Frage an Martin Schwanholz bezüglich Umwelt

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Martin Schwanholz
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Frage von Philipp Z. •

Frage an Martin Schwanholz von Philipp Z. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Schwanholz.

Da sie Osnabrück ja möglicherweise nach der Wahl im September für vier Jahre repräsentieren werden, möchte ich ihnen nun zwei Fragen stellen:

1) Was sind ihre Ziele für die nächsten 4 Jahre, durch die sie der Region Weser-Ems und insbesondere der Stadt Osnabrück im Bundestag helfen wollen?

2) Wie bewerten sie die Frage des Ausstieges aus der Atomkraft, insbesondere nach den Pannen der letzten 3 Jahre in verschiedensten Atomkraftwerken und halten sie es für angebracht die Atomkraft (wie es die FDP und CDU/CSU vertreten) als notwendige Brückenenergieform zu deklarieren, bei der die Laufzeit der Atommeiler evrlängert werden muss, nachdem momentan (Stand 27. Juli 2009) sieben Atomkraftwerke, also mehr als 1/3 vollständig heruntergefahren sind? Es wäre auch schön, wenn sie in diesem Zuge etwas zur Problematik der endgültigen Lagerung der ausgebrannten Brennstäbe sagen könnten.

Mit freundlichen Grüßen und bereits jetzt vielen Dank für ihre hoffentlich aussagekräftigen Antworten.

Philipp Zeller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zeller,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich im Folgenden gerne antworten möchte.

Bereits seit 2002 setze ich mich als direkt gewählter Abgeordneter für die Belange der Region Osnabrück ein. In Zeiten der Finanzkrise gilt es primär den Wohlstand in unserer Gesellschaft zu erhalten und Gute Arbeit zu sichern – dies gilt natürlich auch für die Region Osnabrück und den Bezirk Weser-Ems. In meiner Funktion als Berichterstatter für Beschäftigungspolitik im Europaausschuss des Deutschen Bundestages liegt mir dabei eine engagierte Beschäftigungspolitik besonders am Herzen – nicht nur auf europäischer, sondern auch auf nationaler Ebene. Die Aufgabe der Politik ist es hierbei, Arbeitsplätze zu schützen und geeignete Rahmenbedingungen für Arbeitsplätze zu schaffen. Gleiche Löhne für gleiche Arbeit und ein flächendeckender Mindestlohn sind für mich im Rahmen einer guten Beschäftigungspolitik selbstverständlich. Schließlich sollen die Menschen von ihrer Arbeit auch menschenwürdig leben können. Auch stehe ich für eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte und für eine Ausweitung des Kündigungsschutzes. Im Zuge der Bekämpfung der Folgen der Wirtschaftskrise setze ich mich weiterhin für die Mittelstandsförderung ein. Für die genannten Ziele werde ich mich im Raum Osnabrück selbstverständlich auch in der nächsten Legislaturperiode engagieren.

Der Klimaschutz, die wachsende internationale Arbeitsteilung und die älter werdende Gesellschaft bringen einen neuen Bedarf an neuen Produkten und Dienstleistungen mit sich. Je nach Angebot und Möglichkeit vor Ort, ist hier eine Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in den Märkten der Zukunft wie z. B. im Bereich der Umwelttechnologien, der Kreativwirtschaft oder innerhalb der Modernisierung der Infrastruktur – auch im Raum Osnabrück – vorstellbar. Gerade im Bereich der Umweltpolitik, die für mich eindeutig nachhaltig angelegt sein muss, hat sich Osnabrück mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt oder dem Bundesverband Windenergie bereits einen Namen gemacht und liefert auch zukünftig weiteres Innovationspotenzial.

Weiterhin soll der Raum Osnabrück von einer engagierten Bildungspolitik profitieren: Bildung muss von Anfang an gefördert werden. Dazu gehört z. B. das Recht auf Ganztagsbetreuung von Kindern, das ich ausdrücklich begrüße. Außerdem stehe ich für den Erlass von Studiengebühren, denn ein Studium darf nicht am Geld scheitern. Auch soll die Region von einer Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements profitieren. Für die o. g. Ziele werde ich mich weiterhin stark machen und geplante Maßnahmen und Projekte unterstützen.

Zu Ihrer Frage zum Atomausstieg: Die SPD fordert schon seit 1986 den Atomausstieg und hält auch weiterhin daran fest. Der Störfall im AKW Krümmel hat wieder einmal gezeigt, dass Atomkraftwerke ein hohes Sicherheitsrisiko bergen. Ein Atomausstieg ist damit aus Sicherheitsgründen geboten. Das langfristige Ziel der SPD ist, vollständig aus der Atomenergie auszusteigen. Bis 2020 sollen in der Bundesrepublik Deutschland flächendeckend alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Weiterhin untersagt das Atomgesetz in seiner jetzigen Fassung jedweden Neubau von Atomkraftwerken. Eine Renaissance der Atomenergie wird es daher nicht geben.

