Wieso steuern für Reiche erhöhen?

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Manuela Rottmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Beate E. •

Wieso steuern für Reiche erhöhen?

Unser Staat nimmt jährlich über 739 Milliarden Steuern von uns ein . Wieso leistet Deutschland jährlich mehrere Milliarden Entwicklungshilfe, wenn dann das Geld nicht mehr für die Renten reicht und wir bis zum 69 Lebensjahr arbeiten müssen ? Sie sagten in einem Gespräch, wir sind ein reiches Land aber die klupft zwischen arm und reich wird immer größer. Wir sind ein reiches Land: reich an Steuern, reich an Geld dass man verschenkt ohne uns den Steuerzahler zu fragen . Wieso

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Guten Tag.

Entwicklungshilfe ist für uns Grüne im Grundsatz nicht verhandelbar. Globale Herausforderungen wie Pandemien, Hunger, Migration, Klima- oder Finanzkrise brauchen globale Lösungen. Die Zeit drängt. Wir wollen die weltweite sozial-ökologische Transformation vorantreiben. Die Menschenrechte, die globalen Nachhaltigkeitsziele und das Pariser Klimaabkommen sind hierfür wichtige Fundamente. Deutschland und die EU müssen beim Schutz globaler Güter, einer gerechten Ressourcenverteilung und bei der Schaffung fairer Entwicklungschancen vorangehen und die notwendigen Mittel bereitstellen.

Unser Wirtschafts- und Wachstumsmodell ist unfair und stößt an planetare Grenzen. Klima-, Umwelt-, Ressourcen- und Verteilungskrisen sind die Folge. Die Ungleichheit in und zwischen den Staaten nimmt zu. Freiheit und menschliche Sicherheit sind bedroht. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung weiter befördert.

Als führende Exportnation muss Deutschland einen führenden Beitrag zur gerechteren und nachhaltigeren Globalisierung leisten. Wir fordern die Einhaltung der Menschenrechte, der UN-Nachhaltigkeitsziele sowie des 1,5 Grad Ziels nicht nur von anderen ein. Wir müssen diese selbst systematisch im Blick behalten und hierfür die Ressourcen und Instrumente zur Verfügung stellen.

Wir wollen Armut und soziale Ungleichheit verringern, Geschlechtergerechtigkeit, Bildung und Gesundheit fördern, mit einer globalen Agrarwende den Hunger beenden, die Klimakrise bekämpfen, Demokratie und Menschenrechte stärken und faire Handelsabkommen schließen. Es ist im Eigeninteresse der Wirtschaft, mehr Verantwortung für das Gemeinwohl und eine gerechtere Globalisierung zu übernehmen. Wir setzen hierbei auch auf globale Steuergerechtigkeit sowie ein wirkungsvolles Lieferkettengesetz.

Entwicklungspolitik ist für uns globale Strukturpolitik, die Beiträge für globale Gerechtigkeit liefert und konkret zur Umsetzung dieser Ziele beiträgt. Das heißt für uns auch, unsere Beziehungen zum Globalen Süden von kolonialen und patriarchalen Denkmustern zu befreien, unsere Handelspolitik fairer zu gestalten, Staateninsolvenzverfahren zu schaffen, für mehr Gerechtigkeit in internationalen Organisationen wie Weltbank und IWF zu sorgen sowie unsere Verpflichtungen zur internationalen Entwicklungs-und Klimafinanzierung verlässlich einzuhalten. Wir wollen die Vereinten Nationen und multilaterale Zusammenarbeit stärken, um mit der EU und den VN mehr Wirkung für Entwicklung zu erzielen. Mit unseren Partner*innen im Globalen Süden aus Regierungen und Zivilgesellschaft arbeiten wir gleichberechtigt.

Das haben wir vor: Grüne Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik

Wir werden die 0,7-% Zusage zur Entwicklungsfinanzierung (ODA) bis 2025 erfüllen sowie weitere 10 Mrd. für die internationale Klimafinanzierung bereitstellen.
Wir wollen alle Politikbereiche auf die sozial-ökologische Transformation ausrichten, einen Nationalen Rat für Frieden, Nachhaltigkeit und Menschenrechte einrichten sowie einen Nachhaltigkeits- und Menschenrechts-TÜV einführen.
Klimagerechtigkeit treiben wir voran, indem wir Klimapartnerschaften bzw. die bestehenden Fonds für Klimaanpassung und Klimaschutz stärken und uns für einen neuen Fonds zum Ausgleich von Schäden und Verlusten einsetzen. Entwicklungs- und Investitionsbanken wie die Weltbank sollen zu Transformationsbanken umgebaut werden.
Gesundheitssysteme müssen leistungsfähig und für alle zugänglich sein. Dazu wollen wir die WHO als koordinierende Organisation der globalen Gesundheit mit deutlich höheren Beiträgen und einem klaren Mandat befähigen.
Für die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und der Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen werden wir die internationale Zusammenarbeit finanziell und konzeptionell darauf ausrichten, Geschlechtergerechtigkeit als Querschnittsaufgabe zu erreichen sowie reproduktive Gesundheit und das Recht auf Bildung in allen Projekten zu verankern.
Wir wollen Armut weltweit bekämpfen und zur Stärkung von sozialen Sicherungssystemen beitragen. Durch finanzielle Direkthilfen („social cash transfers“) können in einem ersten Schritt im Rahmen der ODA-Mittel besonders Bedürftige abgesichert werden.
Wir wollen die globale Agrarwende vorantreiben. Wir setzen uns ein für Agrarökologie, Landrechte, den Schutz der Biodiversität und regionale Wirtschaftskreisläufe. Wir wollen Nahrungsmittelspekulationen verbieten sowie die Rechte der Kleinbäuer*innen fördern.
Damit Unternehmen künftig Umwelt- und Sozialstandards sowie Menschenrechte entlang der gesamten internationalen Produktions- und Lieferkette achten und durchsetzen, braucht es auf europäischer Ebene ein weitreichendes Lieferkettengesetz. Unternehmen müssen im Schadensfall zivilrechtlich in Haftung genommen werden können.
Wir wollen international Mindeststandards für die Steuerpflichten von Unternehmen und Staaten und die Vereinten Nationen in Steuerfragen stärken. Internationale Konzerne müssen ihre Gewinne nach Ländern aufschlüsseln und Briefkastenfirmen entziehen wir durch ein Transparenzregister die Grundlage. Für überschuldete Staaten soll ein rechtlich verbindliches Verfahren zur Umstrukturierung aller Schulden bei Staaten und privaten Gläubiger*innen etabliert werden.
Wir wollen eine kooperative Weltwährungsordnung. Der IWF muss in Krisensituationen sehr viel mehr Liquidität bereitstellen. Deutschland und Europa können vorangehen und ihre Stimmrechte zusammenlegen sowie nicht genutzte Sonderziehungsrechte Entwicklungsländern zur Verfügung stellen, wie Kanada es bereits getan hat.

Mit freundlichen Grüßen

Manuela Rottmann

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