Frage an Michael Stübgen von Claus M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Stüben,
ich habe gerade mit Interesse Ihre Pressemeldung "Der EU fehlt es nicht an Geld" zum drohenden Scheitern des EU-Sondergipfels gelesen.
Ich frage Sie allerdings, wie Sie allerdings Ihre Forderung nach Kürzung des EU-Haushaltes 2014 bis 2020 in Einklang bringen wollen mit der Tatsache, dass 2013 noch ein weiterer Staat, Kroatien - also eher kein Nettozahler, sondern eines der bedürftigen Länder - der EU beitritt und auch die CDU/CSU unterstützt, dass in den nächsten Jahren noch weitere Staaten wie Serbien, Mazedonien und Albanien beitreten sollen, die voraussichtlich eher zu den hilfsbedürftigen Nehmerländern zählen werden. Tatsache ist, dass schon heute der Anteil der EU-Gelder aus den Kohäsions- und Strukturfonds in sechs Mitgliedstaaten wie Bulgarien und Rumänien bei mehr als 60 Prozent (!) der öffentlichen Investitionen liegt.
Zudem verstehe ich nicht, dass die CDU/CSU offenbar den Van Rompuy-Vorschlag unterstützt, der überproportionale Kürzungen in der 2. Säule der GAP vorsieht, die aber gerade für die ländlichen Räume in den armen osteuropäischen Mitgliedstaaten mit kleinbäuerlicher Landwirtschaft überlebenswichtig sind, aber auch für unsere Mittelgebirgsregionen (Eifel, Allgäu, Schwarzwald) und Ihr Bundesland. Tatsache ist ja auch, dass die Direktzahlungen der 1. Säule zu 80 Prozent nur knapp 20 Prozent der Bauern zugute kommen und die herkömmliche Landwirtschaft keine neuen Arbeitsplätze schafft. Auch hier wäre ich für eine Antwort dankbar!
Sehr geehrter Herr Mayr,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über das Portal Abgeordnetenwatch vom 23. November 2012.
Zur Ihrer ersten Frage: Kroatien hat nur etwa 4,5 Millionen Einwohner, der Anteil Kroatiens an der EU-Bevölkerung liegt bei etwa 0,9%, der Anteil am EU-Bruttonationaleinkommen beträgt etwa 0,5%. Die EU-Kommission hat in ihrem geänderten Vorschlag zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014-2020 vom 6. Juli 2012 erstmals konkrete Zahlen für Kroatien ausgewiesen. Das Dokument finden Sie auf der Seite www.europa.eu unter der Nummer KOM(2012) 388.
Demnach sollen die kroatischen Rückflüsse nach Vorstellungen der Kommission im Zeitraum 2014-2020 maximal 13,7 Mrd. € betragen, das wären 1,3% des gesamten EU-Ausgaben. Im Bereich der Strukturpolitik werden die kroatischen Rückflüsse zwischen 8 und 9 Mrd. € betragen (ca. 2-3%). Das sind Vorschläge der EU-Kommission, die auf dem letzten Europäischen Rat zwar keine Zustimmung gefunden haben. Der Anteil Kroatiens dürfte sich aber auch im Endergebnis in diesen Größenordnungen bewegen. Damit erhält Kroatien gemessen an seiner Bevölkerung und an seinem Bruttonationaleinkommen überproportional hohe Fördermittel. Gleichzeitig fallen zahlreiche Regionen anderer Mitgliedstaaten mit insgesamt etwa 45 Mio. Einwohnern aus der bisherigen Höchstförderung für Regionen mit weniger als 75% des EU-Pro-Kopf-BIP heraus. Die Aufnahme Kroatiens ist daher auch mit einem niedrigeren Mittelansatz in der Strukturpolitik als bisher vereinbart. Der Beitritt weiterer Mitgliedstaaten liegt in relativ weiter Ferne, so dass diese in den aktuellen MFR-Verhandlungen noch nicht berücksichtigt werden müssen.
Darüber hinaus muss der Mehrjährige Finanzrahmen stärker als bisher auch auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet werden. Mit einem Siebenjahresbudget von 1 Billion Euro kann die Europäische Union auch stärkere Wachstumsimpulse setzen, wenn sie die Voraussetzungen dafür schafft. Im Zentrum der Initiative „Better spending“ der Bundesregierung steht das Bemühen, die Ausrichtung der bestehenden Instrumente auf Wachstum und Beschäftigung zu stärken.
Zur Ihrer zweiten Frage: Die Europäische Union braucht zweifelsohne einen marktorientierten, wettbewerbsfähigen und umweltverträglichen Agrarsektor. Dies zeigt sich auch in einem sinkenden Anteil der Agrarpolitik am Gesamthaushalt. So kann der Agrarsektor einen wichtigen Beitrag zur Strategie „Europa 2020“ leisten. Der Reformpfad, der mit den Reformen von 1992 und 2003 eingeschlagen wurde, ist fort- und umzusetzen. Dafür sind auch nach 2013 eine starke erste Säule und eine finanziell gut ausgestattete zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik erforderlich. In Deutschland sind beispielsweise die Zahlungen weitgehend von der Produktionsart entkoppelt, in den übrigen EU-Ländern muss die Entkopplung noch verstärkt vollzogen werden. Diese Entkoppelung ist eine wichtige Voraussetzung, um eine Absenkung der Direktzahlung fortzuführen, ohne landwirtschaftliche Betriebe existenziell zu gefährden.
Sofern Sie generell an der Position des Deutschen Bundestages interessiert sind, verweise ich Sie auf den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
„Der Mehrjährige Finanzrahmen der EU 2014–2020 – Ein strategischer Rahmen für nachhaltige und verantwortungsvolle Haushaltspolitik mit europäischem Mehrwert“ vom 23. November 2011 (Drucksachennummer 17/7767).
Mit freundlichen Grüßen
Michael Stübgen, MdB