Auch ich persönlich teile die Auffassung, dass Atomkraft langfristig keine Antwort auf eine effiziente Energiepolitik ist. Zum einen dürfen Zwischenfälle wie im AKW Krümmel zukünftig nicht mehr vorkommen. Zum anderen wird die Rolle der Atomenergie überschätzt: Bei der globalen Energieversorgung liegt der Anteil der Atomenergie gerade einmal bei 2,5 % (Stand: 2006). Atomenergie trägt damit kaum zur Wärme- oder Kraftstoffversorgung bei – im Gegensatz zu den Erneuerbaren Energien, ihr Anteil liegt bereits bei 19,4 % (Stand: 2006). Auch ist Atomenergie zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland nicht zwingend notwendig: Zukünftig kann ein großer Anteil der Energieerzeugung durch Erneuerbare Energien gesichert werden. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist darüber hinaus zu jeder Stunde gesichert, weil durch den Kraftwerksbestand und den aktuellen Neubau von 12 Kraftwerken genügend Leistung im System verfügbar sein wird. So lässt sich sogar eine Stilllegung der Atomkraftwerke ausgleichen. Ein beschleunigter Atomausstieg ist damit machbar – Versorgungssicherheit und auch Klimaschutz sind dadurch nicht gefährdet. Eine Deklarierung der Atomenergie als Brückenenergieform ist daher gar nicht notwendig. Dies ist ein reiner "Scheinvorwand": Der Atomlobby, der Union sowie der FDP geht es letztlich nur darum, die Gewinne an der Stromerzeugung durch Atomenergie zu steigern – dabei wird der Strompreis für den Verbraucher nicht billiger. Auch kostet die Atomenergie dem Steuerzahler Milliarden: nämlich satte 45-100 Milliarden pro Jahr!

Aufgrund der hohen Sicherheitsrisiken bei älteren Kraftwerken spricht sich die SPD wie auch Bundesumweltminister Gabriel ausdrücklich gegen eine Laufzeitverlängerung, insbesondere für ältere Kraftwerke aus. Letztere weisen in der Regel geringere Sicherheitsreserven auf, haben tendenziell eine höhere Anzahl meldepflichtiger Ereignisse und einen schlechteren Schutz gegen terroristische Angriffe. Der Störfall im AKW Krümmel, welches konzeptionell als ein Alt-Reaktor einzustufen ist, hat nun bewiesen, dass auch moderne Sicherheitsvorkehrungen bei älteren Kraftwerken keinen absoluten Schutz mehr bieten können. Daher muss es Gesetzesverschärfungen, die zu einer rascheren Stilllegung alter Reaktoren führen, geben. Wir brauchen keine Verlängerung der Restlaufzeiten, sondern eine Beschleunigung des Atomausstiegs. Ältere Kernkraftwerke sind genau die Prüfsteine, ob die Forderung nach mehr Sicherheit ernst gemeint ist oder ob es sich dabei nur um eine bloße "Atom-Ideologie" handelt. Sollte Krümmel z. B. nach der Sicherheitsüberprüfung durch die durch die schleswig-holsteinische Atomaufsicht die nötigen Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr erfüllen, so ist auch hier eine sofortige Stilllegung zu erwägen.

Zur Problematik der endgültigen Lagerung der Brennstäbe: Im Sinne der Generationengerechtigkeit muss die Generation, die Atomenergie genutzt hat, eine Lösung für deren gefährliche Hinterlassenschaften finden. Die Endlagerfrage bleibt jedoch weltweit noch immer ungelöst. Die Probleme in Asse II und in Morsleben haben gezeigt, dass es kein absolut sicheres Endlager gibt. Eine Laufzeitverlängerung von 10 Jahren würde sogar 4.500 Tonnen zusätzlich hochradioaktiven Müll bedeuten, der unsere Sicherheit gefährdet. Allein dieser Fakt spricht ausdrücklich gegen eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Stattdessen sollten wir uns bemühen, eine auf international anerkannte Auswahl- und Sicherheitskriterien basierende Endlagersuche durchzuführen: Das Endlagerkonzept des Bundesministeriums für Umwelt sieht dazu vor, geologisch geeignete Standorte mit Gorleben zu vergleichen, um den relativ besten Standort auszuwählen. Sollte sich im Laufe des Auswahlverfahrens herausstellen, dass kein Standort besser geeignet ist als Gorleben, wird dort das Endlager errichtet, da dort bereits ca. 1,5 Mrd. Euro investiert wurden.

Abschließend möchte ich betonen, dass die Energiepolitik der SPD besonders nachhaltig ist, da sie einen effizienteren Energiemix aus konventionellen Brennstoffen und erneuerbaren Energien vorsieht. Nur mit diesem Mix kann die Energieversorgung 100%ig gewährleistet werden: Fossile Kraftwerke sind vorerst noch nötig, da nur sie bei Windstille oder bei hoher Nachfrage eine ausreichende Stromproduktion sichern. Sie werden aber immer seltener laufen müssen. Auch plädieren die SPD und der Bundesumweltminister dafür, dass noch nicht im Bau befindliche Kohlekraftwerke in Zukunft nur noch dann genehmigt werden, wenn sie über eine Abscheide- und Abspeichertechnik für CO2 verfügen.

In der Hoffnung Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben

Ihr Dr. Martin Schwanholz