Frage an Marco Bülow bezüglich Umwelt

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Marco Bülow
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Frage von Michael T. •

Frage an Marco Bülow von Michael T. bezüglich Umwelt

Hallo Marco,

ich habe eine Frage zum heute beschlossenen "Klimapaket":

Bisher habe ich in einer Übersicht zum Gesetzesentwurf nur erfahren können, dass Biogas verstärkt ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Ich halte Biogas für eine äußerst wichtige Zukunftstechnologie, auch, um langfristig unabhängiger von Erdgaslieferungen insb. aus Russland zu werden. Gibt es im Gesetz Vorkehrungen, um Biogas exklusiver zu fördern und die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben? Insbesondere die Erforschung der Nutzung von Pflanzenresten für die Herstellung sollte forciert werden, um Nahrungsmittel nicht noch weiter zu verteuern und die Pflanzen intensiver nutzen zu können. Gibt es hierzu auch Konzepte?
Vielen Dank für deine Antwort,
Michael

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Lieber Michael,

besten Dank für Deine Anfrage vom 5. Dezember zum Thema Biogas.

Bereits seit dem Jahre 2000 wird die Stromerzeugung aus Biogas durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert. Mit der Novelle des EEG im Jahre 2004 wurden verstärkte Anreize für die Nutzung Nachwachsender Rohstoffe durch den sog. NaWaRo-Bonus sowie für die gemeinsame Strom- und Wärmenutzung durch einen Effizienz- bzw. KWK-Bonus gesetzt. Dies hat in den letzten Jahren zu einem stärkeren Ausbau, ja z.T. auch Boom bei den Anlagenherstellern und Betreibern von Biogasanlagen geführt. Bereits in der EEG-Novelle von 2004 wurden erste finanzielle Anreize für die Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz gesetzt (aus der Kombination von KWK- und Technologie-Bonus). Zusammen mit einer gewissen Privilegierung der Biogaseinspeisung in der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) 2005 konnten somit die Grundlagen für die ersten Projekte zur Biogaseinspeisung (wie z.B. in Straelen oder Pliening) geschaffen werden. Da es aber noch technische und wirtschaftliche Unwägbarkeiten und z.T. noch wenig Erfahrung in diesem Bereich gibt, blieb es bei diesen wenigen Projekten. Von Seiten der SPD-Fraktion hätten wir uns auch vorstellen können, ein eigenes Biogaseinspeisegesetz auf den Weg zu bringen, um somit eine größere Dynamik bei der Biogaseinspeisung mit Hilfe neuer Anbieter wie den Stadtwerken zu erzeugen – doch dies war bisher noch nicht mehrheitsfähig in der Koalition. Wir hoffen aber, dass auch mit den vorgesehenen Änderungen in den entsprechenden Verordnungen (Gasnetzzugangs-/entgeltverordnung sowie Anreizregulierungsverordnung) eine stärkere Nutzung der Biogaseinspeisung erfolgen wird. Gerade zu diesem Thema gibt es ein groß angelegtes Forschungsvorhaben des Bundesforschungsministeriums (BMBF), das vom Fraunhofer-Institut UMSICHT geleitet wird und dessen Zwischen- und Endergebnisse wir auch in die aktuelle Politik mit einfließen lassen werden. Weitere Informationen findest Du unter: http://www.biogaseinspeisung.de/

Gerade im Hinblick auf die enormen Marktmöglichkeiten der Biogaseinspeisung, aber auch mit Blick auf die damit zusammenhängenden und noch offenen Praxis-Fragen hat die Deutsche Energie-Agentur (dena) vor kurzem eine Plattform zur Biogaseinspeisung („Projekt Biogaspartnerschaft“) ins Leben gerufen und Marktakteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammengeholt. Weitere Informationen hierzu findest Du unter: http://www.dena.de/de/infos/veranstaltungen/archiv/veranstaltung/biogaspartner/

Ein, zwei kurze Anmerkungen zum Thema „Nutzung von Pflanzenresten“ und Nahrungsmittelpreise: Alle bisherigen Studien und Szenarien für die zukünftigen Potentiale Erneuerbarer Energien und deren Nutzung zeigen auf, dass das Potential der pflanzlichen Rest- und Abfallstoffe begrenzt ist, während sich die Potentiale für die Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen weiter steigern lassen. Es ist richtig und wichtig, die vorhandenen, aber leider begrenzten Potentiale der pflanzlichen Abfall- und Reststoffe möglichst vollständig auszuschöpfen und möglichst effizient energetisch zu nutzen – v.a. in der Nähe von Städten und Zentren würde sich die Biogaseinspeisung und/oder KWK-Nutzung von Biogas ideal eignen und somit große Teile der Strom- und Wärmeversorgung decken können.

