Frage an Niels Annen bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Niels Annen
SPD
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Frage von Wolf L. •

Frage an Niels Annen von Wolf L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

ich mache mir seit vielen Monaten Sorgen um die sich immer weiter verkleinernden Spielräume der Politik gegenüber den Großkonzernen und Banken. Vor allem habe ich die Sorge, dass die Bürger immer weniger Vertrauen in die Politik und damit gegenüber den Politikerinnen und Politikern haben, wenn sie feststellen, dass die Wünsche der Multinationalen Konzerne mehr zählen als der in Umfragen ermittelte Wunsch der Bürger. Ergebnis ist Wahlenthaltung oder Protestwahl (AfD)

Ich habe mir auch Ihre bisherigen Antworten zum Thema Freihandelsabkommen durchgelesen und mich gewundert auf welchem Stand Sie offensichtlich sind, bzw. was Sie Sich als gewählter Abgeordneter so alles gefallen lassen.

Konkret meine ich damit zum Beispiel Ihre Erwähnung der gemeinsamen Grundsätze, die die Wirtschaftsminister Gabriel mit dem DGB 2014 erstellt hat. Inzwischen hat der DGB begriffen, dass es keine Chance gibt die von der EU erarbeiteten CETA und TTIP Papiere noch entscheidend in Richtung Rettung der Sozial- und Umwelt- und Arbeiststandards zu beeinflussen .Das würde doch nie von den Großkonzernen akzeptiert werden. Deshalb gehört er mit vielen anderen Umwelt und Sozialverbänden zu den Kritikern, die 2015 und 2016 zu den seit Jahren größten Demos gegen CETA und TTIP aufrufen.
Wenn Sie die Abkommens-Texte unvoreingenommen prüfen wollen, dann müsste es Sie doch stören, wenn Sie nur in einem speziellen Raum die tausende Seiten auf englisch in begrenzter Zeit studieren dürfen, ohne Notizen, ohne mit anderen darüber zu reden.
Selbst diese demütigende Lösung musste erst einmal von den Bürgern, von Ihren potentiellen Wählern, erkämpft werden. Wie ist das mit Ihrer Aufgabe als Volksvertreter vereinbar?
70 % der Bürger halten lt. Umfragen CETA und TTIP für eine Gefahr für unsere Demokratie, für Sozial- und Umweltstandards, die öffentliche Daseinsvorsorge und die kulturelle Vielfalt.

Werden Sie Herrn Gabriel, der nun sagt TTIP ist schlecht aber das Vorbild CETA ist gut zustimmen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Langlotz,

vielen Dank für Ihre Frage.

Meine Haltung zu CETA und TTIP ist nicht von der Haltung Sigmar Gabriels abhängig. Ich stehe seit jeher Freihandelsabkommen grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber; eine Exportnation wie Deutschland und hier vor allem Hamburg profitieren enorm vom Freihandel.

Ich habe daher auf dem Parteikonvent der SPD für den Antrag gestimmt, der die Anforderungen meiner Partei an das Abkommen und den vor uns liegenden Prozess beschreibt. Wir haben ganz klare Bedingungen beschlossen, die am Ende Maßstab für das Abstimmungsverhalten aller SPD-Abgeordneten sind. Wenn unsere Forderungen nicht erfüllt sind, können wir CETA nicht zustimmen. Es muss sich zum Beispiel aus dem CETA-Vertrag unmissverständlich ergeben, dass bestehende und künftig entstehende Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht vom Vertrag erfasst werden.

Im Konventsbeschluss wird außerdem ein Weg beschrieben, wie wir Verbesserungen am Vertrag über das parlamentarische Verfahren erreichen wollen: Es muss einen breiten Anhörungsprozess des Europäischen Parlaments mit der Zivilgesellschaft und den nationalen Parlamenten geben, der Lösungsansätze für alle umstrittenen Fragen entwickelt, bevor das Europäische Parlament über den Vertrag abstimmt und Teile des Abkommens vorläufig angewendet werden. In diesem Zusammenhang wird es intensive Auseinandersetzungen um die Fragen geben, welche Bereiche des Abkommens in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen und damit vorläufig angewendet werden können. Die SPD legt sich in ihrem Beschluss fest: Unter anderem das hoch umstrittene Kapitel zum Investorenschutz fällt in nationale Zuständigkeit. Dieser Bereich kann also nur dann angewendet werden, wenn auch das letzte nationale Parlament in der Europäischen Union zugestimmt hat.

Jetzt müssen wir beweisen, dass Europa in der Lage ist, neue Wege der Demokratie und Transparenz zu gehen. Wir arbeiten daran, für diesen Weg viele Mitstreiter in den anderen EU-Mitgliedstaaten zu finden.

Es ist richtig, dass der DGB CETA in der jetzigen Form nicht zustimmt - aber das tut die SPD ebenfalls nicht. Auf Grund der bereits zugesagten Veränderungen, die unter anderem den Bereich der ILO-Kernarbeitsnormen betreffen und die den DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann dazu veranlasst haben, auf dem SPD-Konvent für den Beschluss zu werben, ist es für uns ein akzeptabler Weg, dem Abkommen im Handelsministerrat grünes Licht zu geben und so die Möglichkeit für ein breit angelegtes parlamentarisches Verfahren im Sinne des SPD-Konventsbeschlusses zu eröffnen. Am Ende dieses Prozesses werden alle ParlamentatierInnen beurteilen können, ob das Abkommen unseren Anforderungen genügt.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Annen, MdB

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