Werden Sie dem Antrag 20/4886 der CDU/CSU Fraktion zu ME/CFS zustimmen?

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Matthias Miersch
SPD
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Frage von Stephanie K. •

Werden Sie dem Antrag 20/4886 der CDU/CSU Fraktion zu ME/CFS zustimmen?

Sehr geehrter Herr Miersch,

Ich gehöre zu den mindestens 500.000 an ME/CFS erkrankten Menschen in Deutschland. Bei mir ist der Auslöser für diese Erkrankung die Corona Impfung gewesen.
Der zum Thema ME/CFS gestellte Antrag 20/4886 wurde, wie Sie sicher wissen, am 19.01.2023 im Bundestag diskutiert. Alle Fraktionen waren sich einig, dass dringend etwas passieren muss, um den Erkrankten zu helfen.
Ich würde gern wissen, ob Sie persönlich dem Antrag zustimmen werden?
Es ist wichtig das jetzt endlich nach vielen Worten für uns Betroffenen Taten folgen.
Über eine kurze Rückmeldung würde ich mich freuen.
Vielen Dank und freundliche Grüße
S. K.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht, auf die ich nachfolgend gerne zunächst inhaltlich eingehen werde, bevor ich mich zu einer möglichen Abstimmung äußere:

Ich habe mich hinsichtlich Ihres Schreibens mit den gesundheitspolitischen Expert:innen der SPD-Bundestagsfraktion ausgetauscht. Daran anschließend möchte ich zunächst vorwegnehmen, dass die Erforschung von Myalgischer Enzephalomyelitis derzeit leider noch unbefriedigend ist. Wie Sie wahrscheinlich wissen, sind die konkreten Ursachen der Erkrankung leider noch nicht im Detail bekannt, da es sich um ein sehr vielfältiges Krankheitsbild handelt. Sie fordern Taten, was ich nachvollziehen kann. Derzeit ist die Grundlagenforschung zunächst das drängende Gebot der Stunde, um Anhaltspunkte für die Entwicklung einheitlicher Diagnosekriterien und wirksamer Therapieansätze zu finden. Ich begrüße es daher, dass das Bundesministerium für Bildung & Forschung (BMBF) bereits die Etablierung der sogenannten Nationalen Klinischen Studiengruppe „Post-Covid Syndrom und ME/CFS“ zur Durchführung von klinischen Phase II-Studien mit insgesamt zehn Millionen Euro bis Ende 2023 fördert. Ziel ist es, hier bereits zugelassene Medikamente zu identifizieren, die bei positiven Studienergebnissen schnell in die Versorgung gelangen können.

 

Sehr geehrte Frau K., als SPD-Bundestagsfraktion sind wir uns bewusst, welch langwierigen Leidensweg Menschen und ihre Angehörigen hinter sich haben, bis sie zu dieser niederschmetternden Diagnose gelangen. Sie können sich sicher sein, dass wir Ihre Sorgen und Anliegen sehr ernst nehmen und versuchen – seitens der Politik – Lösungen zu finden.

Das ist auch der Grund, warum die Bundesregierung in enger Abstimmung mit uns im Parlament neben der oben genannten Förderung bereits zahlreiche weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, die ich nicht unerwähnt lassen will. So ist auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aktiv geworden und fördert im Rahmen seiner Ressortforschung derzeit einen Verbund des Klinikums Rechts der Isar der TU München und der Charité Berlin. Ziel dieser Förderung ist der Aufbau eines altersübergreifenden klinischen Registers mit einer Biodatenbank. Die durch das Register gewonnenen Daten werden explizit auch Patient:innen mit ME/CFS nach einer COVID-19-Infektion erfassen. Die gemeinsamen Anstrengungen der Bundesregierung werden in einem beim Leitungsstab des BMG angesiedelten Arbeitsstab zwischen den beteiligten Ressorts fortlaufend koordiniert. In die Arbeit des Stabes fließen kontinuierlich auch internationale Hinweise und Forschungsanstrengungen aus aller Welt mit ein. Darüber hinaus hat das BMG das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits im März 2021, also vor mehr als zwei Jahren, damit beauftragt, den aktuellen Wissensstand zu ME/CFS systematisch aufzuarbeiten. Ein abschließender Bericht wird im Juni dieses Jahres, also sehr zeitnah, erwartet. Liegt dieser Bericht vor, wird man die bereits laufenden Aufklärungskampagnen – beispielsweise durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – weiter ausbauen und auf eine noch validere Grundlage stellen können.

