2022 wird der Hartz-IV-Satz nur um 0,7% angehoben, deutlich unter der Inflationsrate von 4,1%. Wäre es nicht besser die Sätze mehr oder ganz an den Verbraucherpreisindex zu koppeln?

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Martin Rosemann
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Frage von Michael Q. •

2022 wird der Hartz-IV-Satz nur um 0,7% angehoben, deutlich unter der Inflationsrate von 4,1%. Wäre es nicht besser die Sätze mehr oder ganz an den Verbraucherpreisindex zu koppeln?

Sehr geehrter Herr Rosemann,

2022 wird der Hartz-IV-Satz um 3 Euro auf dann 449 Euro den Monat angehoben. Hartz-IV ist eine Grundsicherung, die das Existenzminimum sichern soll. Wenn aktuell 2021 das Existenzminimum mit 446 Euro im Monat gesichert wird und die Inflationsrate bei 4,1% liegt, dann liegt doch der Hartz-IV-Satz bei einer Anhebung um 0,7% 2022 unter dem Existenzminimum. Das ist Mathematik.

Finden Sie das zulässig oder sehen Sie in den Koalitionsverhandlung bei Hartz-IV reformbedarf? Und wie stehen Sie zu den Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger?

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SPD

Sehr geehrter Herr Q.,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich Ihnen sehr gerne antworten möchte.

Dazu möchte ich ergänzend auch auf das Zukunftsprogramm der SPD verweisen, indem wir ausführlich beschreiben wie wir uns eine Weiterentwicklung der Grundsicherung vorstellen.

Wir als SPD wollen die Grundsicherung grundlegend überarbeiten und zu einem Bürgergeld weiterentwickeln. Dieses Bürgergeld steht für ein neues Verständnis eines haltgebenden und bürgernahen Sozialstaats, der jede Bürgerin und jeden Bürger individuell unterstützt und begleitet. Das Bürgergeld soll digital und unkompliziert zugänglich sein und Bescheide und Schriftwechsel sollen eine verständliche Sprache sprechen. Wichtig für uns ist, dass die Regelsätze im neuen Bürgergeld zu einem Leben in Würde ausreichen und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Das Bürgergeld muss absichern, dass eine kaputte Waschmaschine oder eine neue Winterjacke nicht zur untragbaren Last werden. Daher ist es auch unser Ziel, die Kriterien zur Regelsatzermittlung weiterzuentwickeln und Betroffene und Sozialverbände mit einzubeziehen. Die derzeitige gesetzliche Regelung ermöglicht uns hier jedoch keinen Handlungsspielraum. Derzeit liefert das Statistische Bundesamt die Basis für die jährliche Berechnung der Regelbedarfe. Es gehen sowohl ein spezifischer Preisindex als auch die Entwicklung der Nettolöhne in die Berechnungen ein. Es ist aber richtig, dass – wie Sie schreiben – die zuletzt angestiegenen Verbraucherpreise erst zeitversetzt bei der Berechnung der Regelsätze für 2023 berücksichtigt würden.

Auch insgesamt wollen wir unser bestehendes Sozialsystem weiterentwickeln, verbessern und vor allem zukunftsfähig machen. Wir müssen insgesamt daraufhin arbeiten, dass der Sozialstaat der Partner der Bürgerinnen und Bürger ist. Im Mittelpunkt eines Sozialstaats der Zukunft steht für mich jeder Bürger und jede Bürgerin. Jeder hat gegenüber dem Sozialstaat Anspruch auf einen würde- und respektvollen Umgang, auf eine Partnerschaft auf Augenhöhe und auf einfache und verständliche Verfahren. Jeder und jede soll die Unterstützung und Hilfe bekommen, die er oder sie wirklich braucht. Daran wollen wir als SPD weiterhin arbeiten. Bezogen auf Sanktionen heißt das für mich: Im Vordergrund muss immer das Fördern mit Anreizen und gezielten Hilfen stehen. Sanktionen können hier nicht das Mittel erster Wahl sein. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch Mitwirkungspflichten brauchen, denn genau wie ein Recht auf Unterstützung und Hilfe in schwierigen Zeiten, gibt es im Sozialstaat bzw. in einer Solidargemeinschaft auch Pflichten. Daher bin ich auch nicht für die komplette Abschaffung von Sanktionen, aber es muss immer verhältnismäßig und an der individuellen Situation orientiert sein. Und auch die Höhe muss verhältnismäßig sein. Daher habe ich auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2019 begrüßt, das genau diese Punkte auch beinhaltet.

Wir hoffen sehr, dass wir – im oben beschriebenen Sinne – in der kommenden Legislaturperiode hier Verbesserungen erzielen können.

Viele Grüße

Martin Rosemann

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