragen hinsichtlich der Entwicklung sowie dem Verhältnis von Geldmenge und Bruttolohn sind sehr wirtschaftstheoretischer Natur. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich auf diesem Gebiet kein Experte bin. Falls Sie sich fragen, ob die Löhne heutzutage noch im Verhältnis zur geleisteten Arbeit stehen, dann hängt dies meiner Meinung nach vor allem davon ab, ob Menschen sich noch ihren Lebensstandard leisten können. Der Lebensstandard hängt vor allem von der Kaufkraft der Menschen ab. Wenn also die Güter teurer werden, dann müssen auch die Löhne steigen. Die Teuerungsrate der Güter ist die Inflation und an dieser sollten sich mindestens auch die Lohnsteigerungen orientieren. Nicht in allen Bereichen gibt es Tarifverträge die dies garantieren, daher fordere ich zusammen mit meiner Partei dort Mindestlöhne, wo Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr leben können.

Das Halbeinkünfteverfahren wurde 2001 eingeführt, da das in Deutschland von 1977 bis 2000 geltende Anrechnungsverfahren europarechtswidrig war. Es wurde eingeführt um die finanziellen Nachteile der seit 2002 nicht mehr anrechenbaren Körperschaftsteuer für Anteilseigner von Kapitalgesellschaften auszugleichen. 2009 wurde das Halbeinkünfteverfahren durch die Abgeltungssteuer bzw. durch ein Teileinkünfteverfahren ersetzt.

Die Ziele Ludwig Erhards waren für die 50er Jahre sicherlich angemessen. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir im 21.Jahrundert andere Ziele haben müssen. In den letzten 60 Jahren haben wir es geschafft eine breite Gesellschaftsschicht in den Wohlstand zu führen. Jetzt ist es an der Zeit denjenigen zu helfen, die am Rande unserer Gesellschaft stehen, die nicht selbst über ihre Zukunft entscheiden können. Es darf in einem Land wie Deutschland keine Armut geben. Die Schere zwischen arm und reich ist in den letzten Jahren weiter auseinandergegangen. Die Politik muss daher dringend den Kampf gegen Armut in unserem Land aufnehmen. Dies habe ich auf dem Neujahrsempfang der SPD in Walsrode deutlich gemacht und dies wird auch in Zukunft meine politische Arbeit bestimmen.

Die gesetzliche Begrenzung von inländischen Gewinnen und beim Vermögen von natürlichen Personen halte ich für verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Ich persönlich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der der Staat den Menschen aufgrund von Gesetzen und ohne Gegenleistung, seinen Bürgern das Geld wegnehmen kann. Es kann jedoch nicht sein, dass Manager Bonuszahlungen erhalten, während der Staat die Finanzwirtschaft mit Steuergeldern rettet. Solidarität und Moral gehören in unsere Gesellschaft. Wenn dies in manchen Bereichen nicht selbstverständlich ist, dann brauchen wir da gesetzliche Regelungen.

Ich bin überzeugt, dass Wettbewerb allein nicht ausreicht, um Wohlstand für alle zu erreichen und zu sichern. Wettbewerb um die besten Ideen und die besten Produkte ist richtig. Dieser Wettbewerb muss aber im Rahmen des Konzeptes der sozialen Marktwirtschaft stattfinden. Ich will keine Gesellschaft, die nur auf Wettbewerb basiert und die Menschen dann alleine lässt. Wir brauchen keine amerikanischen Verhältnisse. Soziale Marktwirtschaft heißt für mich auch, dass der Staat Regeln setzen muss, die beispielsweise die soziale und ökologische Dimension einer Gesellschaft berücksichtigen und Ziele des Allgemeinwohls festschreiben. Wohlstand bedeutet für mich nicht nur Geld sondern vor allem eine sozialen und nachhaltige Gesellschaft.

Gerne diskutiere ich ihre Fragen und meine Antworten auch mit Ihnen persönlich. Hierfür lade ich Sie zu einer meiner nächsten Bürgersprechstunden ein. Melden Sie sich dafür bitte unter lars.klingbeil@wk.bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Lars Klingbeil, MdB

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