 

Darüber hinaus hat der Bundesminister für Gesundheit, Prof. Dr. Karl Lauterbach, erst jüngst die Dringlichkeit verstärkter Forschungsanstrengungen zu Long-Covid und ME/CFS öffentlichkeitswirksam unterstrichen. In diesem Zusammenhang hat er angekündigt, sich für die Aufstockung der Forschungsmittel des Bundesministeriums für Gesundheit für diesen Bereich in den kommenden Haushaltsberatungen des Deutschen Bundestages einzusetzen.

 

Sehr geehrte Frau K., abschließend will ich darauf aufmerksam machen, dass die Ampelkoalition sich außerdem in ihrem Koalitionsvertrag auf das Ziel der Schaffung eines deutschlandweiten Netzwerks von Kompetenzzentren und interdisziplinären Ambulanzen für Long-COVID und ME/CFS-Betroffene verständigt hat. Nun wird es darauf ankommen, diese Vereinbarung gemeinsam mit Ländern und Kassenärztlichen Vereinigungen auch umzusetzen. Hierzu laufen zwischen den beteiligten Ressorts der Bundesregierung bereits intensive Gespräche. Mit einer Umsetzung ist nach jetzigem Stand in der zweiten Jahreshälfte 2023 zu rechnen.

Selbsthilfevereinigungen und die Akteure des Gesundheitswesens sind aber ihrerseits bereits aktiv geworden und haben Anlaufstellen für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen identifiziert und veröffentlicht. Beispiele sind das Fatigue Centrum der Charité — Universitätsmedizin Berlin oder auch das Netz von Long-Covid-Ambulanzen. Um die Versorgungssituation zügig weiter zu verbessern, haben wir im Parlament bereits mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz im Dezember 2022 den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, gesetzlich damit beauftragt, bis zum 31. Dezember 2023 eine Richtlinie für eine berufsgruppenübergreifende koordinierte und strukturierte Versorgung für Personen mit Long-/Post-COVID zu beschließen. Der G-BA kann dabei den Anwendungsbereich der Richtlinie auch auf die Versorgung von ähnlichen oder hiermit in Verbindung stehenden Krankheitsbildern erstrecken. Hierfür käme auch ME/CFS in Betracht.

 

Mir ist bewusst, dass trotz aller Anstrengungen die Forschungs- und Versorgungslage für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen derzeit noch nicht zufriedenstellend ist. Darum werden die SPD-Fraktion und ich nicht nachlassen, auf Ihr Anliegen auch weiterhin im Rahmen unserer Möglichkeiten bei Wissenschaft, Forschung und Ärzt:innenverbänden hinzuweisen, Fortschritte anzumahnen und durch finanzielle Mittel zu unterstützen. Ich bin Ihnen deshalb für Ihre Frage sehr dankbar und wünsche Ihnen persönlich eine baldige Besserung Ihrer gesundheitlichen Situation.

Aktuell wird der Antrag der CDU in den Fachgremien beraten, insoweit bleibt abzuwarten, inwieweit der Antrag dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt wird, oder alternative Beschlussempfehlungen auch vonseiten der Ampel-Koalition zur Abstimmung gestellt werden. Es entspricht dem parlamentarischen Gebrauch, dass entsprechende Abstimmungen in den Fraktionen vorberaten werden, sodass ich ihre Frage bezüglich meines Abstimmungsverhaltens derzeit nicht beantworten kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Miersch

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