In der anstehenden Novellierung des EEG versuchen wir, durch eine Flexibilisierung des sog. Ausschließlichkeitsprinzips beim NaWaRo-Bonus dieses Potential der Abfallstoffe verstärkt nutzbar zu machen. Um aber auch zu einer möglichst vollständigen Energieversorgung Deutschlands aus Erneuerbaren Energien zu gelangen, benötigen wir auch die Potentiale der Nachwachsenden Rohstoffe. Hierbei gilt es natürlich, dass man eine naturverträgliche Anbauweise garantieren muss und gleichzeitig darauf zu achten hat, dass es nicht wirklich zu Verknappungen auf dem Lebensmittelmarkt kommt.
Durch zahlreiche Forschungsvorhaben zur Pflanzenzüchtung und Anbaumethoden für Energiepflanzen sowie deren Umsetzung und Verbreitung bei den Landwirten, wird es möglich sein, die Hektarerträge auf umwelt- und naturschutzverträgliche Art und Weise zu steigern: Mischfruchtanbau, Anbau von Zwischenfrüchten bzw. die Zweikulturnutzung scheinen sich hierbei als Lösungen anzubieten. Gerade hierzu gibt es eine Vielzahl von Forschungsvorhaben und Umsetzungsarbeiten – es sei hier v.a. auf die Arbeiten der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) verwiesen sowie auf die Beratungen durch einige, sehr engagierte, nachgeordnete Landesbehörden wie z.B. die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) und deren Thüringer Zentrum für Nachwachsende Rohstoffe (TZNR). Auch das neu gegründete Deutsche Biomasse-Forschungszentrum in Leipzig (DBFZ) wird hier weitere Anstöße und Erkenntnisse liefern. Alleine die FNR hat zwischen 2003 und 2007 104 Forschungsprojekte im Biogas-Bereich gefördert, die z.T. noch nicht abgeschlossen sind. Weitere Informationen hierzu findest Du auch unter: http://www.fnr-server.de/cms35/Biogas.982.0.html

Vor allem auf das mehrjährige, noch laufende Verbundprojekt „EVA“ („Entwicklung und Vergleich von optimierten Anbausystemen für die Produktion von Energiepflanzen“) sei an dieser Stelle hingewiesen, das jetzt schon einige spannende Zwischenergebnisse liefert und wichtige Impulse für die nachhaltige Nutzung von Energiepflanzen bieten wird. Weitere Informationen speziell hierzu findest Du unter: http://www.fnr-server.de/cms35/Beitraege.1641.0.html bzw. unter http://www.tll.de/vbp/vbp_idx.htm

Der Anteil der agrarischen Rohstoffkosten am endgültigen Lebensmittel liegt im einstelligen Prozentbereich, so dass die aktuellen Preissteigerungen kaum auf die verstärkte Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen im energetischen oder stofflichen Bereich zurückzuführen sind. Vor allem. durch die Veränderung der Ernährungsweise in China (stärkerer Fleischkonsum) und durch mehrere schlechte Ernten in klassischen Anbaugebieten (wie z.B. in der Ukraine oder auch in Australien – bedingt durch die dortigen Dürren) kam es zu einem überraschend starken Rückgang der internationalen Getreidereserven und damit zu einem Anstieg der Weltmarktpreise. Auch das vermehrte Auftreten von eigenen Rohstofffonds im Agrarsektor, die diesen Bereich als Anlage- aber auch Spekulationsobjekt entdeckt haben, führte zu Preissteigerungen. Trotz dieser Erhöhungen muss man aber gerade für Deutschland festhalten, dass es sich angesichts der über Jahre hinweg vorhandenen Tiefstpreise für Lebensmittel um einen notwendigen Nachholeffekt handelt – nicht ohne Grund musste der Bundestag dieses Jahr ein Gesetz verabschieden, das dem Handel grundsätzlich den Verkauf von Lebensmitteln unter Einstandspreis untersagt. Ich hoffe, ich konnte dir mit diesen Informationen weiterhelfen.

Ich wünsche dir einen guten & gesunden und erfolgreichen Start ins neue Jahr,

Marco Bülow