75 % der Deutschen befürworten eine Integrative Medizin. Sollte dann nicht Naturmedizin der Schulmedizin gleichwertig gegenübergestellt werden?

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Martina Stamm-Fibich
SPD
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Frage von Maja T. •

75 % der Deutschen befürworten eine Integrative Medizin. Sollte dann nicht Naturmedizin der Schulmedizin gleichwertig gegenübergestellt werden?

Sehr geehrte Frau Stamm-Fibich,
(Chronisch) Kranke erleben oft, dass die konventionelle Medizin allein nicht hilft, sich ihre Lebensqualität mit zusätzlichen Verfahren der Naturmedizin aber deutlich verbessert. Das Bündnis weil´s hilft! fordert daher eine gleichwertige Erstattung von Methoden aus der Komplementärmedizin (sprich: Klass. Naturheilverfahren, Anthroposophische Medizin, Homöopathie, Neuraltherapie, Osteopathie, Chinesische und Ayurvedische Medizin) durch die gesetzlichen Krankenversicherungen. Zudem fordern wir eine gleichwertige öffentliche Forschungsförderung dieser Verfahren und die Errichtung eines Bundesinstituts für Naturmedizin, sowie drittens die Aufnahme in die Aus- und Weiterbildungen in den verschiedenen Heil- und Pflegeberufen.
In der kommenden Volksabstimmung von Abstimmung21 wird über diese drei Forderungen abgestimmt werden. Wir würden sehr gerne wissen, wie Sie zu einer rechtlichen Gleichstellung stehen?
 

(Umfrage Kantar TNS 2018; https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2018/daz-34-2018/zahl-der-woche-80-prozent-wollen-mitentscheiden)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau T.,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. August 2023 und Ihr Engagement für einen stärkeren Einsatz von Naturheilverfahren. Ich teile Ihre Einschätzung, dass Naturheilverfahren eine sinnvolle Option sind. Gerade dann, wenn Krankheiten konventionell nicht geheilt werden können oder wenn eine Erkrankung nicht allein medizinisch zu begründen ist und die Patientin oder der Patient ganzheitlich untersucht werden muss. Allerdings halte ich es für absolut notwendig, dass auch bei Naturheilverfahren die Evidenz geprüft wird. Denn nur so können wir Sorge dafür tragen, dass Patientinnen und Patienten sicher medizinisch versorgt werden. Und deshalb finden Naturheilverfahren, deren Evidenz gesichert ist, immer wieder Eingang in die Medizin und sind Satzungsleistungen. Ein Beispiel dafür ist die Akupunktur. Aber: Nicht alle Naturheilverfahren sind Satzungsleistungen, so wie auch nicht alle konventionellen Verfahren Satzungsleistungen sind. Ich halte die Evidenz für einen wesentlichen Punkt bei der Bewertung der Kostenübernahme von Heilverfahren.

Im Übrigen entscheidet über die konkreten Satzungsleistungen nicht die Politik, sondern die Selbstverwaltung über den Gemeinsamen Bundesausschuss.

Die Forschungsförderung obliegt dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Das BMBF unterstützt innovative Projekte und Ideen in der Forschung durch gezielte Förderprogramme. Die Programme werden ausgeschrieben und Forschende können sich um die Gelder bewerben, indem sie die entsprechenden Forschungsanträge einreichen.

Die Weiterbildung in den Heil- und Pflegeberufen obliegt den Bundesländern und ist über die entsprechenden landesrechtlichen Weiterbildungsverordnungen geregelt. Der Bund ist nur für die Zulassung und die Mindestvorgaben der Ausbildung für die Gesundheitsberufe mit dreijähriger Ausbildung zuständig. Doch hier sind Therapieverfahren nicht Gegenstand der Ausbildung. Therapieverfahren sind nur in der Medizinerausbildung und in den Therapieberufen Gegenstand der Ausbildung. Und hier gibt es bereits Fachgesellschaften und ärztliche Fortbildungen. Deshalb können sich Ärztinnen und Ärzte zu Ärzten für Naturheilkunde weiterbilden. In der Physiotherapie gibt es den sektoralen Heilpraktiker für Physiotherapie.

Ein eigenes Ausbildungsgesetz für Naturheilkunde gibt es nicht. Und es wäre meines Erachtens auch schwer umsetzbar. Denn es gibt eine Vielzahl an Verfahren und Richtungen, die in einem Ausbildungsgesetz gleichberechtigt abgebildet werden müssten. Das aber würde zu einer enorm langen Ausbildungsdauer führen.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Stamm-Fibich

 

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