Frage an Michael Stübgen von Moritz T. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Stübgen,
Wie sie ja mit Sicherheit wissen, findet morgen die Abstimmung über die Bestandsdatenauskunft.
Ich bitte Sie, Ihre Meinung unbedingt zu überdenken! Ich bin Mitglied bei den Jungen Piraten und wir haben uns sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt.
Leider ist die Auslegung viel zu schwammig formuliert, sodass jegliche Grundrechte bedenklich angegriffen werden.
Insbesondere sollten Sie beachten:
Insbesondere IP-Adressen sollen ohne Richtervorbehalt und bereits bei Bagatelldelikten herausgerückt werden müssen. Und das auch noch ohne Richtervorbehalt. Dabei sind IP-Adressen gerade in Zeiten von IPv6 besonders schutzwürdig, da es in Zukunft vielleicht nicht mehr um veränderbare (dynamische) IP-Adressen geht sondern auch um eindeutige Nummern die Nutzer und Gerät dauerhaft identifizierbar machen.
Um sich wenigstens nicht permanent beobachtet zu fühlen, da sie ja nicht wissen, wann und was alles beobachtet wird, werden die meisten Nutzer zu Anonymsierungsdiensten (VPN, Proxy) greifen, was eigentlich extrem Contra-Produktiv ist. Falls dies geschehen sollte, werden sich mehrere Nutzer ein und die selbe IP benutzen, was eine Strafverfolgung nahezu unmöglich ist, je nach Anbieter.
Bitte überdenken Sie unbedingt ihre Entscheidung. Ich bitte von der Zustimmung zu einem eindeutig verfassungswidrigen und die Grundrechte der Bürger einschränkenden Überwachungsgesetz abzusehen.
Ich bitte sie, mir mitzuteilen, wie Sie morgen im Deutschen Bundestag abzustimmen gedenken.
Mit freundlichen Grüßen,
Moritz Throne
Sehr geehrter Herr Throne,
herzlichen Dank für Ihre EMail.
Mit dem Gesetzesvorhaben sind Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt worden. Das Gericht hatte mit seinem Beschluss vom 24. Januar vergangenen Jahres die bisherigen Regelungen für die Bestandsdatenauskunft nur noch übergangsweise bis längstens zum 30. Juni 2013 für anwendbar erklärt. Die Bestandsdatenauskunft stellt jedoch ein unverzichtbares Ermittlungsinstrument für Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden dar, wodurch eine gesetzliche Neuregelung erforderlich geworden ist.
Unter Bestandsdaten verstehen wir Kundendaten wie zum Beispiel eine Telefonnummer und die dazugehörigen Namen und Adressen, E-Mail-Adressen oder andere sogenannte Anschlusserkennungen. Für Ermittlungsbehörden können diese Bestandsdaten im Rahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung von entscheidendem Wert sein. Dabei kommt es oft auch auf Schnelligkeit an.
In dem beschlossenen Gesetzentwurf beschreiben wir im Telekommunikationsgesetz die Speicherpflichten der Anbieter und die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen zur Übermittlung von Daten. Alle weiteren Regelungen, insbesondere solche, die die Bedingungen der Abfrage von Bestandsdaten betreffen, finden sich in den Fachgesetzen, also beispielsweise StPO, BKA-Gesetz, Bundespolizeigesetz, wieder.
Gegenüber dem Regierungsentwurf haben wir noch zusätzlich klargestellt, dass die Abfragen nur im Einzelfall zum Zweck der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit bzw. zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erlaubt sind. Es wird ausdrücklich verankert, welche Behörden abfrageberechtigt sind.
Für die Abfrage von Bestandsdaten zu dynamischen IP-Adressen haben wir eine Benachrichtigungspflicht und den Richtervorbehalt verankert, und wir haben klargestellt, dass immer nur die Daten zu einer IP-Adresse anhand eines konkreten Zeitpunkts abgefragt werden können. Auch für die Abfrage von Zugangssicherungscodes haben wir einen Richtervorbehalt implementiert, und zwar um auszuschließen, dass ein heimlicher Zugriff auf Daten des Betroffenen ohne richterliche Zustimmung erfolgt.
Wir haben innerhalb der parlamentarischen Befassung ernsthaft um ein sensibles, gesellschaftsrelevantes Thema gerungen und aus meiner Sicht einen sinnvollen Interessenausgleich zwischen Datenschützern, Bürgern, Netzgemeinde, Richtern und Ermittlern gefunden.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Stübgen, MdB