Frage an Marco Bülow bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Marco Bülow
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Frage von Philipp P. •

Frage an Marco Bülow von Philipp P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bülow,

mit großer Hoffnung stimmte ich 2013 für sie und ihre Partei, insbesondere weil ich als Student von unbezahlten Praktika und Niedriglöhnen betroffen bin, welche durch den Mindestlohn deutlich entspannt wurden und werden. Auch die anstehende, längst überfällige BaFöG-Erhöhung heiße ich gut.

Umso schockierter war ich, als Heiko Maas (SPD) quasi aus heiterem Himmel Leitlinien einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verkündete, nachdem ihre Partei ebenjene 2010 noch kritisierte - und er sich erst im Dezember entschieden dagegen aussprach. Ich vermute Koalitionsabsprachen der Art "x gegen y", anders kann ich mir einen derartigen Gesinnungswandel nicht erklären. Welche Ursachen sehen Sie für den plötzlichen Kurswechsel?

Man bedenke dabei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, "Eine weitere Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes [des Bundestages] im März 2011 kam zu dem Ergebnis, dass die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung in keinem EU-Land zu einer signifikanten Änderung der Aufklärungsquote von Straftaten geführt habe.". Die Instrumentalisierung der Opfer von Paris pro VDS seitens einiger Unionspolitiker finde ich im übrigen höchst verwerflich, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die VDS Frankreichs diesen Terrorakt nicht verhindern konnte. Sigmar Gabriels Aussage, die VDS in Norwegen (das keine VDS hat) habe bei der Festnahme Breiviks (der vor Ort gestellt wurde) geholfen, wirkt da schon fast symptomatisch.

Was also erhofft sich Ihre Partei von einer Maßnahme, die erwiesenermaßen weder Straftaten verhindern noch aufklären kann und dem Volk endgültig die Illusion der Anonymität seiner Kommunikation nimmt?

Wie werden Sie zu einem solchen Gesetzesentwurf abstimmen?
Auf welcher Argumentation basiert Ihre Entscheidung dazu?

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Piduhn

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Die PARTEI

Sehr geehrter Herr Piduhn,

ich bin gegen die Vorratsdatenspeicherung . Ich werde deshalb meine Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion dazu auffordern, dem Gesetz der Regierung nicht zuzustimmen. Mich bestärkt hier auch noch einmal deutlich der kürzlich auf dem Parteitag gefasste Beschluss der Dortmund SPD, der sich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausspricht.

Die Vorratsdatenspeicherung greift tief in unsere Grundrechte ein und höhlt den Rechtsstaat aus. Ihre Wirksamkeit ließ sich bisher nicht nachweisen und die Argumente, die für eine Vorratsdatenspeicherung vorgebracht werden, sind aus meiner Sicht nicht stichhaltig. Terrorakte oder Verbrechen wurden durch das anlasslose Speichern von Verbindungsdaten nicht verhindert. In Frankreich z.B. gibt es die Vorratsdatenspeicherung. Trotzdem konnten dadurch die schrecklichen Attentate auf die Redaktion von Charlie Hebbdo nicht verhindert werden. Die Vorratsdatenspeicherung hat auch nicht bei der Aufklärung des Breivik-Attentats in Norwegen geholfen. Dieser Fall wurde ohne Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt. Auch Wissenschaftler haben deutlich gemacht, dass die Vorratsdatenspeicherung bei der Aufklärung schwerer Verbrechen keinen messbaren Vorteil bringt.

Des Weiteren ist die Behauptung, Inhalte würden bei der geplanten Speicherung nicht erfasst, nicht richtig. Natürlich werden Inhalte erfasst. Mit Metadaten lassen sich weitreichende Netzwerke von Kommunikationspartnern abbilden, mit Standortdaten prinzipiell binnen kürzester Zeit Bewegungsprofile erstellen. Verbindungsinformationen verraten private Details wie Hobbies, Nachrichten- und Shoppingvorlieben, religiöse oder vergleichbare Überzeugungen, Gesundheitszustand, Finanzsituation oder sexuelle Interessen.
Nicht umsonst haben das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof die bisherigen Gesetze dazu für gescheitert erklärt und hohe Hürden für eine Vorratsdatenspeicherung aufgestellt. Selbst die Bundesdatenschützerin Andrea Voßhoff, die vor Ihrer Ernennung zu Datenschützerin immer für eine Vorratsdatenspeicherung war, lehnt diese mittlerweile ab.

Ich werde mich weiterhin in meiner Fraktion und auch gegenüber der Regierung und meiner Partei gegen eine Vorratsdatenspeicherung einsetzen.

Weitere Informationen zu meiner Position zum Thema Vorratsdatenspeicherung finden Sie auch in meinem Blogeintrag "Geisterdiskussion Vorratsdatenspeicherung", der unter folgendem Link zu finden ist: http://blog.marco-buelow.de/2015/04/30/geisterdiskussion-vorratsdatenspeicherung/

Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow