Frage an Markus Ferber bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Markus Ferber
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Frage von Adam M. •

Frage an Markus Ferber von Adam M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ferber,

ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie zu dem ESM-Vertrag stehen und über diesen denken. Insbesondere interessiert mich Ihre Haltung zu folgenden Punkten:

1. Artikel 9 ESM-Vertrag: Die Bedingungslose und unwiderrufliche Zusage, jeglichen Kapitalbedarf durch die EU binnen 7 Tagen zu überweisen.
Meine Frage: Warum müssen wir bedingungslos und unwiderruflich, also für immer und Ewig, diese Zusage machen?

2. Artikel 10 ESM-Vertrag: Der Gouverneursrat kann jederzeit das Grundkapital ändern und Artikel 8 anpassen - und wir müssen laut Artikel 9 bedingungslos und unwiderruflich folge Leisten.
Meine Frage: Sind die jetzt geforderten 700.000.000.000,00 (Siebenhundertmilliarden) etwas nur der Anfang? Kann es auf Billionen oder gar Billiarden anwachsen?

3. Artikel 27 ESM-Vertrag: Der ESM verfügt über volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit. Sein Eigentum, Finanzmittel und Vermögenswerte aber genießen umfassende gerichtliche Immunität.
Meine Frage: Warum kann der EMS und vor das Gericht zerren, er selber aber eine volle Immunität genießt? Gilt diese Immunität dann auch bei Rechtsverstößen und kriminellen Handlungen?

4. Artikel 30 ESM-Vertrag: Die Mitglieder, Direktoren und Stellvertreter genießen Immunität hinsichtlich ihrer Handlungen und Unverletzlichkeit ihrer amtlichen Schriftstücke.
Meine Frage: Warum können diese Personen nicht für Ihr Handeln zur Rechenschaft gezogen werden? Gilt das allgemeine Recht für diese Personen nicht? Was ist mit "Unverletzlichkeit der Schriftstücke gemeint"? Dass man sie nicht kaputt machen darf, oder dass man sie erst gar nicht einsehen darf?

Wenn Sie sich ebenfalls diese oder ähnliche Fragen stellen sollten, dann bitte ich Sie, diesen Wahnsinn aufzuhalten.

Über eine Antwort bedanke ich mich bei Ihnen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Adam Makota

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CSU

Sehr geehrter Herr Makota,

herzlichen Dank für Ihre Frage, die Sie mir über Abgeordnetenwatch gestellt haben. Gerne lasse ich Ihnen meine Einschätzung zukommen. Zunächst möchte ich allerdings darauf hinweisen, dass ich als Europaabgeordneter nicht über den ESM-Vertrag abstimmen werde, da dies im Bundestag geschehen wird.

Generell begrüße ich die Einrichtung eines permanenten Rettungsschirms, von dem in Not geratene Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung in Anspruch nehmen können, sehr. Der Euro ist ein Gemeinschaftsprojekt und die Mitglieder der Europäischen Währungsunion sind dem Gedanken der Solidarität verpflichtet, daher müssen alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden um den Euro und die Mitglieder der Eurozone nachhaltig zu stabilisieren.

Das bedeutet aber nicht, dass es diese Finanzhilfen ohne Bedingungen geben darf. Natürlich darf dadurch nicht die Stabilität der Eurozone als Ganzes gefährdet werden. Zudem müssen eine Schuldentragfähigkeitsanalyse sowie von dem betroffenen Mitgliedstaat ein wirtschaftliches Reformprogramm vorliegen.

Natürlich wird es mit dem ESM keine Generalbevollmächtigung geben, dass von den Mitgliedstaaten auf "immer und ewig", wie Sie schreiben, und in unbegrenztem Maße Geld eingefordert werden kann. Hier wurden Höchstgrenzen gesetzt. Wenn Sie sich Annex I und Annex II des Textes anschauen werden Sie sehen, dass für den Beitrag Deutschlands diese Höchstgrenze bei 27,1464 % (Annex I) bzw. bei 190 024 800 000 Euro (Annex II) liegt. Artikel 9 beinhaltet ferner "authorised unpaid capital", also Gelder, die im Rahmen dieser Höchstgrenze liegen, aber noch nicht gezahlt wurden. In diesem Zusammenhang kann der Mitgliedstaat aufgefordert werden, einer zugesagten Zahlung nachzukommen, sollte sie noch nicht erfolgt sein. Diese Zahlung wird aber auch nur gefordert, sollte der Beitrag, den der Mitgliedstaat insgesamt zugesagt hat, noch nicht ausgeschöpft sein. Es ist wie gesagt nicht richtig, dass von den Mitgliedstaaten jederzeit unbegrenzte Summen eingefordert werden können. Dem würde auch keiner der Staaten zustimmen, davon bin ich überzeugt. Außerdem gebe ich zu bedenken, dass es sich bei den Finanzhilfen um Darlehen handelt, nicht um finanzielle Unterstützung, die nicht mehr zurückgezahlt werden muss.

Artikel 10 legt die Bedingungen für eine Erhöhung des Grundkapitals fest. Das ist generell möglich, allerdings kann auch das nicht ohne weiteres geschehen. Denn in Artikel 10 ist ganz klar festgelegt, dass das erst erfolgen kann, wenn die entsprechenden nationalen (Zustimmungs-)verfahren beendet sind. Jeder Mitgliedstaat hat also sozusagen ein Vetorecht. Zudem sind die Gremien, in denen die Entscheidungen getroffen werden, natürlich mit Vertretern der Mitgliedstaaten bzw. der nationalen Regierungen besetzt. Das geht aus den Artikeln 4 ff. hervor.

Schließlich sind auch die Äußerungen bezüglich Artikel 27 und 30 nicht zutreffend. Weder der ESM noch seine Mitglieder sowie die Vertreter in den Gremien genießen volle Immunität. Zum einen sind die Regelungen bezüglich Immunität in Artikel 27 Standard bei allen internationalen Organisationen. Zum anderen wird in Artikel 30 ganz klar ausgedrückt, dass es sich hier nur um Immunität in Bezug auf die Ausführung der entsprechenden Amtstätigkeit handelt. Diese Immunität genießen auch nationale Politiker wie etwa unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 7. September ganz klar bestätigt hat, dass die EU-Finanzhilfen legitim sind. Dementsprechend hat es die Verfassungsbeschwerde abgewiesen. Das ist eine ganz klare Stärkung der Europäischen Währungsunion, die ich sehr begrüße.

Ich hoffe sehr, Ihnen mit diesen Informationen Ihre Bedenken genommen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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